# taz.de -- Comeback der Oma: Sie ist endlich wieder da | |
> „Omas gegen Rechts“, „Omas for Future“, „Granfluencer“: Die Oma w… | |
> endlich nicht mehr nur auf dicke Strumpfhosen und bequeme Schuhe | |
> reduziert. | |
Bild: Die „Omas gegen Rechts“ demonstrieren in Hamburg | |
Eigentlich klingt das Wort – ja, man könnte sagen: die Anrede –doch sehr | |
schön. Zwei Vokale, dazwischen ein Konsonant, musikalischer geht es nicht. | |
Mit einem O fängt das Wort an, „Oh“ ist ein Ausdruck des freudigen | |
Erstaunens. Es folgt ein m, so wie „mmh“, der Sound des Wohlbefindens. Am | |
Ende schließt ein a das Klangerlebnis ab. Ein a am Ende eines weiblichen | |
Namens, das ist immer würdevoll. Fertig ist [1][„Oma“]. | |
Meine Nachbarin Margot sah das anders. Sie untersagte ihrer Enkelin streng, | |
sie Oma zu nennen. Dass jemand in der Öffentlichkeit, und sei es ein | |
kleines Kind, mit dem Wort Oma nach ihr rufen könnte, war ihr, damals 59, | |
ein Albtraum. Die Kleine musste sie im Sandkasten mit „Margot“ anreden. | |
Das Mädchen war völlig verwirrt. Die anderen Kinder hatten Omas, nur sie | |
nicht. Tja. | |
In Kontaktanzeigen 80-jähriger Herren liest man Sätze wie: „Du bist eine | |
Frau bis 60, bitte kein Omatyp.“ In einem Modeblog fragt jemand ängstlich: | |
„Ist der Cardigan zu lang und wirkt omahaft?“ Omahaft! Das ist der | |
Inbegriff von Unsexyness und kompletter Unbedeutsamkeit, ja vielleicht | |
sogar von Verschandelung der Gesellschaft. | |
## Ja zum Lebenspragmatismus | |
Röcke und dicke Strumpfhosen oder auch Elastikhosen, in Beige oder dunkel, | |
bequeme Schuhe an den breit gewordenen Füßen, die grauen Haare sorgfältig | |
gelegt und eine Brille mit dunklen Rändern auf der Nase – fertig ist der | |
„Omatyp“. Viel geschmäht. Dabei handelt es sich hier in Wirklichkeit um | |
die Protestuniform von Millionen Rentnerinnen, die Fuck off sagen zum | |
Verjüngungsterror und Ja zum Lebenspragmatismus. Cool. | |
Wobei ich neuerdings sogenannte Boyfriendjeans bevorzuge. Die sind ein | |
bisschen zu weit und hängen am Hintern. Finde ich sehr lässig. Zu weite | |
Klamotten lassen einen irgendwie fragil wirken. | |
Egal in welchen Klamotten, die Oma erlebt ein Comeback. In den sozialen | |
Medien präsentieren Enkel ihre Großmütter, die Märchen vorlesen und so | |
„Granfluencer“ werden. Auch Großväter posieren in rosa Jeans. | |
Mit den [2][Omas gegen Rechts] und den [3][Omas for Future] wurde Oma sogar | |
zum Ehrentitel für alte Powerfrauen, die sich gegen Rechtsextreme und für | |
eine nachhaltige, enkelgerechte Welt einsetzen. Ich finde das sympathisch, | |
habe allerdings mit den rosa Häkelmützen mancher Omas gegen Rechts | |
Probleme. Steht mir einfach nicht. | |
## Omas für Bares | |
Die politische Veredelung des Omatitels erweitert auch mein Spektrum. In | |
meinen Träumen sehe auch ich mich politisch aktiv. Falls die Bezahlkarte | |
für Geflüchtete in Berlin den Betreffenden wirklich Stress macht, so habe | |
ich mit Freundin Hille besprochen, dann gründen wir auch eine Oma-Gruppe. | |
Wir stellen uns immer Samstagfrüh vor Penny hin, mit Einkaufsbeuteln aus | |
Jute, die wir mit der Aufschrift „Omas für Bares: die Geldwäscherinnen“ | |
bedruckt haben. In mehreren Sprachen. | |
Bei uns um die Ecke auf dem Flughafen Tempelhof wohnen Hunderte von | |
Geflüchteten. Sie könnten dann bei Penny mit ihrer Bezahlkarte Milch, Brot | |
und Gemüse für uns einkaufen, wir geben ihnen draußen Bargeld dafür zurück. | |
So wenigstens ist die Idee. | |
Ja, man kann viel machen als Oma. Auch nur auf dem Spielplatz stehen, die | |
Kleine schaukeln, die mich seit Kurzem mit „Oma“ anredet, weil sie gerade | |
sprechen lernt. Ich staune darüber, durch welche Rollen man so im Leben | |
rauscht. | |
26 May 2024 | |
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## AUTOREN | |
Barbara Dribbusch | |
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