# taz.de -- Der deutsche Diskurs um Israel: Skandalös normal | |
> Dem Thema „Israel in deutschen Augen“ ging eine prominent besetzte | |
> Podiumsdiskussion an der Ludwig-Maximilians-Universität in München nach. | |
Bild: Gedenken an die Geiseln der Hamas | |
Im Rahmen der Tagung „Israel – Deutsche Projektionen“, die das Zentrum f�… | |
Israel-Studien an der Ludwig-Maximilians-Universität München organisiert | |
hat, fand am Montagabend eine Podiumsdiskussion zum Thema „Israel in | |
deutschen Augen“ statt. In der vom Historiker Michael Brenner moderierten | |
Diskussion bemerkte der Politikwissenschaftler Johannes Becke: „Anstatt | |
über sich selbst zu sprechen, sprechen Deutsche lieber über | |
Israel/Palästina“. | |
Zuvor waren die titelgebenden „Projektionen“ fast ein bisschen zu kurz | |
gekommen, drehte sich doch zunächst alles um den 7. Oktober in Israel und | |
nachgeordnet um seine Auswirkungen auf den deutschen Diskurs. | |
Neben Becke fanden sich [1][der israelische Soziologe Natan Sznaider] sowie | |
die Publizistin und Sozialwissenschaftlerin Gisela Dachs im Halbrund der | |
Diskussion ein. Sznaider, der den Terror der Hamas von Tel Aviv aus erlebt | |
hatte, sprach von „48 Stunden Atemnot“, die ihn befallen hätten. „Wir sa… | |
uns an, wie der südliche Teil des Landes erobert wurde.“ | |
Johannes Becke, der den Tag von Be’er Sheva aus erlebte, fokussierte sich | |
im Anschluss auf einen „Bruch im Diskurs“ und „ein Kippen der Stimmung im | |
akademischen Milieu“. Anstatt sich nach dem 7. Oktober mit Israel | |
solidarisch zu zeigen, hätten die Ressentiments gegen das Land zugenommen. | |
## Verquickung von Aktivisten und Akademikern | |
Michael Brenner sekundierte diesen Eindruck, ergänzte, dass sich dies im | |
US-Diskurs noch stärker zeige. Brenner verwies dabei insbesondere auf | |
studentische Proteste an seiner Heimatuni, der Columbia in New York, sowie | |
auf [2][die zunehmende Verquickung von Aktivismus und Academia.] | |
Projektionsfläche sei Israel auch in den USA, so Becke, die | |
Anti-Israel-Stimmung sei in den USA deutlich verbreiteter, da linke | |
Selbstkritik nicht im selben Maß stattgefunden habe wie in Deutschland. Sie | |
stehe den USA noch bevor, so der Professor für Israel- und Nahoststudien. | |
Außerdem stehe die US-Debatte viel stärker unter dem Einfluss der | |
Diskussion um „white supremacy“, die man fälschlicherweise in Israel am | |
Werk wähne. | |
Auf dem Podium, das neben viel Ratlosigkeit bekannte Gemeinplätze zum Thema | |
bereithielt, bot laut Becke zumindest ein Umstand Anlass zur Hoffnung: die | |
Allianz aus USA, England, Frankreich und Jordanien, die sich im April | |
gebildet hatte, um den großangelegten Raketenangriff aus dem Iran gegen | |
Israel abzuwehren. Viel Anlass für Optimismus bot die Debatte an der LMU | |
wirklich nicht, gegen deren Ende Szaider festhielt, dass die Diskussion | |
hierzulande „skandalös normal“ sei, angesichts der Lage in Israel, wo die | |
Situation so prekär sei wie noch nie. Chris Schinke | |
28 May 2024 | |
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[1] /Soziologe-ueber-Israels-neue-Regierung/!5915492 | |
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## AUTOREN | |
Chris Schinke | |
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