# taz.de -- Ausbau der E-Ladeinfrasturuktur: Kilo-, mega-, gigaviel Strom | |
> Für die wachsende Zahl an E-Autos braucht es eine wachsende Infrastruktur | |
> an Ladesäulen und -stationen. Der Senat hat jetzt auch eine Strategie | |
> dafür. | |
Bild: Die Zwei von der Tankstelle: CDU-Verkehrssenatorin Manja Schreiner und SP… | |
BERLIN taz | Das gemeinsame Foto musste dann ganz schnell gehen: Als am | |
Freitagmittag die Senatorinnen für Verkehr und für Wirtschaft, Manja | |
Schreiner (CDU) und Franziska Giffey (SPD), mit dem Leiter der | |
landeseigenen Agentur für Elektromobilität eMO, Gernot Lobenberg, an einer | |
Ladestation für E-Autos in Lichtenberg posierten, prasselte der kalte Regen | |
plötzlich doppelt so stark herunter. Zuvor hatten sie zumindest Schutz | |
unter dem Dach der Total-Tankstelle an der Storkower Straße gefunden, auf | |
deren Gelände jetzt mehrere nagelneue Strom-Zapfsäulen stehen. | |
Giffey hatte erst am Mittwoch – damals allerdings [1][in einem wohl | |
temperierten Besprechungsraum der Berliner Stromnetz GmbH] – den massiven | |
Ausbau der Infrastruktur verkündet, von der das Ziel der Klimaneutralität | |
des Landes bis spätestens 2045 abhängt: Da ging es um die Verdopplung der | |
Netzkapazitäten bis 2030, unter anderem, um die wachsende Zahl von E-Autos | |
und Wärmepumpen sicher versorgen zu können. | |
Am Freitag nun stellte sie mit CDU-Kollegin Schreiner die „Gesamtstrategie | |
Ladeinfrastruktur“ vor, die der Senat in dieser Woche beschlossen hatte und | |
die gewährleisten soll, [2][dass dem elektrischen Fahren trotz | |
Stromnetzausbau nicht der Saft ausgeht]. Eine „verlässliche | |
Ladeinfrastruktur“ sei „ein wichtiger Hebel für den Umstieg auf | |
E-Mobilität“, sagte Schreiner, und Giffey kündigte für die kommenden Jahre | |
eine „echte Ladesäulenoffensive“ an. | |
Grob gesagt, soll es im Jahr 2030 so viele Ladestationen in Berlin geben, | |
dass sie das Siebenfache des heutigen Bedarfs bewältigen können: Aktuell | |
seien rund 70.000 E-Fahrzeuge in Berlin zugelassen, hieß es, 63.000 davon | |
seien Pkws, der Rest elektrisch betriebene Busse, Transporter oder | |
Motorräder. Ihr Ladebedarf beträgt demnach täglich rund 300.000 | |
Kilowattstunden (kWh). Für 2030 rechnet der Senat dann schon mit einem | |
Ladebedarf von 2 Millionen kWh. | |
## Leichte Unklarheiten | |
Bei dem Termin an der Tankstelle zeigte sich, dass das Rechnen mit | |
physikalischen Größen immer noch für gewisse Unsicherheiten sorgt: Gernot | |
Lobenberg musste korrigierend eingreifen, als Kilo-, Mega- und Gigawatt ein | |
wenig durcheinandergingen. Allerdings wird auch in dem vor Ort verteilten | |
Strategiepapier nicht völlig klar, um welche Mengen es genau geht. Hier | |
werden die erwähnten 300.000 kWh nur auf die 63.000 E-Pkws bezogen, und | |
auch die Prognose von 2 Millionen kWh ist lediglich den prognostizierten | |
400.000 E-Pkws zugeordnet. | |
Dabei dürfte der Strombedarf jenseits der privaten Kraftfahrzeuge besonders | |
stark steigen. Schließlich plant die BVG, bis 2030 ihre gesamte Busflotte | |
zu elektrifizieren. Heute sind erst rund 15 Prozent der gelben Busse mit | |
Batterie statt Tank ausgestattet, wobei es sich außerdem meist um kleinere | |
Fahrzeuge auf kürzeren Linien handelt. Bei einem vollelektrischen Betrieb | |
wird der Verbrauch hier also massiv anziehen. | |
Die „Gesamtstrategie Ladeinfrastruktur“ soll den Ausbau in drei Bereichen | |
vorantreiben: im öffentlichen Raum, also klassischerweise auf Parkplätzen | |
am Straßenrand, auf privaten Flächen, die für die Öffentlichkeit zugänglich | |
sind – wie Tankstellen, Supermarktparkplätze oder Parkhäuser –, und rein | |
private Räume wie die Garage am Einfamilienhaus oder der Firmenparkplatz. | |
Letztere sollen 2030 mit 54 Prozent das Gros abdecken, die halböffentlichen | |
Räume kämen auf 26, die öffentlichen auf 20 Prozent. | |
Der Anteil öffentlich zugänglicher Ladestationen am Gesamtangebot würde | |
somit dennoch enorm zunehmen: Von den rund 25.000 Stationen, die es laut | |
offizieller Statistik heute schon gibt, werden mehr als 20.000, also über | |
80 Prozent, rein privat genutzt. | |
## Pro Ladestation ein Jahr | |
Zu den Maßnahmen, die der Senat im Rahmen der Strategie plant, gehört die | |
Beschleunigung des Netzanschlusses und der Genehmigungsprozesse auf | |
Bezirksebene. Das dürfte gerade für die öffentlichen Ladesäulen wichtig | |
sein, die zu einem großen Teil von den Berliner Stadtwerken, aber auch von | |
privaten Anbietern betrieben werden. Nach taz-Informationen vergeht heute | |
im Schnitt ein Jahr von der Identifizierung eines geeigneten Standorts bis | |
zur Einweihung der Ladestation. | |
Darüber hinaus sollen Förderungen privater Stationen geprüft und die | |
Wohnungswirtschaft bei der Ausstattung vermieteter Stellplätze unterstützt | |
werden. Seit Freitag ist auch die Seite [3][ladeinfrastruktur.berlin] | |
online, die heutige und künftige Ladepunkte berlinweit darstellt. | |
Eine weitere Maßnahme wird laut Giffey und Schreiner das Monitoring des | |
Bedarfs sein. Wie stark und wie schnell dieser tatsächlich wächst, steht | |
nämlich nirgendwo geschrieben: So sind etwa die Neuzulassungen von E-Autos | |
[4][nach dem Ende der Bundesförderung] zur Jahreswende stark eingebrochen. | |
19 Apr 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Millionen-fuer-das-Berliner-Stromnetz/!6001995 | |
[2] /Prognose-zu-Energiebedarf-von-E-Autos/!5981166 | |
[3] https://www.ladeinfrastruktur.berlin/ | |
[4] /Staatliche-Foerderung-von-E-Auto-Kauf/!5980554 | |
## AUTOREN | |
Claudius Prößer | |
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