Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Investor steigt bei Thyssenkrupp ein: Stahlkocher fordern Jobgarant…
> Tausende demonstrieren gegen Arbeitsplatzvernichtung bei Deutschlands
> größtem Stahlproduzenten Thyssenkrupp – und für ihre
> Mitbestimmungsrechte.
Bild: Stahlarbeiter beim Protest in Duisburg
Bochum taz | Tausende Beschäftigte des größten deutschen Stahlhersteller
[1][Thyssenkrupp] Steel (TKS) und seiner Tochterfirmen haben am Dienstag in
Duisburg für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze demonstriert.
Mit Unterstützung dutzender sozialdemokratischer Politiker:innen wie
SPD-Bundesarbeitsminister Hubertus Heil, aber auch mit Nordrhein-Westfalens
CDU-Landesarbeitsminister Karl-Josef Laumann forderten sie Jobgarantien und
den Verzicht auf Standortschließungen. „Zukunft statt Kündigung“ und „K…
weiterer Stellenabbau“ stand auf ihren Transparenten. „Wer mit der
Brechstange droht, wird den Stahlhammer spüren“, erklärte
TKS-Betriebsratschef Tekin Nasikkol.
TKS hatte Mitte April verkündet, seine [2][Produktionskapazitäten um mehr
als 20 Prozent von 11,5 auf 9 bis 9,5 Millionen Tonnen reduzieren] zu
wollen. Besonders am Standort Duisburg, wo etwa 13.000 der insgesamt 27.000
TKS-Beschäftigten arbeiten, droht damit die Vernichtung tausender
Arbeitsplätze.
Außerdem werfen Gewerkschaft und Betriebsrat dem erst seit Juni 2023
amtierenden Thyssenkrupp-Gesamtkonzernchef Miguel Lopez vor, ihre
Mitbestimmungsrechte beim Einstieg des tschechischen Milliardärs Daniel
[3][Kretinsky] so stark wie möglich auszuhebeln. „Wir werden von diesen
Herren kein Stück weit mehr informiert, als das Gesetz es vorsieht“,
kritisiert nicht nur Betriebsratschef Nasikkol.
„Überraschend“ kam der definitive Einstieg Kretinskys offenbar selbst für
Thyssenkrupps stellvertretenden Aufsichtsratschef Jürgen Kerner, der auch
Bundesvize der IG Metall ist: „Die Mitbestimmung hat nur wenige Stunden vor
der Öffentlichkeit von der Entscheidung erfahren“, so der
Gewerkschaftsboss.
## Ziel ist 50/50
Gesamtkonzernchef Lopez hatte den Deal mit Kretinsky am Freitag
bekanntgeben lassen. In einer Adhoc-Börsenpflichtmitteilung war von einer
„strategischen Partnerschaft“ mit dessen EP Corporate Group (EPCG) die
Rede. Vorbehaltlich der Zustimmung von Kartellbehörden und
Thyssenkrupp-Aufsichtsrat soll EPCG danach noch im laufenden Geschäftsjahr
– also bis Ende September – zunächst 20 Prozent der Stahltochter TKS
erwerben. Ziel sei aber „die Bildung eines gleichberechtigten
50/50-JointVentures“.
Kretinsky selbst betonte, seine EPCG könne dieses Joint Venture zuverlässig
mit Energie und dem für eine [4][klimaneutrale Stahlproduktion]
unverzichtbaren Wasserstoff versorgen. Das Firmenimperium des Milliardärs
kontrollierte 2023 nach eigenen Angaben Kraftwerke mit einer Kapazität von
etwa 14 Gigawatt, macht Geschäfte mit Erneuerbaren Energieträgern ebenso
wie mit klimaschädlicher Braunkohle, Gas und Atomkraft.
Aktiv ist der Milliardär aber auch in den Bereichen Lebensmittel und
Logistik: Kretinsky besitzt fast 50 Prozent der Metro-Kette ebenso wie ein
Drittel der niederländischen Post. Erst Mitte April hat er versucht, die
britische Royal Mail zu übernehmen – zunächst erfolglos. Im Fußball
kontrolliert der Oligarch mehr als ein Viertel der Anteile am englischen
Premier-League-Club West Ham United. Der tschechische Spitzenverein Sparta
Prag gehört ihm komplett.
Nicht nur Gewerkschafter:innen und Betriebsrät:innen scheint damit
klar, dass der äußerst erfolgreiche Geschäftsmann jetzt auch TKS um jeden
Preis auf Gewinnmaximierung trimmen will. Dass Kretinsky beim anstehenden
Konzernumbau entscheidend mitreden will, hat er bereits klargemacht: Der
Einstieg seiner EPCG diene dazu, um „an der Gestaltung und Neuausrichtung
von Thyssenkrupp Steel aktiv mitzuwirken“, ließ er sich von der auf
Wirtschaftsthemen spezialisierten Nachrichtenagentur Reuters zitieren. Ein
konkreter Plan, wie die Zukunft des Stahlgiganten aussehen soll, wurde
bisher aber nicht vorgestellt.
## Heil: „Wir schauen nicht tatenlos zu“
Entsprechend deutlich waren bei der Duisburger Demonstration deshalb auch
Warnungen der Politik in Richtung von Kretinsky – und an Thyssenkrupps
Gesamtkonzernchef Lopez. „Ihr seid nicht allein“, versprach nicht nur
SPD-Bundesarbeitsminister Heil den Beschäftigten: „Wir schauen nicht
tatenlos zu, was hier abgeht.“ Die Stahlproduktion sei eine
Schlüsselindustrie, von der die gesamte deutsche Volkswirtschaft abhänge,
so Heil.
Nordrhein-Westfalens CDU-Ministerpräsident Hendrik Wüst und sein
Arbeitsminister Laumann hatten schon vor der Demonstration einen
„Zukunftsplan“ für den Stahlgiganten gefordert – und die Achtung von
Mitbestimmung und Sozialpartnerschaft.
Den Sozialdemokraten im Landtag, die ihre Fraktionssitzung auf die Demo
nach Duisburg verlegt hatten, geht das nicht weit genug. Regierungschef
Wüst und seine grüne Wirtschaftsministerin Mona Neubaur müssten
[5][milliardenschwere Subventionen] an „Standort- und
Beschäftigungsgarantien“ knüpfen, forderte SPD-Landtagsfraktionschef Jochen
Ott – schließlich unterstützen Bund und Land die Umstellung eines einzigen
Hochofens aktuell mit rund zwei Milliarden Euro. Allerdings: Im
TKS-Stammwerk im Duisburger Norden stehen davon allein vier. Dazu kommen
zwei weitere im Duisburger Süden bei der Konzernbeteiligung Hüttenwerke
Krupp Mannesmann (HKM).
Insgesamt dürfte die Umstellung den Stahlkonzern also rund 18 Milliarden
Euro kosten – Geld, dass auch Kretinsky nicht mitbringen dürfte. Als sicher
gilt daher, dass TKS Bund und Land um weitere Milliarden angehen dürfte.
Gewerkschaften und Betriebsrat wollen dabei Druck machen: Am 23. Mai werde
es eine weitere Demonstration geben, kündigte Betriebsratschef Nasikkol an
– dann vor der Zentrale des Gesamtkonzerns in Essen.
Thyssenkrupp-Gesamtkonzernchef López werde dann gezeigt, „wo der
Stahlhammer hängt“.
30 Apr 2024
## LINKS
[1] /Aufruhr-bei-Stahlsparte-von-Thyssenkrupp/!6007189
[2] /Kuerzungsplaene-von-Thyssenkrupp/!6001628
[3] /Kohle-Abbau-in-der-Lausitz/!5972597
[4] /Stahlsparte-von-Thyssenkrupp/!5963969
[5] /Stahlproduktion-in-Deutschland/!5899995
## AUTOREN
Andreas Wyputta
## TAGS
Schwerpunkt Klimawandel
ThyssenKrupp
Stahl
Energiewende
ThyssenKrupp
ThyssenKrupp
Stahl
CO2-Emissionen
ThyssenKrupp
Stahlindustrie
ThyssenKrupp
## ARTIKEL ZUM THEMA
Klima-Umbau bei Thyssen-Krupp in Gefahr: Grünes Stahlprojekt auf Prüfstand
Thyssen-Krupp wollte Milliarden investieren, um klimafreundlicheren Stahl
mit Wasserstoff zu erzeugen. Doch nun geraten die Pläne ins Wanken.
Umbau bei Thyssenkrupp: Stählerne Streiterei
Um die Zukunft der Thyssenkrupp-Stahlsparte wird heftig gestritten.
Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertreter kritisieren sich gegenseitig scharf.
Neuer Investor bei Thyssenkrupp: Konzernchefs düpieren Stahlwerker
Der Aufsichtsrat stimmt für den Einstieg des tschechischen Milliardärs
Kretinsky. Die Arbeitnehmerseite fühlt sich überrumpelt.
Studie zu klimaschädlichen Subventionen: Kohlendioxid-Ausstoß wird belohnt
Laut einer Studie begünstigen Subventionen fossile Energie stärker, als der
CO₂-Preis sie verteuert. Das ist wichtig für die Haushaltsverhandlungen.
Aufruhr bei Stahlsparte von Thyssenkrupp: Kritik an tschechischem Milliardär
Protest gegen den Einstieg von Energieunternehmer Kretinsky bei
Thyssenkrupp Steel: Das Vorgehen sei „mehr als eine Provokation“, so die IG
Metall.
Stellenstreichungen bei ThyssenKrupp: Und die Subventionen?
Der Stahlkonzern ThyssenKrupp will viel Personal kürzen, bekommt aber
gleichzeitig Staatsgeld – das sollte künftig unterbunden werden.
Stahlindustrie schwächelt: Thyssenkrupp plant Stellenabbau
Der Stahlkonzern Thyssenkrupp will in Duisburg die Produktionskapazität
reduzieren und Arbeitsplätze streichen. Wie viele genau, ist unklar.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.