# taz.de -- Gemeinnützige Wohnungsbauunternehmen: Günstiger bauen, billiger v… | |
> 1990 wurde sie abgeschafft, nun kommt die Förderung gemeinnütziger | |
> Wohnungsunternehmen wieder. Expert:innen hoffen auf erschwinglichere | |
> Mieten. | |
Bild: Bundesbauministerin Geywitz will die Gemeinnützigkeit von Wohnungsuntern… | |
Berlin taz | Die Bundesregierung will die [1][Gemeinnützigkeit für | |
Wohnungsunternehmen] wieder einführen. Sie erhalten dann | |
Steuererleichterungen, wenn ihre Miete dauerhaft unter der marktüblichen | |
Miete liegt. Das hat das Kabinett am Mittwoch beschlossen. Nach | |
Einschätzung des Bundesbauministeriums könnten rund 100 Körperschaften, | |
Vereine oder Unternehmen und über 100.000 Mieter:innen profitieren. Zum | |
Beispiel, indem sie Werkswohnungen für Auszubildende bauen lassen. | |
Einkommen der Mieter:innen dieser Wohnungen dürfen eine bestimmte Grenze | |
nicht überschreiten. Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) sagte, die | |
Einkommensgrenzen seien so festgelegt, dass rund 60 Prozent aller Haushalte | |
von der [2][neuen Wohngemeinnützigkeit] profitieren könnten. Den | |
Anbieter:innen günstigen Wohnraums werden Körperschafts- und | |
Gewerbesteuer erlassen. | |
Geförderte gemeinnützige Wohnungsunternehmen hatte es in der Bundesrepublik | |
bis 1990 gegeben. Sie trugen maßgeblich zur Schaffung von günstigem | |
Wohnraum in der Nachkriegszeit bei. Wie das [3][Gewerkschaftsunternehmen | |
Neue Heimat (NH)], mit rund 500.000 Wohnungen die einst größte | |
nichtstaatliche Wohnungsgesellschaft Europas. Als bundesweit agierendes | |
Unternehmen konnte die NH durch ihre Größe sowie die industrielle | |
Serienfertigung schneller, billiger und besser als Private bauen und so | |
anfänglich moderate Mieten garantieren. | |
Die NH war weitgehend von Steuern befreit. Dafür musste sie sich auf den | |
Bau von Kleinwohnungen beschränken und durfte eine gewisse Miethöhe nicht | |
überschreiten. Bis 1972, als mit 22.000 die höchste Zahl der jährlich | |
errichteten Wohnungen erreicht wurde, ging dieses Modell auf, das nicht den | |
Profit, sondern die [4][Verbesserung der Lebenssituation breiter | |
Bevölkerungskreise in den Mittelpunkt] stellte. | |
## Skandal um die Neue Heimat | |
Mit der Ölkrise gingen die Aufträge zurück. Neue Siedlungen, Bauten und | |
sogar Ferienanlagen im Ausland kamen dazu. Dabei verkalkulierte sich die | |
NH. Die finanzielle Schieflage wurde 1982 deutlich, als aufflog, dass sich | |
Chef Albert Vietor und weitere Vorstände auf Kosten der NH bereichert | |
hatten. Mit Verweis auf diesen Skandal schaffte die schwarz-gelbe | |
Bundesregierung 1990 die weitgehende Steuerfreiheit für gemeinnützige | |
Wohnungsunternehmen ab, von der bis dahin auch kommunale | |
Wohnungsgesellschaften profitiert hatten. | |
Das hielten grüne Abgeordnete, die bereits 2020 einen Gesetzentwurf | |
vorlegten, für „eine der größten Fehlentscheidungen der Wohnungspolitik | |
seit 1945“. Auch im aktuellen Gesetz steckt die Überzeugung, dass | |
gemeinnützige Unternehmen günstiger bauen und entsprechend billiger | |
vermieten, wenn sie finanziell entlastet werden. Nach Berechnungen der | |
Linkspartei kann so die Quadratmetermiete bei Neubauten um fast drei Euro | |
gedrückt werden. | |
Während Regierungssprecher Steffen Hebestreit die Einführung der neuen | |
Wohngemeinnützigkeit einen „wirklichen Durchbruch“ nannte, obwohl man nicht | |
alles habe umsetzen können, sprach der Präsident des Deutschen | |
Mieterbundes, Lukas Siebenkotten, von einer „Mini-Wohngemeinnützigkeit“. | |
Wenn es die dringend erforderlichen Investitions-Zulagen nicht gebe, werde | |
die Rechtsänderung nur den Unternehmen nützen, die bereits gemeinnützig | |
seien, sagte er voraus. Das sei bedauerlich, da nach dem | |
Wohngemeinnützigkeitsrecht dauerhaft bezahlbare Wohnungen an den Markt | |
kämen, während Sozialwohnungen nach Ablauf der Sozialbindung teurer würden. | |
Bundestag und Bundesrat müssen dem Gesetz noch zustimmen. | |
5 Jun 2024 | |
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## AUTOREN | |
Joachim Göres | |
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