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# taz.de -- Einzigartiges Computergame „Indika“: Dostojewskis Spiel
> „Indika“ ist eines der ungewöhnlichsten und faszinierendsten Spiele der
> letzten Jahre. Seine Kreativität sprengt alle Genregrenzen.
Bild: Indika stolpert durch den Schnee
Die junge [1][Nonne] Indika stapft durch den hohen, russischen Schnee. Sie
soll für ihren Orden einen Brief übermitteln. Für den Auftrag geht sie
durch dichten Schnee, verlassene Fabriken und einsame Wälder. Doch Indika
hat einen stetigen, wenn auch unliebsamen Begleiter: Der Teufel steckt in
ihrem Kopf. Mit philosophischen Fragen will er sie verführen und vom
Glaubensweg ihres russisch-orthodoxen Ordens abbringen. Was folgt, ist eine
einzigartige Reise, die [2][„Indika“] zu einem der kreativsten und
überraschendsten Spiele der jüngsten Zeit macht.
Die intensiven Dialoge zwischen Nonne und Teufel machen sich auch
spielerisch bemerkbar. „Indika“ setzt auf eine Vielzahl an Rätseln, die mal
cleverer und mal weniger inspiriert wirken. Für viele der Hindernisse muss
man zwischen der Realität und der Hölle in Indikas Kopf wechseln, wodurch
sich Umgebungen verändern. Neben den Rätseln kann man eine kleine, dafür
aber umso detailliertere Welt entdecken.
Man wird das Gefühl nicht los, dass in dieser Welt, dem Russland des 19.
Jahrhunderts, etwas nicht stimmt. Die Technik scheint weiter zu sein, als
sie es damals tatsächlich war, und eine leichte Steampunk-Ästhetik
begleitet die Spieler:innen. Überall finden sich christliche Götzenbilder
und seltsame Maschinerien. Und dann, wenn man bereits denkt das Spiel
durchschaut zu haben, wandelt es sich in ein zweidimensionales 8-Bit-Spiel
und wird zu einem Jump ’n’ Run.
Auch wenn „Indika“ gerne mal Genregrenzen überspringt, ist der Kern des
Spiels die meisterliche Erzählung. Die Kritik an der
[3][russisch-orthodoxen Kirche] und ihrer Forderung nach Disziplin und
Gehorsam ist permanent, die Inszenierung ist erwachsen und tragisch.
Literat:innen werden sich durch die Atmosphäre des Spiels an russische
Autor:innen wie Bulgakow, Gogol und besonders Dostojewski erinnert
fühlen.
## Intensive Atmosphäre
Die berüchtigte Schwermütigkeit der russischen Literatur mischt sich in
„Indika“ mit der Kreativität und Sprunghaftigkeit von Videospielen. Manche
Momente, wenn Indika zum Beispiel durch meterhohe Papierberge oder
überdimensionale Fabriken schreitet, haben auch etwas [4][Kafkaeskes] und
Beängstigendes. In beiden Fällen ist die Atmosphäre so intensiv, wie man es
in Spielen nur selten erlebt.
Das Studio Odd Meter ist für die Entwicklung von „Indika“ verantwortlich,
vertrieben wird es über den polnischen Publisher 11 Bit Studios. [5][Odd
Meter], ursprünglich ein russisches Studio, sprach sich offen gegen den
Ukrainekrieg aus und emigrierte nach Kasachstan. Dem eigenen Land und auch
der russisch-orthodoxen Kirche steht das Studio äußerst kritisch gegenüber.
„Viele der Probleme des modernen Russlands haben ihre Ursache in dem
soziopolitischen Infantilismus, der seinen Bewohnern seit Jahrhunderten
eingehämmert wird: Demut, Gehorsam und Geduld sind die wichtigsten
Tugenden, die uns von unserer orthodoxen Kultur aufgedrückt werden.
Es ist also nicht überraschend, dass Institutionen wie die
russisch-orthodoxe Kirche in letzter Zeit erstklassige Propagandawaffen
abgeben, Gläubige zum Sterben für ihr Heimatland aufrufen und eine
monströse Gleichgültigkeit gegenüber dem eigenen Leben und dem anderer
Menschen predigen“, so Dmitry Svetlow, der Game Director des Spiels und
zugleich Gründer von Odd Meter. Der Publisher 11 Bit Studios hat sich durch
anspruchsvolle und kritische Spiele mit einer starken politischen Erzählung
einen Namen gemacht. „Indika“ steht damit direkt neben wichtigen Spielen
wie „Frostpunk“, „South of the Circle“ und „[6][This War of Mine]“.
Man kann das Abenteuer der Nonne in rund fünf Stunden beenden. Lässt man
sich Zeit, kommt man bestenfalls auf sechs Stunden. Doch ist „Indika“ ein
Erlebnis, das nicht in seiner bloßen Stundenzahl zu fassen ist. Das Spiel
wird einem mit seinen Stilbrüchen und dem diabolischen Zusammenspiel aus
Nonne und Teufel lange in Erinnerung bleiben.
2 May 2024
## LINKS
[1] /Nonne-ueber-ihr-Leben-im-Kloster/!5517752
[2] https://www.youtube.com/watch?v=GR5yBSiUwQ4
[3] /Konflikt-in-russisch-orthodoxer-Kirche/!5837064
[4] /Kafka-in-der-ARD/!5996326
[5] https://odd-meter.com/
[6] /Computerspiel-This-War-of-Mine/!5025654
## AUTOREN
Martin Seng
## TAGS
Computerspiel
Russische Literatur
Religion
Serien-Guide
Games
Call of Duty
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