# taz.de -- 29-Euro-Ticket: Gibt Berlin bayerisches Geld aus? | |
> Für den billigen ÖPNV in der Hauptstadt müsste letztlich Bayern | |
> aufkommen, klagt der dortige Verkehrsminister. Was daran stimmt – und was | |
> nicht. | |
Bild: U-Bahn der Berliner Verkehrsbetriebe am Bahnhof Kottbusser Tor | |
„In Bayern können wir das Angebot im ÖPNV nur mit einem tiefen Griff in die | |
Staatskasse aufrechterhalten, während Berlin als Hauptempfänger des | |
Länderfinanzausgleichs quasi mit bayerischem Geld einen Gesamtrabatt für | |
alle Fahrgäste finanziert“, sagte Bayerns Verkehrsminister Christian | |
Bernreiter (CSU) dem [1][Tagesspiegel]. „So etwas geht letztlich auch auf | |
Kosten des Deutschlandtickets.“ | |
Berlins Senat hatte zuvor angekündigt, dass es in der Hauptstadt ab dem 1. | |
Juli 2024 ein Nahverkehrsticket für 29 Euro im Monat geben soll – | |
erhältlich im Jahresabo und gültig im Tarifbereich AB, innerhalb der | |
Berliner Stadtgrenze. Haben die Bayern Recht mit ihrer Kritik? | |
Berlin erhielt 2023 mit rund 3,8 Milliarden Euro am meisten Geld aus dem | |
Länderfinanzausgleich. [2][Bayern zahlte mit rund 9 Milliarden Euro am | |
meisten in den Topf ein], das zeigen die vorläufigen Zahlen des | |
Bundesfinanzministeriums. Aufgabe des Mechanismus ist es, die | |
unterschiedlich hohen Steuereinnahmen der Bundesländer auszugleichen. | |
Bayern ist nicht das einzige Geberland, auch Hessen, Rheinland-Pfalz, | |
Hamburg und Baden-Württemberg gehören dazu. Was mit dem Geld passiert, das | |
sie abgeben, können sie nicht entscheiden. Es steht den Empfängerländern, | |
also Berlin und den zehn Restlichen, einfach als Teil ihres Haushalts zur | |
Verfügung. Dass Berlin besonders bayerisches Geld ausgebe, ist also nicht | |
belegbar. | |
## Wenig Geld für den ÖPNV in Bayern | |
Was ist mit dem „tiefen Griff in die Staatskasse“, der in Bayern laut | |
Verkehrsminister Bernreiter für den ÖPNV nötig ist? Die bayerische | |
Regierung gibt vergleichsweise wenig Geld pro Einwohner:in für den | |
Nahverkehr aus. 2022 waren es laut Bundesverkehrsministerium 211 Euro pro | |
Kopf – nur 41 Euro davon kamen aus dem Landeshaushalt, der Rest von | |
Kommunen und Bund. Sieben Länder investierten in dem Jahr noch weniger in | |
den ÖPNV; Berlin lag mit 463 Euro pro Nase an der Spitze, 323 Euro steuerte | |
das Land bei. | |
Jetzt will der Berliner Senat jährlich 300 Millionen Euro in das | |
29-Euro-Ticket stecken. Für das 49-Euro-Ticket zahlen die Länder zusammen | |
1,5 Milliarden Euro pro Jahr. Für seinen Anteil kommt Berlin weiterhin auf. | |
„Auf Kosten des Deutschlandtickets“, wie Bernreiter sagt, könnte das | |
Berlin-Abo dann gehen, wenn viele der fast 900.000 Hauptstädter:innen, die | |
aktuell ein 49-Euro-Ticket haben, zum 29-Euro-Ticket wechseln. | |
Denn je mehr Deutschlandticket-Abos verkauft werden, desto mehr Geld kommt | |
zusammen, um den Preis möglichst lange zu halten. Kündigungen der | |
Berliner:innen, die fast ein Zehntel der Kund:innen ausmachen, würden dem | |
entgegenwirken. Doch der Preis muss auch dann nicht zwingend steigen – | |
falls Bund und Länder zu höheren Zuschüssen bereit wären. | |
Hinweis: Dieser Artikel erschien in der Printausgabe in einer kürzeren | |
Version. In der Onlineversion wurde am 20. April 2024 um 9:57 Uhr ergänzt, | |
dass Bayern nicht das einzige Geberland ist und wie viel Berlin 2022 pro | |
Einwohner:in für den ÖPNV ausgab. | |
19 Apr 2024 | |
## LINKS | |
[1] https://www.tagesspiegel.de/berlin/mit-bayerischem-geld-finanziert-freistaa… | |
[2] /Laenderfinanzausgleich-und-29-Euro-Ticket/!6001908 | |
## AUTOREN | |
Nanja Boenisch | |
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