# taz.de -- Warnung des Verfassungsschutzes: Spionageziel Bremen | |
> Bremen steht im Fokus russischer Geheimdienstaktivitäten, warnt der | |
> Verfassungsschutz. Es geht um Industriespionage und Sabotage. | |
Bild: US-Panzer beim Einlaufen in Bremerhaven im Februar 2023. Der Hafen steht … | |
BREMEN taz | Bremens Verfassungsschutz ist in Sorge vor russischen | |
Angriffen auf Bremens Infrastruktur. Das berichtete Thorge Koehler, Chef | |
des Landesamts, bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts am | |
Freitag in der Innenbehörde. | |
Das Thema „Spionageabwehr“ nimmt dieses Jahr ein eigenes Kapitel im Bericht | |
ein; das Themenfeld sei bei den Landesämtern für Verfassungsschutz immer | |
präsent gewesen, aber im kleineren Maßstab. „Mittlerweile ist es für uns | |
Alltag geworden“, so Koehler, der seit einem Jahr Chef des Bremer | |
Landesamts für Verfassungsschutz ist. „Da für Russland diplomatisch eh | |
alles zerbrochen ist, kann der Staat radikaler agieren“, sagt Koehler. | |
Sabotage, Spionage und die Verbreitung von Desinformation sind | |
Handlungsfelder ausländischer Nachrichtendienste. Das Bundesland Bremen | |
könnte aus mehreren Gründen im Fokus russischer Aktivitäten stehen. So gibt | |
es eine [1][große Menge an Rüstungsindustrie] – darunter Unternehmen, die | |
Hightech-Systeme entwickeln, etwa Aufklärungssatelliten oder Technologie | |
für die Marine. Vor allem für die Wirtschaftsspionage sind solche Betriebe | |
interessant. | |
„Die Größe der Forschungseinrichtung oder des Unternehmens ist dabei | |
zweitrangig“, heißt es im Verfassungsschutzbericht. Um das Interesse eines | |
fremden Nachrichtendienstes zu wecken, seien „allein die vorhandenen | |
Fähigkeiten, Technologien und das Know-how ausschlaggebend.“ Kleine | |
Unternehmen und Einrichtungen könnten für Wirtschaftsspionage sogar | |
besonders lohnenswerte Ziele sein: Oft hätten sie nicht das gleiche | |
Risikobewusstsein oder die gleichen Ressourcen zum Schutz, wie große | |
Unternehmen. | |
## Hafen als leichtes Angriffsziel | |
Ein zweiter Punkt, der das Bundesland für Angriffe attraktiv macht: der | |
Hafen in Bremerhaven. Die USA verschiffen über den wichtigen Logistikort | |
Waffen für die Ukraine. „Aktuell rechnen wir laufend mit | |
Sabotageversuchen“, sagt Koehler. Reine Theorie ist das nicht: Es habe auch | |
schon konkrete Sabotageaktionen gegeben. | |
Als Beispiel für Sabotage nennt er einfache Handlungen, die schnell | |
geschehen und sich nicht leicht auf einen Urheber zurückführen lassen. Für | |
wenige hundert Euro etwa ließen sich Hafenarbeiter als „Proxies“, also | |
Stellvertreter, anheuern, um eine Weiche zu verstellen oder im falschen | |
Moment eine Bremse zu ziehen. Solche Angriffspunkte gebe es an jeder Ecke. | |
„Wir haben erhebliche Herausforderungen bei der Verschiffung in | |
Bremerhaven.“ | |
Sabotage betrifft mutmaßlich alle Orte kritischer Infrastruktur. Erst vor | |
zwei Wochen war bekannt geworden, dass nahe einer [2][Treibstoffpipeline | |
der Nato in der Pfalz] ein Sprengstoffdepot gefunden worden war – | |
Sicherheitsbehörden spekulierten über russische Urheberschaft, Koehler | |
nennt den Fall als mahnendes Beispiel. Auch bei der [3][angebohrten | |
LNG-Pipeline in Pinneberg] im Januar stand neben Umweltaktivist*innen | |
auch Russland im Verdacht, mit acht kleinen gebohrten Löchern den | |
Millionenschaden verursacht zu haben. | |
Neben Spionage und Sabotage sind die russischen Auslandsgeheimdienste laut | |
dem bremischen Amt für Verfassungsschutz noch in einem dritten Bereich, der | |
Desinformation, aktiv. Beispielhaft greift Koehler ein Video auf, über das | |
Radio Bremen [4][zuerst 2022 berichtet hatte:] Das damals auf Twitter von | |
einem russischen Diplomaten verbreitete Video mit gefälschter Tonspur | |
zeigte angeblich einen für die Ukraine bestimmten Raketenwerfer, der von | |
Ukrainern auf dem Bremer Schwarzmarkt verkauft würde. | |
2023 sei das Video noch einmal recycelt worden: Dieses Mal habe es im | |
Begleittext geheißen, die Ukrainer hätten den Raketenwerfer an die Hamas | |
verkauft. Verbreitet worden sei die falsche Nachricht zunächst in Russland | |
selbst. Dann aber seien die Fake News erneut es auch in Bremen lanciert | |
worden. | |
Geholfen hatte dabei eine andere Gruppe, die der Verfassungsschutz | |
beobachtet: Die sogenannten „Delegitimierungsgruppen“, also | |
Verschwörungstheoretiker*innen und ähnliche Akteur*innen, die den | |
Staat ablehnen und vor allem auf Social Media delegitimieren. „Diese | |
Gruppen haben sich während der Pandemie herauskristallisiert, sind aber | |
danach nicht verschwunden“, sagt Koehler. Ihnen müsse man das Video nur | |
zukommen lassen. „Das ist ein ganz banales Einfallstor für Desinformation.“ | |
4 Jun 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Bremer-FDP-sorgt-sich-um-Waffenbauer/!5715792 | |
[2] https://www.sueddeutsche.de/politik/sabotage-russland-nato-pipeline-geheimd… | |
[3] https://www.spiegel.de/panorama/justiz/schleswig-holstein-millionenschaden-… | |
[4] https://www.butenunbinnen.de/nachrichten/fake-video-bremen-russland-100.html | |
## AUTOREN | |
Lotta Drügemöller | |
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Botschaft einbestellt. |