# taz.de -- Schuldenregeln in der EU: Parlament beschließt Reform | |
> Neue Schuldenregeln erschweren künftige staatliche Investitionen in der | |
> EU. Die einen finden sie trotzdem gut, die anderen sind empört. | |
Bild: Das Europäische Parlament hat über eine Reform der Schuldenregeln abges… | |
Straßburg afp/dpa | Nach monatelangen Verhandlungen zwischen den | |
Mitgliedstaaten hat das Europäische Parlament [1][die Reform der | |
Schuldenregeln] für den Staatshaushalt der EU-Länder beschlossen. Die | |
Abgeordneten stimmten am Dienstag in Straßburg für ein Reformpaket, das | |
hochverschuldeten Ländern mehr Spielraum für Investitionen geben soll. | |
Zugleich sollen die neuen Regeln die Staaten allerdings dazu zwingen, hohe | |
Schulden schneller abzubauen. | |
Die bisherigen Schuldenregeln der EU sind seit dem Frühjahr 2020 | |
ausgesetzt, um den Regierungen milliardenschwere Hilfen für die Wirtschaft | |
zu erlauben. Mit der Reform werden die sogenannten [2][Maastricht-Kriterien | |
aus dem Stabilitäts- und Wachstumspakt] wieder eingeführt: Die jährliche | |
Neuverschuldung eines Euro-Landes darf nicht über 3 Prozent des | |
Bruttoinlandsprodukts (BIP) liegen. Zudem sieht der Pakt eine maximale | |
Gesamtverschuldung von 60 Prozent des BIP vor. | |
Mit der Reform bekommen die Regierungen etwas mehr Spielraum und sollen | |
etwa selbst Pläne vorlegen, wie sie ihre Schulden in den kommenden Jahren | |
abbauen wollen. Dafür bekommen sie bis zu sieben Jahre Zeit, deutlich mehr | |
als bislang. Davon könnten mehrheitlich [3][hochverschuldete Länder wie | |
Griechenland], Italien, Spanien und Frankreich profitieren. | |
[4][Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) setzte in den | |
Verhandlungen allerdings auch neue, striktere Regeln] für den Schuldenabbau | |
durch. Staaten mit einem hohen Defizit von mehr als 90 Prozent des BIP | |
sollen verpflichtet werden, die Neuverschuldung deutlich zu reduzieren, pro | |
Jahr im Schnitt um einen Prozentpunkt. | |
## Hemmnis für Investitionen | |
Der CSU-Abgeordnete Markus Ferber, wirtschaftspolitischer Sprecher der | |
EVP-Fraktion im Europäischen Parlament, begrüßte die Annahme. „Mit den | |
neuen EU-Schuldenregeln kehren wir zu einer verantwortungsvollen | |
EU-Haushaltspolitik zurück.“ Das neue Regelwerk schaffe mehr Klarheit und | |
stelle die Wirtschafts- und Währungsunion auf ein solides Fundament. | |
Kritiker hingegen betonten stets, dass die [5][Regeln nötigen Investitionen | |
etwa in Klimaschutz oder in den sozialen Bereich die Luft abschnürten]. | |
Eine Analyse vom Europäischen Gewerkschaftsbund (EGB) und der New Economics | |
Foundation (NEF) war Anfang April zu dem Ergebnis gekommen, dass bei | |
Einhaltung der geplanten Regeln ab 2027 nur noch Dänemark, Schweden und | |
Irland in der Lage seien, sich notwendige Ausgaben zu leisten. Auch in | |
Deutschland würden demnach Investitionen stark gehemmt, hieß es. | |
Auch die Grünen kritisierten die Reformpläne. „Anstatt | |
Schuldentragfähigkeit, nachhaltige Finanzen und ausreichend Raum für | |
Investitionen in die grüne Transformation zusammenzurechnen, setzten die | |
neuen Regeln trotz gebotener Vorsicht beim Thema Gegenfinanzierung auf | |
einen Schuldenabbau, der den Bedürfnissen dieser Zeit nicht gerecht wird“, | |
sagte die Europaabgeordnete Henrike Hahn nach der Abstimmung. | |
23 Apr 2024 | |
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