# taz.de -- Studie über Kitas in Deutschland: Es hapert bei der Sprachförderu… | |
> Der Deutsche Kitaleitungskongress hat seine Studie zu Kitas vorgestellt. | |
> Vor allem die Sprachförderung steht im Vordergrund. | |
Bild: Vorkurs Deutsch | |
BERLIN taz | Fachkräftemangel, zu wenig Zeit für zu viele | |
Verwaltungsaufgaben, und ein nicht zu bewältigender Auftrag der | |
Sprachförderung aus der Politik: Das sind die größten Probleme, die sich | |
Kitaleitungen in Deutschland aktuell gegenüber gestellt sehen. Der | |
[1][Deutsche Kitaleitungskongress] hat in Düsseldorf die Ergebnisse seiner | |
jährlich erhobenen [2][Studie] unter Kitaleitungen vorgestellt. Mehr als | |
3.000 Kitaleitungen haben sich 2023 daran beteiligt. | |
„Wenn die politisch Verantwortlichen wirklich wollen, dass die | |
[3][Beschäftigten in den Kitas ihrem Bildungsanspruch gerecht werden] | |
können, dann gibt es nur die eine richtige Schlussfolgerung: Die | |
pädagogische Arbeit, die in den Kitas geleistet wird, muss in allen | |
Bereichen wertgeschätzt werden“, fordert Anne Deimel, Landesvorsitzende des | |
Verbandes Bildung und Erziehung (VBE) Nordrhein-Westfalen. | |
Wertschätzung ist den Kitaleitungen ein wichtiges Anliegen: Zwar fühlen | |
sich über 99 Prozent von Kindern, über 88 Prozent von Trägern sowie von | |
Eltern und Familien laut der DKLK-Studie wertgeschätzt. Allerdings | |
empfinden nur wenige Kitaleitungen eine Wertschätzung durch die Politik: | |
Nur circa 13 Prozent fühlen sich durch die Bundespolitik gewertschätzt. | |
Eine Wertschätzung durch Politiker auf kommunaler Ebene empfinden immerhin | |
über 41 Prozent. | |
Auch von den Medien fühlen sich lediglich 37 Prozent der Kitaleitungen | |
gewertschätzt. Das liege vor allem an einer negativen Berichterstattung | |
über die Situation in deutschen Kitas. Eine Teilnehmerin der | |
Pressekonferenz in Düsseldorf, selbst langjährige Erzieherin in | |
Nordrhein-Westfalen, findet, die Medien sollten nicht nur über fehlendes | |
Personal und unzureichende Bezahlung im Erzieherberuf berichten, sondern | |
auch über die positiven Seiten des Kita-Alltags. Außerdem betont die | |
Erzieherin, dass die Gehälter in Erzieherberufen in den letzten Jahren | |
durchaus gestiegen seien. | |
## Schwerpunkt: Sprachliche Bildung | |
Die positiven Seiten, von denen die Teilnehmerin sprach, schlagen sich auch | |
in den aktuellen Studienergebnissen nieder: So üben 60 Prozent der | |
Kitaleitungen ihre Leitungstätigkeit sehr gerne oder überwiegend gerne aus, | |
über ein Viertel der Befragten gab an, dass sich das Empfinden, wie gern | |
die Leitungstätigkeit ausgeübt wird, die Waage hält. | |
Ein Schwerpunkt der Erhebung lag diesmal auf dem Thema „sprachliche | |
Bildung“. Tomi Neckov, stellvertretender Bundesvorsitzender des VBE, | |
kritisierte eine unterkomplexe Forderung in Teilen der Politik, nach der | |
Kinder mit nicht ausreichenden Deutschkenntnissen nicht eingeschult oder | |
nicht gemeinsam mit deutschsprachigen Kindern unterrichtet werden sollten. | |
Neckov spricht dabei von einer Art „Kita-Abitur“, mit dem | |
nicht-deutschsprachige Kinder abgestraft würden. | |
Er fordert „ein Umdenken in der Politik: Jedes Kind muss eingeschult | |
werden“. Über die reine Diagnostik in Form von Sprachstandstests hinaus | |
müssten darauf auf praktische Maßnahmen folgen. Als eine Möglichkeit, | |
mithilfe derer die frühkindliche Sprachkompetenz besser gefördert werden | |
könnte, nennt Neckov die Anwerbung von Fachkräften mit anderen als | |
deutschen Sprachkenntnissen. | |
Die Studie zeigt: Im Durchschnitt spricht die Gesamtheit der Kinder einer | |
Kita mindestens sechs Sprachen, die Gesamtheit der Fachkräfte einer Kita | |
hingegen etwa drei und damit halb so viele Sprachen. Um dieser Diskrepanz | |
gerecht zu werden, bräuchte es in den Kitas genug pädagogisch und fachlich | |
geschultes Personal. Fachkräfte sind jedoch im Erziehungs-Sektor ebenso rar | |
wie in vielen anderen Bereichen, das geben auch die Kitaleitungen in der | |
DKLK-Studie an: Über 84 Prozent gaben an, dass sich der Personalmangel in | |
den letzten zwölf Monaten verschärft hat und es noch schwieriger geworden | |
ist, offene Stellen mit passenden Bewerber:innen zu besetzen. | |
## Unzureichender Fachkraft-Kind-Schlüssel | |
Gleichzeitig zeigen die Zahlen, dass mit über 52 Prozent ein Großteil der | |
Kitaleitungen mehr arbeitet, als vertraglich festgelegt. Der Personal- und | |
Zeitmangel in den Kitas äußert sich vor allem in einer [4][unzureichenden | |
Fachkraft-Kind-Relation]: So kommen in der überwiegenden Mehrheit der Kitas | |
auf eine Fachkraft im U3-Bereich durchschnittlich 5,3 Kinder, | |
wissenschaftlich empfohlen ist jedoch eine Relation von 1 zu 3. Im | |
Ü3-Bereich wird ein Fachkraft-Kind-Schlüssel von 1 zu 7,5 empfohlen, die | |
Studie weist allerdings eine tatsächliche Relation von 1 zu 10,8 aus. | |
[5][Schon jetzt sind die Kitas in Deutschland also unterbesetzt] und können | |
keine fachgerechte Betreuung gewährleisten. Tomi Neckov appelliert deshalb | |
an die Politik: „Wann und wie soll die sprachliche Bildung verbessert | |
werden?“ Um die sprachliche Bildung in Kitas trotz Personal- und Zeitmangel | |
zu verbessern, fordert der VBE unter anderem eine von Bund, Ländern und | |
Kommunen getragene Fachkräfteoffensive, die leichtere Anerkennung | |
ausländischer Abschlüsse, nachhaltige Investitionen in Ausstattung und | |
Personal sowie eine Anpassung der Leitungszeit an den tatsächlichen Bedarf | |
der Kitaleitungen. | |
Auf die große Bedeutung frühkindlicher Sprachförderung, und zwar nicht | |
allein der deutschen Sprache, macht auch Ilka Maserkopf aufmerksam. Die | |
stellvertretende Vorsitzende des Vereins Frühe Mehrsprachigkeit an Kitas | |
und Schulen fordert von der Politik, aber auch der Gesamtgesellschaft eine | |
höhere Wertschätzung der sprachlichen Kompetenzen: „Wir müssen in unserer | |
Gesellschaft die Ressourcen, die sich durch Mehrsprachigkeit bieten, besser | |
wertschätzen.“ | |
Sie kritisiert, dass in einigen Kitas nicht-deutschsprachigen Kindern | |
mitunter sogar das Sprechen in ihrer Muttersprache verboten werde. | |
Stattdessen sollte bereits in den Kitas die Mehrsprachigkeit der Kinder | |
gefördert werden: „Wir haben so viele Nachbarländer, wir könnten in unserer | |
Gesellschaft sehr von einer höheren Mehrsprachigkeit profitieren.“ Doch | |
natürlich sieht auch Maserkopf, dass eine solche Sprachförderung, die sogar | |
über die rein deutsche Förderung hinausgeht, mehr Personal und Kompetenzen | |
erfordert. | |
19 Mar 2024 | |
## LINKS | |
[1] https://deutscher-kitaleitungskongress.de/ | |
[2] https://deutscher-kitaleitungskongress.de/digitale-pressemappe-2024/ | |
[3] /Betreuung-in-Niedersachsens-Kitas/!5995102 | |
[4] /Mangel-an-Kitaplaetzen/!5932579 | |
[5] /Krise-in-den-Kitas/!5969612 | |
## AUTOREN | |
Paula Schöber | |
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