Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Schwere Kämpfe in der Ostukraine: Russland rückt weiter vor
> An mehreren Frontabschnitten nehmen die russischen Truppen neue Gebiete
> ein. Der Ukraine mangelt es an Munition zur Verteidigung.
Bild: Die ukrainische Armee gerät im Osten verstärkt unter Druck, wie hier in…
Berlin taz | Die Lage an der Kriegsfront ist für die ukrainische Armee
derzeit extrem schwierig. Einer der Hauptgründe dafür ist der
Munitionsmangel und die verspätete Lieferung der von den Partnern der
Ukraine versprochenen Hilfe. Russland greift an mehreren Frontabschnitten
gleichzeitig an und bereitet parallel eine neue Offensive in der Region
Donezk vor. Die Ukraine befindet sich in einem strategischen
Verteidigungszustand.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte kürzlich [1][in einem
Interview mit CBS News], dass eine russische Offensive für Ende Mai oder
Juni erwartet werde. Kyrylo Budanow, der Chef des ukrainischen
Militärgeheimdienstes, bestätigte in einem Interview mit der ARD, dass sich
die Ukraine auf diese Offensive im Donbass vorbereite. Hauptziele Russlands
seien die Einnahme der Stadt Tschassiw Jar und der weitere Vormarsch auf
die Stadt Pokrowsk – zwei strategische Orte im noch von der Ukraine
kontrollierten Teil der Region Donezk.
## Russischer Durchbruch bei Awdijiwka
Nachdem es der russischen Armee im Februar nach monatelangen Versuchen
gelungen war, die Verteidigungslinie bei der Stadt Awdijiwka nahe Donezk zu
durchbrechen und die Stadt, die sich seit 2014 an der Kriegsfront befand,
einzunehmen, versucht sie ihr Offensivpotential in diese Richtung weiter
auszubauen. Langsam aber sicher rücken die russischen Truppen westlich von
Awdijiwka vor. Sie erobern nicht nur zerstörte Dörfer, sondern dringen vor
allem tiefer in das ukrainisch gehaltene Gebiet ein.
Derzeit sind die russischen Truppen noch 40 Kilometer von Pokrowsk
entfernt, ein wichtiges logistisches Zentrum für die ukrainische
Verteidigung. Um in diese Stadt vorzudringen, müssen die Russen die neuen
Verteidigungslinien durchbrechen, die die ukrainischen Truppen [2][seit dem
Abzug aus Awdijiwka] unter ständigem russischen Artilleriefeuer westlich
der Stadt aufgebaut haben.
Neben Awdijiwka bezeichnet [3][der ukrainische Armeechef Oleksandr Syrskyj]
die Lage in zwei weiteren Frontabschnitten in der Region Donezk als
schwierig.
## Frontabschnitt zwischen Bachmut und Tschassiw Jar
Der eine ist [4][Bachmut, das im Mai 2023 nach langer Belagerung und
Zerstörung von den russischen Truppen erobert wurde]. Seither konnten die
russischen Truppen nur wenig in die Ruinen der umliegenden Dörfer
vordringen. Die nächste ukrainische Festung auf ihrem Weg nach Westen ist
nun die Stadt Tschassiw Jar, in deren Außenbezirke die russischen
Besatzungstruppen in der vergangenen Woche eingedrungen sein sollen.
Sollte es den russischen Streitkräften gelingen, Tschassiw Jar einzunehmen,
wären sie nur noch zehn Kilometer von der größeren Stadt Kostjantyniwka
entfernt, die den Weg zu den noch größeren Städten Kramatorsk und Slowjansk
ebnet, die letzten größeren Städte unter ukrainischer Kontrolle im Donbass.
Einfach ist das nicht. Die Straße von Bachmut nach Tschassiw Jar überquert
einen Wasserkanal, der eine natürliche Barriere darstellt. Außerdem liegt
Tschassiw Jar auf einem Hügel, was die Einnahme der Stadt ebenfalls
erschwert. Allerdings haben die Russen in diese Richtung ihre besten
Luftlande- und Luftangriffsbrigaden stationiert, was auf die immense
Bedeutung dieser Richtung für sie hinweist.
Es werden im Umland von Tschassiw Jar jetzt täglich heftige Kämpfe
gemeldet. In Wiederholung seines Standardszenarios zur Eroberung von
Städten rückt Russland von Nordosten und Südosten gleichzeitig vor und
versucht, Tschassiw Jar einzukesseln, während es die Stadt aus der Luft
bombardiert.
Darüber hinaus haben die russischen Streitkräfte einen [5][Vorteil bei der
Artillerie] und verlassen sich auf die Unterstützung durch ihre taktische
Luftwaffe. Die ukrainischen Streitkräfte hingegen leiden nicht nur unter
einem Mangel an Artilleriegeschossen, sondern auch unter Problemen mit
Luftabwehrsystemen kurzer Reichweite. Diese Faktoren und ein erheblicher
russischer Personalvorteil deuten darauf hin, dass die Verteidigung von
Tschassiw Jar praktisch mit bloßen Händen erfolgen wird.
## Frontabschnitt bei Wuhledar
Der dritte Frontabschnitt, an dem die Russen immer wieder versuchen, die
ukrainische Verteidigungslinie zu durchbrechen, liegt [6][südwestlich von
Donezk in der Nähe der Stadt Wuhledar]. Seit zwei Jahren versuchen die
russischen Streitkräfte, diese kleine, aber gut befestigte Stadt
einzunehmen. Kein Gebäude ist mehr unbeschädigt, von den 17.000 Einwohnern
vor dem Krieg sind nur noch wenige Hundert übrig. Bei jedem Versuch, die
Stadt einzunehmen, erleiden die russischen Truppen große Verluste an
Menschen und schwerer Ausrüstung, die in den Minenfeldern explodiert.
Diesmal beschlossen die Besatzungstruppen, nördlich von Wuhledar das Dorf
Nowomychajliwka einzunehmen. Es gelang ihnen, das befestigte Dorf von
Norden und Süden zu umzingeln, sodass sie nun im Zentrum des Dorfes kämpfen
können. Gleichzeitig aber wird die Einnahme von Nowomychajliwka nicht zu
einer sofortige Einnahme von Wuhledar führen, sondern eher weitere blutige
Kämpfe bedeuten.
Darüber hinaus wehren die ukrainischen Streitkräfte regelmäßig russische
Angriffe an anderen Stellen der Frontlinie ab. Zum Beispiel an der Grenze
zwischen den Regionen Luhansk und Donezk in der Nähe der Stadt Kreminna, in
der Region Saporischschja in der Nähe des im Sommer 2023 von der Ukraine
zurückeroberten Robotyne und Verbove und in der Region Cherson im Dorf
Krynki, wo die ukrainischen Streitkräfte den Fluss überqueren konnten und
immer noch einen Sektor halten. Obwohl diese Angriffe nicht zu einem klaren
Vorrücken der russischen Streitkräfte führen, könnte ihr Ziel darin
bestehen, die ukrainischen Einheiten aufzuhalten und zu schwächen.
## Katastrophale Munitionssituation
Der russische Präsident Wladimir Putin hat seiner Armee bereits zweimal
einen Zeitrahmen für die Eroberung des gesamten Territoriums der Region
Donezk gesetzt: zunächst bis Herbst 2022, dann bis 1. März 2023. Aber die
russischen Truppen sind davon noch weit entfernt. Es deutet sich an, dass
die ukrainische Ostfront in naher Zukunft schwierig bleiben und der Kampf
um wichtige Städte weitergehen wird.
Doch das Magazin Politico berichtet unter Berufung auf anonyme Quellen in
der ukrainischen Militärführung, dass ein hohes Risiko bestehe, dass die
Front in einigen Abschnitten zusammenbricht, wenn die katastrophale
Munitionssituation der Ukraine bis zum Beginn der russischen
Sommeroffensive anhält. Laut Selenskyj hat die Ukraine einen Plan für eine
eigene Gegenoffensive. Er erklärte jedoch auch unverblümt, dass die Ukraine
den Krieg verlieren und Russland weiter in die Nachbarländer vordringen
werde, wenn der US-Kongress nicht bald ein militärisches Hilfspaket für die
Ukraine beschließe.
10 Apr 2024
## LINKS
[1] https://www.youtube.com/watch?v=TxNghKQUrF8
[2] /Krieg-gegen-die-Ukraine/!5992864
[3] /Portraet-General-Syrskyj/!5991473
[4] /Kampf-um-Bachmut/!5933141
[5] /In-Luhansk-an-der-Front/!6000045
[6] /Zwei-Jahre-Krieg-gegen-die-Ukraine/!5991716
## AUTOREN
Anastasia Magasowa
## TAGS
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Bachmut
Donezk
Ostukraine
Wolodymyr Selenskij
GNS
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Charkiw
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
## ARTIKEL ZUM THEMA
Krieg gegen die Ukraine: Charkiw unter Dauerfeuer
Seit Wochen greift Russland die ostukrainische Stadt an. Jüngstes Beispiel:
der zerstörte Fernsehturm. Hinzu kommen Befürchtungen vor einer Invasion.
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Habeck auf Kurzbesuch in Kyjiw
Der Wirtschaftsminister wirbt für deutsche Investitionen. Nach der
Festnahme mutmaßlicher Spione bestellt das Auswärtige Amt Russlands
Botschafter ein.
Russische Luftangriffe auf die Ukraine: Leben unter Dauerbeschuss
Tag für Tag greift Russland die Millionenstadt Charkiw an. Unser Autor lebt
dort und erzählt von einem Alltag ohne Strom und unter Dauerbeschuss.
Rekrutierung in der Ukraine: Kyjiw macht mobil
Das ukrainische Parlament hat das lange erwartete Mobilmachungsgesetz
verabschiedet. Es ist höchst umstritten und tritt am 1. Juni in Kraft.
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Aufruf zu mehr Waffenlieferungen
Russland hat erneut die Energieinfrastruktur der Ukraine angegriffen. Die
ukrainische Friedensnobelpreisträgerin Oleksandra Matwijtchuk fordert mehr
Waffenlieferungen.
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Furcht vor russischer Offensive
Der ukrainische Präsident Selenskyj fordert einen Schutzwall für Charkiw.
Großbritanniens Außenminister Cameron will in den USA um Militärhilfe
werben.
Verschärfte Mobilmachung in der Ukraine: Zunehmend kriegsmüde
Gut zwei Jahre Krieg zermürben die Männer an der Front und ihre Familien
daheim. Selenskyjs neue Kriegsgesetze dürften kaum auf Zustimmung stoßen.
Wehrpflicht in der Ukraine: Mehr Soldaten für Kyjiws Armee
In der Ukraine gelten ab sofort neue Regelungen für die Mobilmachung. Das
Einberufungsalter sinkt von 27 auf 25 Jahre.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.