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# taz.de -- EU-Gesetz zur Renaturierung: Streit um Naturschutz
> Die EU-Staaten wollen Umweltzerstörungen zurückdrehen. Das Vorhaben sorgt
> seit Monaten für Streit. Nun droht eine Regierungskrise in Österreich.
Bild: Mehr als 6.000 Bäume (u.a. Hainbuchen, Rotbuchen) werden gesetzt, um die…
Brüssel taz | Nach monatelangem erbittertem Streit haben die
EU-Umweltminister am Montag in Luxemburg dem Gesetz zur Renaturierung
zugestimmt. Es kann damit doch noch in Kraft treten, auch wenn der
Gesetzestext zuvor entschärft worden war.
Das [1][Renaturierungsgesetz] ist Teil des [2][Green Deals], mit dem die EU
die Wirtschaft klimaneutral machen will. Es verpflichtet die 27
Mitgliedsstaaten, nationale Ziele für die Wiederherstellung bestimmter
Lebensräume und Arten aufzustellen, wodurch bis 2030 mindestens 20 Prozent
der Land- und Meeresflächen renaturiert werden sollen.
Das Gesetz enthält auch praktische Ziele. So will die EU das
Insektensterben stoppen. In Städten sollen unter dem Strich keine
Grünflächen mehr verloren gehen. Trockengelegte Flussauen oder Moore
sollen „wiedervernässt“ werden, die Flüsse sollen wieder frei fließen.
Für das Gesetz stimmte eine qualifizierte Mehrheit aus 15 der 27
Mitgliedstaaten und 65 Prozent der EU-Bevölkerung. Möglich wurde dies durch
einen kurzfristigen Sinneswandel in Österreich. Die schwarzgrüne Regierung
hatte das Gesetz lange abgelehnt. Doch am Montag stimmte die grüne
Umweltministerin Leonore Gewessler zu.
## Knappe Mehrheit für Naturschutz
Damit kam die nötige Mehrheit zustande, wenn auch knapp. Finnland, Ungarn,
Italien, die Niederlande, Polen und Schweden stimmten gegen das Gesetz.
Belgien enthielt sich. „Dies ist der letzte Schritt, bevor das Gesetz in
Kraft treten kann“, teilte der belgische EU-Vorsitz mit.
Das Europaparlament hatte bereits Ende 2023 grünes Licht gegeben.
Allerdings hat die konservative Europäische Volkspartei, der auch
EU-Kommissionspräsidentin [3][Ursula von der Leyen] angehört, den Text
verwässert. So wurde etwa eine „Notbremse“ für die Landwirtschaft
eingeführt.
Das heißt, dass die Zielvorgaben unter bestimmten außergewöhnlichen
Umständen ausgesetzt werden können. Dazu zählt, dass durch die
Renaturierung die landwirtschaftliche Fläche stark verringert würde, die
eigentlich nötig ist, um genug Lebensmittel in der EU zu erzeugen.
Trotz dieser Ausnahmeregelung waren viele Bauern gegen das
Renaturierungsgesetz auf die Barrikaden gegangen. Bauernpräsident Joachim
Rukwied sagte, mit ihrem Beschluss ignorierten die Umweltminister das
Ergebnis der Europawahl.
## Umweltverbände sind zufrieden
Zufrieden zeigten sich dagegen zahlreiche Naturschutz- und Umweltverbände.
Der Deutsche Naturschutzring sprach von einem historischen Tag und einem
wichtigen Signal an die ganze Welt.
„Mit dem EU-Renaturierungsgesetz ist die EU nun endlich besser gerüstet, um
zwei große Krisen unserer Zeit zu bekämpfen: das Artensterben und die
Klimakrise“, erklärte die grüne Europaabgeordnete Tilly Metz aus Luxemburg.
Weniger Freude kam bei den Grünen in Österreich auf, wo eine handfeste
Regierungskrise droht. Die konservative Regierungspartei ÖVP will das „Ja“
der grünen Umweltministerin nicht hinnehmen und mit juristischen Mitteln
dagegen vorgehen.
Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) kündigte sogar eine Nichtigkeitsklage
beim Europäischen Gerichtshof an. Das Votum Gewesslers „entspricht nicht
dem innerstaatlichen Willen und konnte daher nicht verfassungskonform
abgegeben werden“, erklärte das Kanzleramt in Wien.
17 Jun 2024
## LINKS
[1] /Renaturierung/!t5323535
[2] /Green-Deal/!t5644801
[3] /Ursula-von-der-Leyen/!t5008988
## AUTOREN
Eric Bonse
## TAGS
Umweltzerstörung
Europapolitik
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Österreich
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Renaturierung
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