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# taz.de -- Sachverständigenrat zu Migrationspolitik: Zwischen Restriktion und…
> Der Sachverständigenrat Migration lobt die GEAS-Reform und das
> Fachkräfteeinwanderungsgesetz. Allerdings gibt es auch Kritik im
> Jahresgutachten.
Bild: Vier deutsche Beamte der Bundespolizei im Frontex-Einsatz an der türkisc…
Berlin taz | „Zuwanderung verursacht die strukturellen Probleme in der
Regel nicht, sie macht sie aber sichtbar“, sagt Birgit Leyendecker,
stellvertretende Vorsitzende des unabhängigen Sachverständigenrats für
Migration und Integration. Am Dienstag hat der Rat sein Gutachten für 2024
unter dem Thema „Kontinuität oder Paradigmenwechsel?“ veröffentlicht.
Die Expert:innen analysieren die Migrationspolitik der Bundesregierung
seit 2019, beurteilen Entscheidungen und geben Handlungsempfehlungen. Ihr
Bericht konstatiert grundsätzlich, dass die Arbeitsmigration nach
Deutschland offener gestaltet wurde, während die Fluchtmigration
restriktiver behandelt wurde.
Die Polarisierung in der Debatte um Migrationspolitik und auch deren
Verschiebung nach rechts hat in den vergangenen Monaten noch weiter
zugenommen. So forderten zuletzt [1][auch SPD-Politiker mehr
Abschiebungen]. Zudem beschloss die Bundesregierung strengere Maßnahmen wie
die [2][Bezahlkarte für Geflüchtete].
Die polarisierte Diskussion wird vom Vorsitzenden der Kommission, [3][Hans
Vorländer] als „Problem für die politische Lösungsfindung“ beschrieben.
„Migration lässt sich nicht durch das Drehen einer Stellschraube beenden
oder eindämmen.“
Zu den migrationspolitischen Kursänderungen der vergangenen Jahre zählen
auf europäischer Ebene die Einführung des [4][umstrittenen Gemeinsamen
Europäischen Asylsystems (GEAS)] und des Solidaritätsmechanismus sowie in
Deutschland das sogenannte Chancen-Aufenthaltsrecht und das
Fachkräfteeinwanderungsgesetz. Der Sachverständigenrat unterstützt die
Einführung von GEAS, da es die Handlungsfähigkeit der EU in der
Migrationspolitik erhöhe. Mit Einführung der verschärften Asylreform wird
die Mehrheit der Asylsuchenden in haftähnlichen Lagern an der
EU-Außengrenze auf die Entscheidung über ihre Anträge warten müssen.
Menschenrechtsorganisationen wie Pro Asyl und Ärzte ohne Grenzen
kritisierten die GEAS-Reform scharf: Sie führe zu Abschottung und einem
Ausbau der Lagerstrukturen sowie zu immer gefährlicheren Fluchtrouten.
Der Sachverständigenrat mahnt an, dass die Asylsuchenden an den
Außengrenzen tatsächlich dauerhaft Zugang zu unabhängiger Rechtsberatung
haben müssten. Das liege in der gemeinsamen Verantwortung der
EU-Mitgliedsstaaten. Zudem müsse es eine angemessene Unterbringung, vor
allem besonders schutzbedürftiger Menschen wie Minderjähriger, geben. Und
lange Aufenthaltszeiten in den Lagern sollten vermieden werden.
## Abkommen mit Drittstaaten
Auch um diesen Entwicklungen entgegenzuwirken, attestiert der
Sachverständigenrat Abkommen mit Drittstaaten großes Potential. „Es braucht
legale Wege, um nach Deutschland zu kommen. Das kann auch Asylanträge
reduzieren“ sagt Panu Poutvaara, Mitglied des Rats. Migrant:innen
könnten dann etwa über Arbeitsvisa einreisen.
Die Wohnsitzauflage für Geflüchtete kritisiert der Rat. Sie erschwere den
Einstieg in den Arbeitsmarkt, da bei der Verteilung der Geflüchteten nicht
die wirtschaftliche Situation einer Kommune beachtet werde. Auch die
Unterscheidung in Arbeits- und Fluchtmigration wurde etwas aufgeweicht, da
manche geduldete Geflüchtete als [5][Fachkraft anerkannt werden können],
wenn sie ihren Asylantrag zurückziehen – was der Sachverständigenrat aber
unterstützt.
## Bessere Anerkennung von Abschlüssen
Die Expert:innen loben auch das Fachkräfteeinwanderungsgesetz und die
damit verbundene Öffnung des Arbeitsmarkts für Personen, die keine „nach
deutschen Standards anerkannte Qualifikationen“ nachweisen können. Kritik
übt das Gremium aber an der gesetzlichen Umsetzung und wie kompliziert
diese sei. Die Einwanderung von Fachkräften werde so eher erschwert als
vereinfacht, vor allem in Kombination mit überarbeiteten Behörden.
Dabei könnte die Anerkennung von nicht in Deutschland erworbenen
Qualifikationen auch zu einer Eindämmung des hiesigen Lehrkräftemangels
führen, betont Havva Engin, Mitglied des Rats. Damit könnten auch Kinder
und Jugendliche, die neu in Deutschland sind, besser Zugang zu Sprach- und
Betreuungsplätzen bekommen.
Der Sachverständigenrat veröffentlicht jährlich einen Bericht zu Migration
und Integration in Deutschland, jedes Mal mit einem anderen Schwerpunkt.
2023 wurde der Zusammenhang von Klimawandel und Migration untersucht. Der
Rat besteht aus neun Wissenschaftler:innen aus verschiedenen
Fachrichtungen, darunter Politik- und Erziehungswissenschaft, VWL und
Psychologie.
15 May 2024
## LINKS
[1] /SPD-Vorsitzender-zu-Laender-Asylpolitik/!5989509
[2] /Massnahme-gegen-Migration/!6002676
[3] /Professor-ueber-Fachkraeftezuwanderung/!5924704
[4] /Europaeische-Asylrechtsreform-Geas/!6003865
[5] /Neues-Fachkraefteeinwanderungsgesetz/!5938787
## AUTOREN
Alexandra Kehm
## TAGS
Geflüchtete
Migration
Integration
GNS
Schwerpunkt Europawahl
EU-Recht
Schwerpunkt Flucht
Migration
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