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# taz.de -- Frauen in der Politik: Vorn und doch weit hinten
> In Mexiko haben Frauen das politische Sagen, in Japan sind sie im
> Parlament kaum vertreten. Das zeigt die neue Studie einer Berliner
> Wirtschaftshochschule.
Bild: Die mexikanische Präsidentschaftskandidatin Xochitl Galvez mit ihren Unt…
Man will diese Zahl einfach nicht mehr lesen: 130 Jahre. 130 Jahre dauert
es dem [1][Global Gender Gap Report] zufolge, bis Frauen den Männern
weltweit gleichgestellt sind. Die [2][UN-Frauenrechtsorganisation] geht
sogar von 283 Jahren aus. Die Ungerechtigkeitslücken sind so vielfältig wie
die Lebensrealitäten von Frauen: Erwerbsarbeit und deren Entlohnung,
[3][Armut und Rente], Familienzeit und Care-Arbeit, Führungspositionen und
Teilzeit, Partnerschafts- und sexualisierte Gewalt, Bildung und
[4][reproduktive Rechte]. Die Liste lässt sich beliebig fortsetzen.
Und natürlich politische Teilhabe. Ohne Frauen in der Politik bewegt sich
nichts in Sachen Gleichstellung. Nach wie vor sind Frauen ihre eigene und
fast einzige Lobbygruppe. Und wie jetzt eine neue Studie der privaten
[5][Berlin School of Business und Innovation] zum Anteil von Frauen in
politischen Institutionen zeigt, ist der Ausblick auf 130 Jahre vermutlich
noch untertrieben. Laut der Studie, die der taz exklusiv vorliegt, sind
Frauen in Parlamenten, Abgeordnetenhäusern, Ausschüssen und Gremien der
zwanzig Staaten mit dem größten Bruttoinlandsprodukt unterrepräsentiert.
Das verwundert keineswegs, aber es gibt Überraschungen. So führt Mexiko das
Ranking von Frauen in politischen Ämtern insgesamt an: Dort haben mehr
Frauen als Männer politische Posten inne. Gefolgt von Spanien und den
Niederlanden mit über 44 und knapp 39 Prozent. [6][Deutschland landet auf
Platz 7]: Gut 35 Prozent der politischen Ämter sind mit Frauen besetzt.
Schlusslichter sind Russland (16 Prozent), Indien (knapp 15 Prozent), Japan
(10 Prozent).
Die Studie untersuchte zudem, wie groß der Frauenanteil in Gremien ist, die
sich dezidiert mit Geschlechtergerechtigkeit befassen. Auch hier liegt
Mexiko vorn: Dort sind es ausschließlich Frauen, die sich um Frauenrechte
und Gleichstellung kümmern. In Kanada, Großbritannien und Russland ist
jeweils ein Mann dabei – neben wenigen Frauen. Australien, Italien und die
Niederlande haben erst gar keine Einrichtungen, die sich dezidiert einer
gendergerechten Entwicklung verschrieben haben. In China, Japan, Indonesien
geben vor allem Männer vor, wie es mit der Gleichstellung weitergehen soll.
In Italien, wo nur die Hälfte der Frauen erwerbstätig ist und Care-Arbeit
mangels staatlicher Unterstützung hauptsächlich durch die Familie, also
Frauen, gewährleistet werden muss, traf zu Beginn des Jahres ein 40
Sekunden kurzer Film den Nerv der Nation. Zur besten Sendezeit landete ein
Werbeclip einen feministischen Coup: Eine Frau versucht, einen Ausgang aus
einem Labyrinth zu finden, also raus aus dem Gefängnis aus Hausfrauendasein
und Mutterschaft. Sie schafft es nicht, verliert die Geduld, nein, sie wird
so wütend, dass sie ihren Hackenschuh abstreift und mit Wucht gegen die
Mauer schlägt.
Wie sehr Italiens Frauen das Patriarchat satt haben, zeigt der aktuelle Run
auf den Film [7][„Morgen ist auch noch ein Tag“,] der in Italien einen
größeren finanziellen Erfolg hatte als der Kassenschlager „Barbie“. Und w…
macht die Frau an Italiens Spitze? Sie arbeitet an der Verfestigung
traditioneller Rollenmodelle. So sollen die Schulen auf Geheiß von
[8][Ministerpräsidentin Giorgia Meloni] eine Männerquote bekommen. Momentan
liegt der Frauenanteil in den weiterführenden Schulen bei 83 Prozent, an
Grundschulen bei 95 Prozent.
Mexiko hingegen hatte vor rund 30 Jahren damit begonnen, Quotenvorgaben für
Kandidat:innen politischer Ämter einzuführen. Seit Ende der 1990er
Jahre schreibt das mexikanische Wahlrecht einen Mindestanteil von 30
Prozent Frauen bei allen Abgeordnetenhaus- und Senatsplätzen vor. Doch der
hohe Frauenanteil an politischen Schaltstellen ändert nichts am Machismo im
Land. In keinem Land der Welt müssen Frauen so sehr um ihr Leben fürchten
wie in Mexiko. Jeden Tag werden dort [9][etwa zehn Frauen ermordet], meist
durch ihre Partner oder Expartner. Allein die Zahl der Femizide zeigt, wie
entfernt das Land von einer echten Gleichstellung und Gendergerechtigkeit
nach wie vor ist.
5 Apr 2024
## LINKS
[1] https://www.weforum.org/publications/global-gender-gap-report-2023/
[2] https://news.un.org/en/story/2022/09/1126171
[3] /Altersarmut-bei-Frauen/!5993661
[4] /Juristin-ueber-Abtreibungen/!5978634
[5] https://www.berlinsbi.com/de
[6] /Reform-des-Wahlrechts/!5907385
[7] https://www.youtube.com/watch?v=dD8ru7mFXuo
[8] /Regionalwahlen-in-Italien/!5995217
[9] /Buch-ueber-Femizide-in-Mexiko/!5940591
## AUTOREN
Simone Schmollack
## TAGS
Gleichstellung
Frauen
Gender Pay Gap
Gewalt gegen Frauen
Schwerpunkt Femizide
Schwerpunkt Abtreibung
Emanzipation
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