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# taz.de -- Regierungsbildung in den Niederlanden: Koalition will „Asylkrise�…
> Die Rechts-Regierung nimmt nach monatelangen Verhandlungen Formen an. Der
> Koalitionsvertrag steht, das Personal ist aber noch weiter offen.
Bild: NSC-Chef Pieter Omtzigt hatte immer wieder grundsätzliche Zweifel an ein…
Amsterdam taz | Der Weg ist frei für die umstrittenste Regierung der
niederländischen Geschichte. Auf der Zielgeraden der
Koalitionsverhandlungen einigten sich am Mittwoch die vier beteiligten
Parteien auf eine Zusammenarbeit: die rechtsextreme Partij voor de Vrijheid
(PVV), die bei den Parlamentswahlen im November einen Erdrutschsieg
errungen hatte; die liberal-rechte Volkspartij voor Vrijheid en Democratie
(VVD), die bislang mit Mark Rutte den Premierminister gestellt hatte, der
sozial-konservative Nieuw Sociaal Contract (NSC) sowie die
BoerBurgerBeweging (BBB).
Damit kommen die monatelangen, turbulent verlaufenen Verhandlungen, die
zwischenzeitlich schon vor dem Aus standen, an ihr Ende. Vor allem NSC-Chef
Pieter Omtzigt hatte immer wieder grundsätzliche Zweifel an einer
Zusammenarbeit mit der identitären PVV und deren Kompatibilität mit
Verfassung und Rechtsstaat geäußert.
Erst einer der Pläne Omtzigts brachte die Verhandlungen in ruhigeres
Fahrwasser: ein sogenanntes „außerparlamentarisches“ Kabinett mit
Minister*innen, die von den Parteien benannt, aber denen nicht unbedingt
angehören sollen. Vor allem bedeutet dies: [1][Der PVV-Chef Geert Wilders
wird kein Premier], was dieser zähneknirschend akzeptierte.
Aller Wahrscheinlichkeit nach wird dies nun ein alter Bekannter: Ronald
Plasterk, ehemals Bildungs- und Innenminister und Sozialdemokrat. Als einer
der wenigen linken Politiker*innen verfügt Plasterk allerdings in der
populistischen Rechten über ein gewisses Ansehen.
Das liegt nicht zuletzt an seiner Kolumne in deren Leitmedium, der
Boulevardzeitung De Telegraaf, in der er seine Partei wiederholt dafür
kritisiert, sich von ihren sozialdemokratischen Ursprüngen entfernt zu
haben. Zwischenzeitlich war Plasterk auch Leiter der
Koalitionsverhandlungen.
## Viele Details sind noch unklar
In der Nacht zum Donnerstag stimmten die jeweiligen Fraktionen dem
Regierungsabkommen zu, das 26 Seiten zählt und den Titel „Hoffnung, Mut und
Stolz“ trägt. In zehn inhaltlichen Punkten werden dort die Grundlagen ihrer
Zusammenarbeit skizziert, die Details müssen freilich noch ausgearbeitet
werden.
Eine der auffälligsten Maßnahmen ist, die umstrittene Eigenbeteiligung an
der Krankenversicherung ab 2027 deutlich zu senken. Einschnitte sind bei
Beamt*innenapparat, Entwicklungshilfe und nachhaltiger Energie angekündigt.
Der Wohnungsnot will man mit jährlich 100.000 neuen Wohnungen zu Leibe
rücken und vier neue AKWs bauen – ein Plan, für den es freilich schon eine
Parlamentsmehrheit gibt.
Im Zentrum der Pläne steht das Thema Einwanderung, das die vier beteiligten
Parteien von Anfang an verbunden hat. Als eine der ersten Maßnahmen wurde
noch in der Nacht bekannt, dass das neue Gesetz, das Kommunen zur Aufnahme
von Geflüchteten verpflichtet und diese über das Land verteilt, kassiert
werden soll.
## „Strengste Zulassungsbedingungen Europas“
Laut des Koalitionsabkommens üben die verschiedenen Arten von Zuwanderung
„schweren Druck auf Wohnen, Gesundheitssystem, Unterricht und finanzielle
Mittel, und auf den sozialen Zusammenhang in unserem Land“ aus.
Daher will die Koalition eine „Asylkrise“ ausrufen, in der mit
entsprechender Gesetzgebung der Zugang von Migrant*innen stark
eingeschränkt werden soll. Das übergeordnete Ziel wird so formuliert: „Die
Niederlande müssen strukturell zur Kategorie der Mitgliedsländer mit den
strengsten Zulassungsbedingungen Europas gehören“, heißt es. Der Telegraaf
nannte die Pläne eine „drastische Änderung des politischen Kurses“, die
progressive de Volkskrant sprach von der „rechtesten Regierung jemals“.
An diesem Donnerstagmorgen soll das Programm offiziell vorgestellt werden.
Der bisherige Leiter der Koalitionsgespräche, Richard van Zwol, soll nun
auch die Zusammenstellung des Kabinetts koordinieren, mit der die
Niederlande völliges Neuland betreten. In der ersten Juni-Hälfte dürfte die
neue Rechts-Regierung in Den Haag vereidigt werden.
16 May 2024
## LINKS
[1] /Regierungsmodell-fuer-die-Niederlande/!5995082
## AUTOREN
Tobias Müller
## TAGS
Niederlande
Geert Wilders
Sozialdemokraten
Krankenversicherung
Einwanderungspolitik
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