# taz.de -- Reiseveranstalter FTI insolvent: Erneut Reiseriese pleite | |
> Europas drittgrößter Reiseveranstalter FTI meldet Insolvenz an. | |
> Zehntausende Urlauber sind betroffen. Die wichtigsten Fragen und | |
> Antworten. | |
Bild: Und wie sollen wir jetzt Urlaub machen? Pauschalurlauber:innen-Strand am … | |
Warum ist FTI in Schieflage geraten? | |
Schon in der [1][Coronakrise] stand der Münchner Reisekonzern finanziell am | |
Abgrund. Der Bund half dem Unternehmen seinerzeit mit Darlehen in Höhe 595 | |
Millionen Euro über die Runden. Davon hat FTI bislang nur einen | |
zweistelligen Millionenbetrag zurückbezahlt. Vor einigen Wochen gab es | |
erneut einen Hoffnungsschimmer für Europas hinter TUI und DER-Touristik | |
drittgrößten Reisekonzern. Der US-Investor Certares wollte die Gruppe | |
übernehmen und mit frischem Kapital ausstatten. Doch auch daraus wurde | |
nichts. Auch der Bund lehnte erneute Hilfen ab. Seine erste Hilfsaktion für | |
FTI könnte sich für die Steuerzahler als teuer erweisen, denn eine | |
Rückzahlung des Darlehens erscheint aus heutiger Sicht unwahrscheinlich. | |
[2][Mit der Insolvenz] rächt sich nach Einschätzung von Experten die | |
Geschäftsstrategie von FTI, die auf knapp kalkulierte Urlaubsangebote | |
setzte. Das brachte insgesamt zu wenig ein. | |
Wer haftet für entstandene Schäden? | |
„Reisende, deren Pauschalreise ausfällt, egal ob morgen oder im Laufe des | |
Jahres, haben einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten Reisepreises“, | |
sagt Alina Baumann von der Verbraucherzentrale NRW, „darunter fallen zum | |
Beispiel auch Anzahlungen“. Es ist davon auszugehen, dass Kunden bereits | |
geleistete Zahlungen ohne Leistung zurückerhalten. Auch Urlaubende, die | |
unterwegs sind und womöglich Hotel oder Flug aus eigener Tasche bezahlen | |
müssen, bekommen Auslagen zurück. Denn für Pauschalreisen gilt eine Pflicht | |
zur Insolvenzversicherung über den Deutschen Reisesicherungsfonds (DRSF). | |
An diesem Fonds müssen sich alle Veranstalter mit mehr als 10 Millionen | |
Euro Umsatz beteiligen. Jeder Kunde erhält bei der Buchung einen | |
Sicherungsschein dafür. | |
War das schon immer so? | |
Nein. Das ist eine [3][Folge der Pleite von Thomas Cook 2019]. Damals | |
reichte die Haftungssumme der Versicherung des Reisekonzerns bei Weitem | |
nicht aus, alle Kunden zu entschädigen. Der Staat sprang ein. In der Folge | |
wurde ein gesetzlich vorgeschriebener Sicherungsfonds eingerichtet, in den | |
alle Veranstalter bis Ende 2026 insgesamt 750 Millionen Euro einzahlen | |
müssen. Der Fonds verfügt nach Branchenangaben bereits über die gesamte | |
Summe. „Der DRSF wird im Rahmen seines gesetzlichen Auftrags dafür sorgen, | |
dass geleistete Zahlungen erstattet werden“, erklärte der Fonds. Er werde | |
sich hierzu mit betroffenen Verbrauchern in Verbindung setzen. Zum | |
Vergleich: Der Schaden bei der Pleite von Thomas Cook belief sich auf rund | |
290 Millionen Euro zuzüglich rund 60 Millionen Euro für den Rücktransport | |
von Urlaubern. Die Versicherung gilt nur für Pauschalreisende. Wer nur zum | |
Beispiel einen Mietwagen gebucht hat, bleibt möglicherweise auf seinem | |
Schaden sitzen. | |
Wie geht es jetzt weiter? | |
Zunächst wird ein Insolvenzverwalter bestellt, der das weitere Vorgehen | |
festlegt. Ab sofort will der DRSF sich darum kümmern, die FTI-Kunden aus | |
den Zielorten wieder zurückzubringen. Das soll gemeinsam mit FTI | |
organisiert werden. „Ferner sollten Reisende die Informationen des | |
Anbieters verfolgen“, rät Expertin Baumann. Offen ist auch, wie es für die | |
Beschäftigten des Konzerns weitergeht. 11.000 Mitarbeiter bangen um ihren | |
Job. | |
Welche Unternehmen sind von der Insolvenz betroffen? | |
Nach Angaben von FTI sind mehrere Marken des Unternehmens ebenfalls pleite. | |
Neben FTI in Deutschland, Österreich und den Niederlanden geht es um | |
„5vorFlug“, „BigXtra“ und die Autoverleiher „DrivFTI“ sowie „Cars… | |
Camper“. Nicht betroffen sind Reisende, die ihren Urlaub über FTI bei | |
anderen Veranstaltern gebucht haben. | |
Finden bereits gebuchte Reisen noch statt? | |
„Noch nicht begonnene Reisen werden voraussichtlich ab Dienstag, den 4. | |
Juni 2024, nicht mehr oder nur teilweise durchgeführt werden können“, | |
kündigte FTI an. Wie es weitergeht, entscheidet der noch nicht bestellte | |
Insolvenzverwalter. Wer erst in den Sommermonaten mit dem Unternehmen | |
verreisen wollte, sollte sich besser schon einmal um eine Alternative | |
kümmern. | |
Haben Arbeitnehmer ein Recht, ihren Urlaub wegen der Pleite zu verschieben? | |
Das ist nicht der Fall. Sollten die Reisepläne nachhaltig durcheinander | |
geraten, können Betroffene – wenn es überhaupt möglich ist – nur auf die | |
Kulanz des Arbeitgebers hoffen. | |
Was können Urlauber tun, die derzeit mit FTI in den Ferien sind? | |
Man arbeite „mit Hochdruck“ daran, dass „bereits angetretene Reisen auch | |
planmäßig beendet werden können“, teilte FTI mit. Geschätzt 65.000 Kunden | |
sind momentan am Urlaubsort von der Pleite betroffen. Bei der Pleite von | |
Thomas Cook hatten sich Hotels aus Angst vor Zahlungsausfällen geweigert, | |
Cook-Gäste weiter zu beherbergen. FTI hat eine Hotline eingerichtet: +49 | |
(0) 89 / 710 45 14 98. | |
3 Jun 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Das-Coronavirus-und-der-Tourismus/!5666126 | |
[2] https://www.fti-group.com/de/insolvenz | |
[3] /Luftfahrt-nach-Corona/!5685925 | |
## AUTOREN | |
Wolfgang Mulke | |
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