# taz.de -- BUND zur Zukunft des Tempelhofer Felds: „Die haben nichts verstan… | |
> BUND-Geschäftsführer Tilmann Heuser kritisiert, dass die Debatte um eine | |
> Bebauung des Tempelhofer Felds von CDU und SPD erneut aufgerollt wird. | |
Bild: Bedrohte Idylle: Abendstimmung auf dem Tempelhofer Feld | |
taz: Herr Heuser, zehn Jahre nach dem Volksentscheid zum Schutz des | |
Tempelhofer Felds wird schon wieder oder immer noch über eine Randbebauung | |
diskutiert. Frustriert Sie das manchmal? | |
Tilmann Heuser: Ja. Diese Bebauungsdiskussion ist reine Symbolpolitik. Sie | |
zeigt, [1][dass große Teile der SPD und der CDU es nach wie vor als | |
Niederlage empfinden, dass sie 2014 den Volksentscheid verloren haben]. Und | |
sie zeigt auch, dass diese Teile bis heute nicht verstanden haben, was den | |
besonderen Wert des Tempelhofer Felds ausmacht. Sie haben nicht im Ansatz | |
verstanden, welche gesamtstädtische Bedeutung das Feld als Freiraum, aber | |
auch als Ort der Geschichte und der Identifikation für die Berlinerinnen | |
und Berliner hat. | |
In einer Umfrage hatten sich jüngst fast 60 Prozent für eine Randbebauung | |
mit Wohnungen ausgesprochen. Romantisieren Sie den Identifikationsgrad der | |
Berliner:innen mit dem Feld nicht ein wenig? | |
Natürlich gibt es immer Menschen, die mit dem Tempelhofer Feld nichts | |
anfangen können. Aber für alle anderen, die sich damit beschäftigen, die | |
dort hingehen, hat es einzigartige Qualitäten, nämlich Offenheit und | |
Weite. Es ist eben kein Tiergarten, es ist keine Hasenheide, es ist das | |
Tempelhofer Feld, und das ist zu sichern, für Natur, Erholung, | |
Sportfreizeit. Auch wenn ich da irgendeinen Wald hinsetze, ist es nicht | |
mehr das Tempelhofer Feld. | |
Sie spielen auf [2][die alte CDU-Idee eines Tempelhofer Waldes] an. Wäre | |
eine Teilbewaldung nicht wünschenswert, wenn wir sonst über jede baumlose | |
Straße als potenzielle Hitzeinsel klagen? | |
Auch diese Waldidee zeugt von einem absolut mangelnden Verständnis von | |
Naturschutz, Artenvielfalt und Stadtklima. Wiesenflächen sind | |
Kaltluftgeneratoren und mitentscheidend für die Abkühlung in der Nacht. Das | |
interessiert Teile der Politik aber nicht. Für die sind Natur nur Wald und | |
Bäume und alles andere ist nutzlose Brache. Berlin hat kaum noch große | |
Wiesenflächen mit der entsprechenden Artenvielfalt. An Wäldern mangelt es | |
dagegen nicht, zumindest im Vergleich zu anderen Städten. | |
Die Aufenthaltsqualität wird durch die Baumlosigkeit gerade tagsüber im | |
Hochsommer aber nicht unbedingt erhöht. | |
Es ist ja vorgesehen, zusätzliche Bäume zu pflanzen, gerade als | |
Schattenspender, aber nur in den Randbereichen. Das ist stadtklimatisch | |
auch genau begründet, dass es hier nur einzelne Bäume gibt und keinen | |
geschlossenen Wald. Es geht darum, dass die Abflüsse der Kaltluft vom Feld | |
nicht blockiert werden. Das wäre übrigens auch ein Thema bei der | |
Randbebauung. | |
Stets wird geklagt, dass bei Stadtplanungsprozessen die | |
Bürger:innenbeteiligung zu kurz kommt. Jetzt hat SPD-Bausenator | |
Christian Gaebler die Dialogwerkstätten zur Zukunft des Feldes angeschoben, | |
ergebnisoffen, wie er betont. Der BUND kritisierte das schon vorab als | |
„gesteuerte Veranstaltung“. Warum? | |
Wenn die Politik sagt, wir wollen die Randbebauung, dann haben wir auch | |
kein Vertrauen, was die behauptete Ergebnisoffenheit betrifft. Zumal wir | |
hier eine Komplettnegation dessen erleben, was es an Diskussionen in der | |
Vergangenheit gab. Städtebauliche Wettbewerbe, Bürgerbeteiligung, das alles | |
hatten wir bereits. Die Bebauungsfreunde fangen trotzdem wieder von vorn | |
an. Der Prozess ist auch alles andere als ergebnisoffen aufgesetzt, wenn | |
diejenigen, die das Feld offenhalten wollen, nicht in den Diskurs | |
eingebunden werden. | |
Gaebler sagt, es gehe bei den Werkstätten zuvörderst darum, den Beitrag des | |
Feldes für die gesamtstädtischen Bedarfe zu diskutieren. Das ist aus Ihrer | |
Sicht nicht legitim? | |
Sicherlich können wir einen allgemeinen gesamtstädtischen Bedarf | |
diskutieren. Aber dann müssen wir doch eigentlich [3][über den | |
Stadtentwicklungsplan Wohnen 2040] sprechen, in dem Flächen für den Bau von | |
fast 250.000 neuen Wohnungen ausgewiesen sind – und zwar ohne das | |
Tempelhofer Feld. Da ergibt es doch gar keinen Sinn, das ausgerechnet am | |
Beispiel dieser konkreten Fläche zu thematisieren. Aber es zeigt, worum es | |
wohl vor allem geht, nämlich darum, eine gewisse Legitimation für die | |
eigenen Pläne zu erzielen. | |
Ihre Vorhersage: Wo stehen wir heute in zehn Jahren? Volksentscheid | |
abgeräumt und Baukräne am Feldrand? | |
Ach was, in zehn Jahren dreht sich die Diskussion noch immer im Kreis. Und | |
die Potenziale des Tempelhofer Felds für die Stadt werden immer noch nicht | |
erkannt worden sein. | |
23 May 2024 | |
## LINKS | |
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## AUTOREN | |
Rainer Rutz | |
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