# taz.de -- Varoufakis-Partei bei der Europawahl: Alleinstellungsmerkmal Paläs… | |
> Die Kleinpartei „Mera25“ kritisiert den Krieg in Gaza besonders vehement. | |
> Ihre Spitzenkandidatin Karin de Rigo hofft damit auf einen | |
> Achtungserfolg. | |
Bild: Wahlplakat vom Mera25 in Berlin | |
Es gibt dieses [1][TikTok-Video von Nico Semsrott und Carola Rackete], wie | |
beide den Wahl-O-Mat ausfüllen, es machte kürzlich im Netz die Runde. Der | |
Satiriker – [2][Erkennungszeichen: schwarze Kapuzenjacke] – sitzt für „D… | |
Partei“ im Europaparlament, die Aktivistin mit der Dreadlock-Frisur | |
kandiert als [3][Spitzenkandidatin für die Linkspartei]. | |
„Ich habe ein bisschen Angst vor der Antwort“, sagt Semsrott, als er die | |
letzte Taste für den Wahl-O-Mat drückt. Als das Ergebnis feststeht, richtet | |
er die Kamera auf Rackete, die laut auflacht. Auf Platz eins ist deutlich | |
zu sehen: „MERA 25 – Gemeinsam für Europäische Unabhängigkeit“, mit 97… | |
Prozent Übereinstimmung zu ihren Eingaben. „Immerhin, die Linke ist auf | |
Platz 2 gelandet“, sagt Semsrott trocken. | |
„Das war mutig von den beiden“, sagt Karin de Rigo über das Video. Die | |
38-Jährige ist die Spitzenkandidatin von MERA25. Die kleine Partei ist Teil | |
der paneuropäischen Bewegung „Demokratie in Europa 2025“ (DiEM25), die vom | |
ehemaligen griechischen Finanzminister Yanis Varoufakis ins Leben gerufen | |
wurde, und tritt in Deutschland, Griechenland und Italien an. | |
## Bunte Plakate statt Kandidaten-Porträts | |
„Frieden“, „Solidarität“ und „Freiheit“ steht auf den bunten Plaka… | |
Partei, die stilisierte Figuren zeigen, die sich untergehakt haben. Eine | |
hält eine Blume hoch, eine andere trägt einen Palästinenserschal, über | |
ihnen schwebt eine Friedenstaube, dazu prangen Slogans wie „Freiheit für | |
Palästina“,„Menschenrechte statt Deportationen“ und „Reiche für grün… | |
Wandel zahlen lassen“. Anders als bei anderen Parteien sind keine | |
Kandidaten abgebildet. | |
Karin de Rigo gibt der Partei ein Gesicht. Sie lebt seit vier Jahren in | |
Berlin, zwei davon ist sie bei MERA25 aktiv. Zuvor hatte sie in der Schweiz | |
gelebt, ursprünglich stammt sie aus Italien. Mit ihrer Biografie passt sie | |
ideal zu der paneuropäischen Partei, die sich Internationalismus auf die | |
Fahnen schreibt. Wie keine andere deutsche Partei protestiert MERA25 gegen | |
den Krieg in Gaza und stellt sich klar auf der Seite der | |
Palästinenser:innen. | |
Karin de Rigo gehörte auch zu den Veranstalter:innen des umstrittenen | |
[4][„Palästina-Kongresses“], der im April in Berlin stattfinden sollte, | |
aber von der Polizei unter fragwürdigen Vorwänden aufgelöst und verboten | |
wurde. Yanis Varoufakis sollte dort für eine Rede per Video zugeschaltet | |
werden. [5][Gegen ihn verhängten die deutschen Behörden ein | |
Einreiseverbot], gegen das er jetzt klagt. | |
## Waffenembargo gegen „Genozid“ | |
Karin de Rigo spricht von einem „Genozid“; sie fordert einen | |
Waffenstillstand in Gaza und keine Waffen mehr an Israel zu liefern. | |
„Leider sind wir fast die einzige Partei, die diese Positionen vertritt“, | |
sagt die Deutsch-Italienerin. Aber sie weiß: das gibt MERA25 ein | |
Alleinstellungsmerkmal. „Wir geben allen, die sich bei anderen Parteien | |
nicht zu Hause fühlen, eine Adresse“, sagt sie. | |
Klimaschutz und Gerechtigkeit sind die anderen großen Themen der Partei. | |
„MERA25 hat Lösungen für die großen Probleme unserer Zeit“, verspricht | |
Johannes Fehr im Wahlspot seiner Partei, der Wirtschaftsingenieur ist ihr | |
Vize-Spitzenkandidat. „Grüner Wandel durch erneuerbare Energien, | |
ökologische Landwirtschaft und kostenloser Nahverkehr“, zählt er auf, | |
außerdem „ein universelles Lebenseinkommen und Jobgarantien für alle sowie | |
die Vergesellschaftung lebenswichtiger Güter“. | |
## Im Widerspruch zur „Staatsräson“ | |
Palästina ist das Thema, mit dem sich MERA25 in Deutschland jedoch am | |
meisten abhebt. In Griechenland und Italien ist das Thema nicht so zentral. | |
„Da gibt es keine Staatsräson, gegen die man sich abgrenzen muss“, sagt | |
Karin de Rigo. Hier polarisiere das Thema. Doch für sie geht es um mehr: | |
„Es geht nicht nur um Gaza, sondern um unsere Werte und unsere Demokratie“, | |
sagt de Rigo. „Wenn wir Regierungen erlauben, alles zu tun, was sie wollen, | |
dann werfen sie die Menschenrechte über Bord“. | |
Die bunten Plakate von MERA25 hängen vor allem in Universitätsstädten – in | |
Bremen, Hamburg und Göttingen, Berlin, Leipzig oder Dresden. Dort gibt es | |
Unterstützergruppen und Freiwillige, die sie aufgehängt haben. Bei den | |
Europawahlen hofft Karin de Rigo auf einen Achtungserfolg.„Wir wollen | |
realistisch bleiben“, dämpft sie zugleich die Erwartungen. „Ein Sitz wäre | |
schon ein Erfolg.“ | |
6 Jun 2024 | |
## LINKS | |
[1] https://www.youtube.com/watch?v=i29eCZ9ZTso | |
[2] /EU-Abgeordneter-Nico-Semsrott/!6007467 | |
[3] /Linke-Spitzenkandidaten-ueber-Europawahl/!6008719 | |
[4] /Palaestina-Kongress-in-Berlin-aufgeloest/!6004209 | |
[5] /Palaestina-Kongress-in-Berlin/!6005394 | |
## AUTOREN | |
Daniel Bax | |
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