# taz.de -- Sprengsatzfund in Halle: Nur Zufall verhindert neuen Terror | |
> Als die Polizei in Sachsen-Anhalt eine Wohnung durchsucht, stolpert sie | |
> über einen Sprengsatz. Ein Mann plante offenbar einen rassistischen | |
> Anschlag. | |
Bild: Die Polizei hat in einer Wohnung in Halle einen wohl zündfähigen Spreng… | |
BERLIN taz | Der Innenausschuss in Sachsen-Anhalt beschäftigt sich am | |
Donnerstag mit einer Bombe. Den Sprengkörper hatte die Polizei bei einer | |
Festnahme in Halle (Saale) am vergangenen Wochenende entdeckt. Sie geht | |
beim Täter von einem extrem rechten Hintergrund aus. | |
Sebastian Striegel, innenpolitischer Sprecher der Grünen in Sachsen-Anhalt, | |
sieht noch Klärungsbedarf. Seine Fraktion hat bei der Landesregierung einen | |
Bericht beantragt. „Hatten die Behörden den Täter schon vorher auf dem | |
Schirm? Das ist eine der Fragen, die wir als Grüne dem Innenministerium | |
stellen wollen.“ | |
Bekannt ist bereits: Der 36-jährige Hallenser, bei dem die Bombe gefunden | |
wurde, hatte selbst auf sich aufmerksam gemacht. Am vergangenen Samstag | |
rief er rassistische Parolen aus dem Fenster und trug dabei eine | |
vermeintliche Waffe bei sich, so berichtet es die Staatsanwaltschaft Halle. | |
Die Polizei habe ihn daraufhin festgenommen und seine Wohnung durchsucht. | |
Die vermeintliche Waffe stellte sich zwar als Spielzeuggewehr heraus. Doch | |
die Beamten fanden rassistische Schriftstücke und Abbildungen – sowie den | |
„unkonventionellen“, aber funktionsfähigen Sprengsatz, heißt es von der | |
Staatsanwaltschaft. | |
## „Rechter Terror ist real“ | |
Die Ermittlungen dauern derzeit an. Darum möchte sich die | |
Staatsanwaltschaft Halle nicht zu den Details äußern und ließ auch | |
unkommentiert, ob sich der Sprengsatz in einem Aluminiumkoffer befand, wie | |
die regionale Mitteldeutsche Zeitung berichtet. Aber die Staatsanwaltschaft | |
macht deutlich: „Wir gehen davon aus, dass er andere aus rassistischen und | |
rechtsextremen Gründen töten wollte.“ | |
Der Täter war der Polizei bekannt und vorbestraft, allerdings nicht wegen | |
politischer Delikte. Auf taz-Anfrage beim Landesinnenministerium hieß es | |
lediglich, man müsse die Informationen erst selbst in Erfahrung bringen. | |
Die Linkenpolitikerin Henriette Quade findet: „Man muss froh sein, dass es | |
zum Polizeieinsatz gekommen ist, bei dem der Sprengsatz gefunden wurde.“ | |
Der Fall zeige noch einmal deutlich: „Die Gefahr des rechten Terrors ist | |
real und alltäglich.“ [1][Rassismus sei ein zunehmendes Problem]. | |
Das belegt auch die am Mittwoch veröffentlichte Polizeistatistik zu | |
politisch motivierter Kriminalität in Sachsen-Anhalt. Rechte Straftaten | |
erreichten demnach [2][2023 einen neuen Höchststand]. Von den insgesamt | |
3.019 erfassten Fällen ordnet die Polizei 2.036 als rechts ein. | |
Innenministerin Tamara Zieschang (CDU) erklärte dazu: „Die stetige Zunahme | |
von rechtsmotivierten Straftaten ist sehr ernst zu nehmen.“ | |
Von einer zunehmenden „Gefahr für Menschen, die von Rassisten und | |
Antisemiten als Feindbilder deklariert werden“, berichtet auch Antje Arndt, | |
Projektleiterin der „Mobilen Beratung für Opfer rechter Gewalt“ in | |
Sachsen-Anhalt. Die Beratung veröffentlicht am Donnerstag ihre Jahresbilanz | |
zu rechter Gewalt – und die deuteten ebenfalls darauf hin. Arndt stört | |
allerdings teilweise die Berichterstattung über den aktuellen Fall. | |
## 2019: Terroranschlag auf Synagoge in Halle | |
Der MDR schrieb etwa von Problemen mit „Afrikanern“, die in der | |
Nachbarschaft des Täters leben. „Dass Medien jetzt einen Zusammenhang | |
suchen mit vermeintlicher Kriminalität von Migranten als Ursache, ist nicht | |
nur realitätsfremd, sondern auch gefährlich.“ | |
Doch insgesamt halte sich die Medienaufmerksamkeit in Grenzen, findet | |
zumindest dem Grünenpolitiker Striegel. „Dafür, dass in Halle erneut ein | |
rechtsextremer und rassistischer Terroranschlag geplant war und diese Pläne | |
nur zufällig aufgedeckt wurden, ist es bisher gesellschaftlich viel zu | |
ruhig.“ | |
Am [3][9. Oktober 2019 hatte ein bewaffneter 27-Jähriger] erfolglos | |
versucht, in die Synagoge in Halle einzudringen. Dort wollte er jüdische | |
Menschen ermorden. Nachdem er nicht durch die Tür gekommen war, erschoss er | |
zwei Passant:innen und verletzte auf seiner Flucht weitere schwer. | |
Henriette Quade hofft, dass Behörden beim aktuellen Täter genau hinschauen, | |
die Onlinevernetzung prüfen und darauf achten, ob die gefundenen Schriften | |
auf Organisationen oder Partner deuten. „Wie schon beim Anschlag vom 9. | |
Oktober, sehen wir auch hier: rechter Terror braucht keine organisierten | |
Strukturen im Sinne der 90er.“ | |
10 Apr 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Protest-gegen-die-AfD/!5985428 | |
[2] https://mi.sachsen-anhalt.de/das-ministerium/presse/details?tx_tsarssinclud… | |
[3] /Vierter-Jahrestag-des-Halle-Anschlags/!5965543 | |
## AUTOREN | |
David Muschenich | |
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