# taz.de -- Anhörung zum PFAS-Verbot: Union verlängert ewigen Streit | |
> Umwelt- und Verbraucherschützer setzen sich für eine starke Regulierung | |
> von Ewigkeitschemikalien ein. Die CDU will ein geplantes Verbot | |
> abschwächen. | |
Bild: Auch in Kosmetikprodukten können sogenannte Ewigkeitschemikalien vorkomm… | |
BERLIN taz | Ein [1][geplantes EU-Verbot von PFAS], auch | |
Ewigkeitschemikalien genannt, kommt nicht voran. Empfohlen wird es von der | |
Europäischen Chemikalienagentur (Echa). Auch Behörden aus Deutschland wie | |
das Umweltbundesamt unterstützen es. Jetzt fordert aber die | |
Bundestagsfraktion von CDU/CSU im Einklang mit der Chemischen Industrie, | |
dass sich die Bundesregierung in Brüssel für eine Abschwächung einsetzt. | |
„Der Beschränkungsvorschlag, der heute auf dem Tisch liegt, ist angemessen, | |
sinnvoll und eigentlich schon überfällig“, argumentierte dagegen Martin | |
Scheringer am Mittwoch bei einer Anhörung im Bundestag für das Verbot. | |
Scheringer ist Professor für Umweltchemie an der ETH Zürich. | |
PFAS sind per- und polyfluorierte Alkylverbindungen, die in der Natur nicht | |
vorkommen. Sie werden Ewigkeitschemikalien genannt, weil sie nicht oder nur | |
schwer in der Umwelt abgebaut werden. So reichern sie sich nicht nur in | |
Böden und Wasser an, sondern auch im Menschen. Dieser nimmt die | |
Verbindungen über Luft, Trinkwasser und Nahrungsmittel auf. Gleichzeitig | |
sind PFAS beliebt, weil sie beständig, vielfach wasser-, fett- und | |
schmutzabweisend sind. [2][Deshalb finden sie sich in vielen, auch | |
alltäglichen, Produkten.]Die Gruppe der PFAS umfasst mehrere tausend | |
einzelne Stoffe. | |
„Der aktuelle Beschränkungsvorschlag bedroht die Zukunftsfähigkeit von | |
Europa“, erklärt nun Alexander Engelhard den Antrag der Union im Gespräch | |
mit der taz. Engelhard ist Mitglied des Deutschen Bundestags für die | |
CDU/CSU. Für die Wirtschaft würden die geplanten Regulierungen massive | |
Einschnitte bedeuten, sagte er. | |
## Umstrittene Alternativen | |
Den Antrag der Union unterstützen bei der Anhörung entsprechend die | |
geladenen Vertreter:innen der Chemie- und anderer Industrien. PFAS und | |
besonders die Untergruppe der Fluorpolymere, zu der etwa Teflon gehört, | |
seien unersetzlich – Fluorpolymere sind vor allem sehr hitzebeständig, so | |
ihre Argumentation. Deshalb müsse das geplante Verbot zurückgenommen und | |
überarbeitet werden. | |
Ein Punkt sei, dass es für viele Produkte absehbar keine PFAS-freien | |
Alternativen gebe. Ein umfassendes Verbot hätte deshalb Einfluss auf viele | |
Branchen und würde auch die Chancen beeinflussen, die Ziele des | |
europäischen Green Deal zu erreichen. Dieser sieht vor, dass Europa bis | |
2050 klimaneutral wird. Ohne PFAS werde das nicht funktionieren, hieß es, | |
weil Erneuerbare Energien auf die Stoffe angewiesen seien. Die | |
Industrievertreter forderten deshalb, Fluorpolymere von den Regulierungen | |
auszunehmen und in einem risikobasierten Ansatz zu untersuchen. | |
Die Stoffe sind [3][schon länger in der Kritik]. „Die bestuntersuchten | |
Chemikalien dieser Gruppe wurden etwa mit Krebserkrankungen, | |
Unfruchtbarkeit und Schädigungen des Immunsystems in Verbindung gebracht“, | |
sagte Ninja Reineke von Chemtrust der taz. Chemtrust ist eine Verbraucher- | |
und Umweltschutzorganisation und setzt sich für den Schutz von Mensch und | |
Umwelt vor schädlichen Chemikalien ein. | |
Bei der Anhörung setzten sich vor allem der Umweltverband BUND und | |
Scheringer klar für das geplante Verbot ein. Ein risikobasierter Ansatz sei | |
zu langwierig und aufwendig. Innerhalb der letzten Jahre seien gerade | |
einmal zehn von tausenden Stoffen auf diese Weise verboten worden. Die | |
Behauptung, es gebe keine PFAS-Alternativen, wiesen sie zurück. Zumindest | |
bei den Erneuerbaren Energien sei man da schon weiter. In einzelnen anderen | |
Bereichen brauche es dagegen noch Forschung und Entwicklung. Ulrike Kallee | |
vom BUND: „Meine Erfahrung aus der Zusammenarbeit mit Industrie ist: Es | |
finden sich Lösungen“, sagte Ulrike Kallee vom BUND. Wofür es allerdings | |
keine Lösungen gebe, seien mit PFAS kontaminierte Flächen. | |
Auch Ninja Reineke von Chemtrust hält den Antrag der Union und eine | |
Abmilderung des EU-Verbots deshalb für problematisch: „Es könnte zu | |
Ausnahmeregelungen und weiteren jahrelangen Verzögerungen im Ersatz der | |
Ewigkeitschemikalien kommen.“ | |
24 Apr 2024 | |
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## AUTOREN | |
Leonie Vogelsang | |
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