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# taz.de -- TU-Berlin-Präsidentin Geraldine Rauch: Wie man sich entschuldigt
> Die Präsidentin der TU steht wegen Posts zum Nahostkonflikt in der
> Kritik. Von ihrem Umgang mit Vorwürfen könnte so mancher lernen.
Bild: Geraldine Rauch, Präsidentin der Technischen Universität Berlin
Berlin taz | Wer sich je für einen schwerwiegenden Fehler entschuldigen
möchte, könnte sich ein Beispiel an [1][Geraldine Rauch] nehmen. Denn ihre
Erklärung vor dem akademischen Senat der Technischen Universität Berlin
(TU) enthält, was es für eine ernsthafte, umfassende Entschuldigung
braucht.
Sie gesteht ihren Fehltritt ein. Sie bittet um Verzeihung – ohne es für
gesetzt zu nehmen, dass diese von denjenigen, die sie verletzt hat, auch
angenommen wird. Sie zeigt ihre Bereitschaft, dazuzulernen. Sie macht
konkrete Vorschläge, um zerstörtes Vertrauen wieder zu kitten. Sie drückt
ihre Reue aus. Und sie schont sich selbst nicht: Sie teilt mit, dass sie
ein Disziplinarverfahren gegen sich selbst beantragt hat, um alles
juristisch zu klären.
In ihrer Position als Präsidentin der TU Berlin war Rauch unter Druck
geraten: Sie hatte mit ihrem X-Account einen Post mit antisemitischer
Bildsprache gelikt. Am schwersten wog das Herz für einen Text über eine
Demonstration in der Türkei für einen Waffenstillstand und gegen die
[2][Operation in Rafah]. Dieser Post eines Nutzers mit russischer Flagge in
der Bio war wiederum mit einem Bild illustriert: Es zeigt
Demonstrant*innen mit einem Plakat, auf dem Israels Ministerpräsident
Benjamin Netanjahu mit Blutflecken und Hakenkreuzen versehen ist.
Daneben war Rauch auch konkret dafür kritisiert worden, dass sie Likes für
X-Beiträge vergeben hatte, in denen „Völkermord in Gaza“ oder „Wir sind
Wertepartner mit Kriegsverbrecher?“ stand. Amtsträger*innen und
Politiker*innen auf Landes- sowie Bundesebene fordern seitdem ihren
Rücktritt.
## Gegen Machtmissbrauch und rechtsextreme Tendenzen
Geraldine Rauch ist 41 Jahre alt. 2022 war sie zur Präsidentin der TU
gewählt worden. Sie hat in Bremen Mathematik studiert, promovierte bei
einer Medizinfirma und erhielt 2015 an der Universität Heidelberg ihre
Lehrerlaubnis für Hochschulen. Es folgte eine Professur am
Universitätsklinikum Hamburg, sie wurde dort auch Institutsdirektorin und
Pro-Dekanin für Studium und Lehre. Geraldine Rauch ist Sprecherin von dem
Exzellenzverbund Berlin University Alliance. [3][Bundeskanzler Olaf Scholz]
(SPD) hat sie 2022 in den Zukunftsrat der Bundesregierung berufen.
Sie wolle die Gesellschaft mitgestalten, sagte sie zum Amtsantritt. Die TU
mit ihren „starken Ingenieurwissenschaften, aber auch mit Geistes- und
Planungswissenschaften sowie Lehrerbildung“ sei dafür „prädestiniert“. …
der Uni selbst setzte sie sich gegen Machtmissbrauch und für unbefristete
Arbeitsverhältnisse ein. Sie positionierte sich öffentlich gegen
rechtsextreme Tendenzen im Uni-Betrieb.
Für ihre Likes hatte sich Rauch bereits schriftlich entschuldigt. Nach
ihrer mündlichen Erklärung am Mittwoch beriet sich der akademische Senat
viereinhalb Stunden lang. Das Gremium aus Hochschullehrenden, akademischen
Mitarbeiter*innen, Student*innen sowie Mitarbeiter*innen für
Technik, Service und Verwaltung hätte mit Zweidrittelmehrheit ihre Abwahl
beantragen können. Doch die Mitglieder holten stattdessen ein Meinungsbild
darüber ein, ob sie TU-Präsidentin bleiben solle – oder nicht. Rauch sollte
sich bis zum Donnerstagabend dazu verhalten.
Rückhalt erhält Rauch durch die Erklärung von TU-Beschäftigten und eine
Kundgebung von Student*innen für ihren Verbleib, und nicht zuletzt durch
Applaus nach ihrer Einlassung. Dass der akademische Senat die Entscheidung
über ihren Verbleib an der TU ihr selbst in die Hände legte, ist ebenfalls
als Geste zu verstehen, dass man durchaus bereit wäre, sie als Präsidentin
weiter mitzutragen. Und dass man ihr zutraut, den Schaden, den sie dem Ruf
der Uni zugefügt hat, wieder gutzumachen.
Anmerkung der Redaktion: Zu einem Artikel, der neue Informationen zu diesem
Thema enthält gelangen sie [4][hier.]
6 Jun 2024
## LINKS
[1] /Debatte-um-TU-Praesidentin/!6015451
[2] /-Nachrichten-im-Nahost-Krieg-/!6015245
[3] /Kanzler-Scholz-zur-Sicherheitslage/!6015599
[4] /TU-Praesidentin-Geraldine-Rauch-bleibt/!6015676
## AUTOREN
Uta Schleiermacher
## TAGS
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
Hochschule
Israel
Palästina
Technische Universität Berlin
Antisemitismus
Technische Universität Berlin
Jüdisches Leben
Antisemitismus
Humboldt-Universität
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