Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Nachruf für Roger Corman: Der Ermöglicher von New Hollywood
> Er entdeckte das B-Movie als ästhetischen Freiraum: Roger Corman. Bei
> vielen Hollywood-Größen hatte er seine Finger im Spiel. Er wurde 98 Jahre
> alt.
Bild: Roger Corman 2019 in Los Angeles
Der erste Credit, den der [1][große Francis Ford Coppola] im Filmbusiness
hatte, ist ein mehr als obskures Machwerk: ein billiger
Science-Fiction-Film aus dem Jahr 1960 mit dem englischen Titel „Battle
Beyond the Sun“. Er figuriert dabei als „Associate Producer“ und unter dem
Pseudonym Thomas Colchart als Regisseur, in Wahrheit hatte er aber nur ein
paar neue Szenen für die umgeschnittene Fassung eines billigen Sowjetfilms
namens „Nebo Zovyot“ gedreht. Den hatte der findige Produzent Roger Corman
für seinen Verleih Filmgroup günstig erworben und dem damals noch
unerfahrenen Coppola für seine erste Fingerübung übergeben.
In dieser Anekdote steckt die Essenz Roger Cormans, der nun in Santa Monica
gestorben ist, im stolzen Alter von 98 Jahren, dabei als lebende Legende
wach und aktiv bis zuletzt. Corman war in seinem Leben vieles, wenn auch
nur vier Tage lang das, was er studiert hatte, nämlich Ingenieur („ein
schrecklicher Fehler“). In Wahrheit wollte er dahin, wo sein Bruder Gene
schon als Agent tätig war: nach Hollywood. Da kam er, nach einem kurzen
Ausflug nach Oxford und Paris, 1950 auch hin.
Die Anfänge waren bescheiden, in der Postabteilung von 20th Century Fox
(Post wie Briefe, nicht wie Postproduktion). Er erwies sich als brauchbar,
vom Postraum ging es nach oben, wenn auch zunächst nur in den
Untergeschossen der Kultur- und Filmindustrie.
## Billige Genreware, schnell gemacht
Er drehte oder produzierte schnell runtergekurbelte billige Genreware wie
„Teenage Doll“ oder „The Saga of the Viking Women and Their Voyage to the
Waters of the Great Sea Derpent“ oder „The Cry Baby Killer“.
In Letzterem spielte 1958 ein völlig unbekannter Darsteller seine erste
Rolle: Jack Nicholson. Der hat dann, von Corman produziert, selber erste
Filme gedreht und wurde im New Hollywood der siebziger Jahre zum riesigen
Star – in einem Video, das man auf Youtube sehen kann, bricht er in Tränen
aus, als er erklärt, wie viel er Corman verdankt.
[2][Zur Legende machte Corman], dass Coppola und Nicholson nicht die
Einzigen waren. Die ersten Filme von Jonathan Demme, von [3][Peter
Bogdanovich], von Monte Hellman, von [4][James Cameron], von [5][Martin
Scorsese]: Bei allen hatte Corman als Ermöglicher, Mentor, Förderer,
Produzent seine Finger im Spiel. Sie alle sind bei ihm in die Schule
gegangen und haben sein Ethos zu ihrem gemacht. (Alles Männer, ja – aber
Corman hat auch die tolle, feministische Stephanie Rothman gefördert, der
dann keine solche Karriere gelang.)
New Hollywood ohne Corman: kaum vorstellbar. Nicht primär wegen seiner
eigenen Filme, von denen vor allem die wunderbar atmosphärischen
Poe-Verfilmungen wie „House of Usher“ (1960) sehenswert sind. Sondern, weil
er B-Movies als ästhetischen Freiraum begriff. Wo nicht viel Geld im Spiel
ist, ist mancherlei möglich. Die Prämisse war trotz Nudity, Gewalt und
schneller Kicks gerade das Gegenteil der Verachtung von Kunst: Noch und
gerade im Billigen, Schnellen, Schmutzigen kann man eigensinnigen Leuten
Freiheiten lassen und falsche Rücksichten auf den guten Geschmack hinter
sich. Und das lässt sich bei Corman lernen, bis heute.
12 May 2024
## LINKS
[1] /Neue-Fassung-von-Der-Pate-III/!5730628
[2] /Regisseur-ueber-B-Movies/!5062566
[3] /Nachruf-auf-Peter-Bogdanovich/!5823811
[4] /Avatar-Sequel-in-den-Kinos/!5899018
[5] /Martin-Scorsese-im-Berlinale-Gespraech/!5989400
## AUTOREN
Ekkehard Knörer
## TAGS
Nachruf
Film
Regisseur
B-Movie
Hollywood
Spielfilm
Filmproduktion
Film
## ARTIKEL ZUM THEMA
Martin Scorseses neuer Film: Betrug an Indigenen
Um eine Mordserie an indigenen Menschen dreht sich „Killers of the Flower
Moon“ von Martin Scorsese. Es ist sein zehnter Film mit Robert De Niro.
Regisseur Roger Corman wird 90 Jahre: Zuerst wusch er die Wäsche
Mit Mitte 20 gründete der B-Movie-Gott seine erste Filmfirma. Seither hat
sich die Kinowelt stark verändert, Roger Corman aber nicht.
Regisseur über B-Movies: „Für Gedanken braucht man kein Geld“
Roger Corman, der große alte Mann der B-Movies, über Rebellion,
unabhängiges Filmemachen und die heutige Technik im Film.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.