| # taz.de -- Kinotipp der Woche: Von Neuem träumen | |
| > Die Kurzfilmreihe „Shorts Attack!“ macht Halt in Berlin. Es gibt Run-Ins | |
| > mit der iranischen Sittenpolizei, schlafende Hunde und progressive Omas. | |
| Bild: Die einen träumen von Knochen, die anderen von Karotten (Filmstill aus L… | |
| Die sogenannte Sittenpolizei im Iran hat bekanntlich einen ziemlichen | |
| Fimmel mit Haaren. Wer diese als Frau in der Öffentlichkeit zeigt und den | |
| vorgeschriebenen Hijab nicht ordnungsgemäß trägt, kann schnell ziemlich | |
| große Probleme bekommen. Lustig ist das wirklich nicht, was die iranische | |
| Regisseurin Alireza Kazemipour aber nicht davon abgehalten hat, trotzdem | |
| einen lustigen Kurzfilm über den staatlichen Umgang mit Haaren im Iran zu | |
| drehen. | |
| In Kazemipours „Split Ends“ müssen eine Frau und ein Mann bei der | |
| Sittenpolizei antanzen und werden mit dem Vorwurf konfrontiert, nicht | |
| angemessen hinter dem Lenkrad ihres Autos gesessen zu haben. Dabei hatte | |
| sich die Frau ihr Haar abrasiert und fragt also den Beamten der | |
| Sittenpolizei: Was soll ich eigentlich genau verdecken, ich habe doch eh | |
| keine Haare mehr? | |
| Der vorgeladene Mann dagegen hat volles, langes Haar und wurde deswegen für | |
| eine Frau gehalten. Und erfährt nun, egal ob Mann oder Frau: langes Haar | |
| gehört verdeckt, auch beim Autofahren. Die Regeln sind eh schon absurd, in | |
| Kazemipours 15 Minuten langem Film erscheinen sie aber noch ein Stückchen | |
| grotesker als sowieso schon. Das finden dann auch die beiden, die von der | |
| Sittenpolizei schikaniert werden. Sie lassen sich nicht einschüchtern, | |
| sondern fordern den Staat heraus. Sie streben nach Freiheit, auch wenn sie | |
| wissen, dass das im Iran tödlich enden kann. | |
| „Split Ends“ ist einer von zehn Kurzfilmen, die im Rahmen der Reihe „Shor… | |
| Attack! – Kurze greifen an!“ unter dem Titel „Mit Herz und Hirn“ an ein | |
| paar Terminen in Berlin zu sehen sind, am 19. Juni im [1][Acud Kino] und am | |
| 23. Juni im [2][Xenon]. Gezeigt werden abwechselnd ein Real- und ein | |
| Animationsfilm, alle sind relativ aktuell und wurden in den letzten drei | |
| Jahren produziert. | |
| Thematisch wird auf eine ziemlich bunte Mischung gesetzt. Da gibt es etwa | |
| einen Film wie „Dream on Leon“ (2022) von Roger Gariépy aus Kanada, der | |
| sich in die Traumwelt eines Hundes hineinarbeitet. Und nahe legt, dass man | |
| kein Sigmund Freund sein muss, um dessen Träume zu deuten. Letztendlich | |
| geht es nämlich um Speck, leckere Würste und einen Fressnapf voller | |
| Knochen. | |
| Und selbst wenn Leon von seiner Hausbibliothek träumt, stehen in dieser nur | |
| Bücher mit dem Titel „Bacon“ herum. Das ist ja das Schöne an Kurzfilmen: | |
| Sich 90 Minuten lang mit der dann doch etwas schlichten Traumwelt eines | |
| Hundes beschäftigen, das will wohl kaum jemand, aber siebeneinhalb Minuten | |
| lang ist das sehr unterhaltsam. | |
| „Sharing“ (2021) von Natalia Sara Skorupa dagegen könnte gerne um einiges | |
| länger gehen als seine 14 Minuten. In dem Kurzfilm aus Polen fragt die | |
| Filmemacherin in ihrer Familie herum, wie man es in dieser so mit queeren | |
| Menschen hält. Daraufhin bekommt sie sehr viele nur schlecht verpackte | |
| Ressentiments zu hören und einen Vortrag darüber, dass Gott nichts von den | |
| Queeren halten würde, das stehe ja auch genau so in der Bibel. | |
| Allein von der Oma bekommt sie vernünftige Dinge zu hören. Man möchte als | |
| Betrachter des Films nun unbedingt mehr wissen über diese Familie und die | |
| vergleichsweise progressiv denkende Oma, aber da sind die 14 Minuten leider | |
| schon rum. | |
| 19 Jun 2024 | |
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| [2] http://www.xenon-kino.de/ | |
| ## AUTOREN | |
| Andreas Hartmann | |
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