Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Militärische Altlasten in Oldenburg: Sondermüll am Schießstand v…
> Nach dem Korruptionsverdacht bei der Sanierung eines Fliegerhorstes gibt
> es neue Vorwürfe. Es soll zu Verstößen gegen den Umweltschutz gekommen
> sein.
Bild: Berge von Schutt liegen am Rand des ehemaligen Militärgeländes
Oldenburg taz | Die GPS-Position ist eindeutig: 53 Grad, 10 Minuten, 13
Sekunden Nord und 8 Grad, 10 Minuten, 39 Sekunden Ost. „Verseucht, alles
verseucht“, poltert der Fahrer des Radladers in einem Tonfall zwischen
Besorgnis und Verärgerung durch die sperrangelweit geöffnete Tür seiner
Kabine. Dazu macht er eine ausladende Armbewegung: „Asbest, überall
Asbest.“ Wenn man nicht schleunigst wieder hinter den Bauzaun trete, gebe
es richtig Ärger mit der Bauleitung.
Tatsächlich steht massiv Ärger ins Haus, allerdings nicht mit dem Polier,
sondern eher für den „Fachdienst Projekt Fliegerhorst“ der Oldenburger
Stadtverwaltung. Gegen einen Mitarbeiter der Abteilung [1][ermittelt seit
November die Osnabrücker Staatsanwaltschaft wegen Korruptionsverdachts],
außerdem soll ein externer [2][Sachverständiger doppelt kassiert haben] –
bei Auftraggeber und Auftragnehmer.
Jetzt kommt der Verdacht auf gravierende Verstöße gegen den Umweltschutz
hinzu. Dabei geht es nicht nur um Asbest, sondern auch um sogenannte PAK,
[3][polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe] und mit Treibstoff
verseuchten Boden.
Sei etwa sieben Jahren [4][saniert die Stadt Oldenburg den ehemaligen
Fliegerhorst] im nördlichen Stadtgebiet. Fast 55 Jahre lang waren dort
Kampfflugzeuge stationiert. Das Areal muss frei von militärischen Altlasten
sein, bevor die Flächen als Bauland verkauft werden können. Mehr als 3.000
Menschen sollen hier einmal leben.
## Illegal verbuddelt
Das Gelände wird deshalb Schritt für Schritt abgegraben, gesiebt und danach
wieder verfüllt. Es sind lukrative Aufträge für Kampfmittelräumer und
spezialisierte Firmen, die sich um den Abbruch der Hallen, Hangars und
Unterkünfte kümmern. Insgesamt hat die Sanierung bislang mehr als 40
Millionen Euro gekostet.
Beim Abbruch der militärischen Liegenschaften erleben die Firmen manchmal
Überraschungen. So förderten die Abrissbagger nach Angaben eines ehemaligen
Mitarbeiters des beauftragten Unternehmens unvermittelt Betonplatten und
Ziegel zu Tage, die im Bereich der Kellerwände mit einer dicken Schicht
Teer verklebt waren. Teer enthält PAK, die als krebserregend gelten, und
muss als Sonderabfall entsorgt werden.
Deshalb wurde der Bauschutt zunächst auf der ehemaligen
Flugzeugabstellfläche des Fliegerhorsts zwischengelagert. Laut Angaben des
Mitarbeiters habe sich herausgestellt, dass der Teer zwar vom Beton zu
trennen war, nicht aber von den Ziegelsteinen. Insgesamt habe es sich um
15.000 Tonnen belasteten Schutt gehandelt. Das war bei Auftragsvergabe
natürlich nicht einkalkuliert. Und nun stellte sich die Frage, wohin damit?
Nach Aussagen des ehemaligen Mitarbeiters der Baufirma soll er vom
„Fachdienst Projekt Fliegerhorst“ die Anweisung bekommen haben, das
PAK-belastete Material an dem früheren Schießstand auf dem Kasernengelände
einfach zu vergraben. Das ist illegal. Weil in dem Bereich keine Aushub-
und Bauarbeiten mehr stattfinden sollten, spiele es keine Rolle mehr, ob
das eingebrachte Material belastet ist, sei ihm von Mitarbeitern der Stadt
Oldenburg gesagt worden.
## Gras drüber
Also rollte schweres Gerät an und transportierte Berge an kontaminiertem
Schutt an den südlichen Rand des Areals. Und weil es scheinbar nicht mehr
darauf ankam, kippte man offensichtlich auch gleich mit Asbest und
Treibstoff verseuchte Erde dazu, noch mal rund 4.500 Tonnen. Die
Großtransporte sorgten für so viel Aufsehen, dass sich Spaziergänger und
Radfahrer hinter der nahen Umzäunung fragten, was dort eigentlich passiert.
Als der alte Schießstand zwischen den Schutzwällen schließlich meterhoch
verfüllt war, soll das städtische Gartenbauamt angewiesen worden sein, dort
zu planieren und Gras einzusäen.
Auf die Frage, ob die Stadt Oldenburg wisse, dass auf der Fläche des
ehemaligen Schießstandes belastetes Material vergraben worden ist,
antwortet ein Sprecher mit einem kurzen und klaren „Nein“. Er behauptet
außerdem, der „Fachdienst Projekt Fliegerhorst“ habe keine Anweisungen zum
Vergraben gegeben und es lägen alle erforderlichen Entsorgungsnachweise
vor.
Allerdings konnte die taz ein Schreiben an die Stadt einsehen, in der die
illegalen Vorgänge detailliert beschrieben werden. Die Staatsanwaltschaft
Osnabrück teilte dazu mit, die zuständige Umweltbehörde der Stadt Oldenburg
habe offenbar noch keine Bodenuntersuchungen veranlasst.
25 Mar 2024
## LINKS
[1] /Korruptionsverdacht-in-Oldenburg/!5993379
[2] /Neue-Korruptionsvorwuerfe-in-Oldenburg/!5996621
[3] /Biologe-ueber-Schadstoffe-in-der-Ostsee/!5948264
[4] /Planung-einer-Stadt/!5214961
## AUTOREN
Christina Gerlach
## TAGS
Oldenburg
Sanierung
Umweltverschmutzung
Oldenburg
Baustoffe
Gift
Schwerpunkt Korruption
Wilhelmshaven
Chemie
Oldenburg
Oldenburg
Oldenburg
Schwerpunkt Korruption
## ARTIKEL ZUM THEMA
Umweltskandal um Oldenburgs Fliegerhorst: Unter der Oberfläche stinkt's
Auf dem Fliegerhorst, wo ein neuer Stadtteil entstehen soll, wurde
kontaminiertes Material verbuddelt. Staatsanwälte ermitteln auch wegen
Korruption.
Gesundheitsrisiken bei Sanierungen: Asbestgefahr bleibt unterm Teppich
Über 70.000 asbestbelastete Wohnhäuser gibt es in Bremen. Auch wo die
Belastung bekannt ist, kommen betroffene oft nicht an Infos: Es fehlt ein
Register.
Verdacht auf illegalen Sondermüll: Großrazzia auf Oldenburger Fliegerhorst
Staatsanwaltschaft und Polizei durchsuchen das Sanierungsgebiet und nehmen
Bodenproben, um mögliche Umweltverstöße aufzuklären.
Korruptionsvorwürfe in Wilhelmshaven: Die Unschuld eines Bürgermeisters
Eine Logistikfirma will die Stadt sponsern, wenn sie ein Grundstück
bekommt. Die Staatsanwaltschaft entlastet den Bürgermeister, aber Fragen
bleiben.
Gewerbefläche gegen Vereinsspenden: Ein Bürgermeister unter Korruptionsverdac…
Ein Logistikunternehmen soll von der Stadt Wilhelmshaven ein Grundstück
bekommen. Im Gegenzug verspricht es Sozialsponsoring.
Anhörung zum PFAS-Verbot: Union verlängert ewigen Streit
Umwelt- und Verbraucherschützer setzen sich für eine starke Regulierung von
Ewigkeitschemikalien ein. Die CDU will ein geplantes Verbot abschwächen.
Oldenburger Staatsanwaltschaft reagiert: Ermittlungen wegen Gift im Boden
Die Staatsanwaltschaft Oldenburg prüft Hinweise auf Umwelt-Verstöße bei der
Sanierung des Fliegerhorsts. Wegen Korruption wird schon ermittelt.
Neue Korruptionsvorwürfe in Oldenburg: Einmal gearbeitet, zweimal kassiert?
Bei der Sanierung des ehemaligen Oldenburger Fliegerhorstes gibt es neue
Vorwürfe: Ein von der Stadt beauftragter Ingenieur soll doppelt kassiert
haben.
Nazi-Porträts auf Oldenburger Wandbild: Zu viel der Ehre
Ein Wandgemälde soll seit dem Herbst bedeutende Oldenburgerinnen würdigen.
Aber mindestens zwei der Frauen waren Nazis.
Korruptionsverdacht in Oldenburg: Geldbündel vom Baggerfahrer
Bei der Sanierung eines Militärgeländes soll Bargeld von einer Baufirma an
einen Stadtamtsrat geflossen sein. Die Staatsanwaltschaft ermittelt.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.