| # taz.de -- Umstrittene Haustürgeschäfte: Wenn der Vertreter zweimal klingelt | |
| > Haustürgeschäfte sind auch in Zeiten von Social Media noch üblich. Bei | |
| > Verbraucher:innen sind sie unbeliebt – bei Unternehmen sieht es | |
| > anders aus. | |
| Bild: Lieber einmal genauer hinschauen – und Vertreter:innen nur öffnen, wen… | |
| Berlin taz | Es klingelt am frühen Abend. Die beiden Menschen vor der Tür | |
| weisen sich als Vertreter eines großen Stromkonzerns aus und fragen nach | |
| einem Haushaltsmitglied. Sie sind freundlich und lassen sich schnell | |
| abwimmeln. So sieht es im besseren Fall aus. Einen schlechteren schildert | |
| ein Leser aus Wiesbaden der taz: Im Dezember habe ein Mann an seiner Tür | |
| geklingelt, der sich als Mitarbeiter der Telekom ausgab. Er wolle im | |
| Vorfeld eines bevorstehenden Umbaus der Leitungen den Router prüfen. | |
| Vereinbart oder angekündigt sei der Termin nicht gewesen und der Vertreter | |
| habe sich auch sehr hartnäckig gezeigt gegenüber Versuchen, ihm den Zutritt | |
| zur Wohnung zu verweigern. Nur mit der Vereinbarung eines Ausweichtermins | |
| sei er ihn losgeworden, so der Leser – und an dem Termin sei er selbst dann | |
| einfach nicht zu Hause gewesen. | |
| Was hier geschildert wird, ist kein Einzelfall. Vor Jahren waren es | |
| Vermarktungsvertreter:innen für Staubsauger und Zeitschriften, die | |
| an Haus- und Wohnungstüren klingelten und auf ein schnelles, allzu häufig | |
| auch unüberlegtes Geschäft hofften. „Haustürgeschäfte“ wurde die Masche | |
| genannt. Die Produkte haben sich gewandelt und der Name auch. | |
| Direktmarketing oder Direktvertrieb heißt es heute, wenn | |
| Vertreter:innen vor der Tür stehen. Aktuell besonders beliebter | |
| Gegenstand des Direktvertriebs: Verträge für [1][Glasfaseranschlüsse]. | |
| „Haustürgeschäfte sind immer wieder ein Problem, gerade im Bereich | |
| Telekommunikation“, sagt Julia Rehberg, Expertin für Verbraucherrecht und | |
| Telekommunikation bei der Verbraucherzentrale Hamburg. | |
| In der Hansestadt gab es dem Beschwerdeaufkommen bei der | |
| Verbraucherzentrale nach zu urteilen im vergangenen Jahr eine Welle an | |
| Haustürgeschäften, die dem in Wiesbaden ähneln: Ein Vertriebler steht vor | |
| der Tür und gibt an, nur eine technische Komponente des Internetanschlusses | |
| prüfen zu wollen. Kommt es so weit, zieht er irgendwann die | |
| Vertragsunterlagen für einen Glasfaseranschluss aus der Tasche. In der | |
| Regel sind hier laut Rehberg Mitarbeitende von Subunternehmen unterwegs. | |
| ## Regeln für Vertreter:innen | |
| Telekom-Sprecherin Stefanie Halle bezeichnet den Direktvertrieb als | |
| „wichtigen Kanal, der Kundinnen und Kunden eine umfassende Beratung und | |
| einen Service bei sich zu Hause bietet und daher sehr geschätzt wird“. Für | |
| die Vertriebspartner gebe es klare Regeln. So müssten sie etwa | |
| Telekom-Kleidung tragen und ein Autorisierungsschreiben der Telekom | |
| bereithalten. Die Aussage, einen Router prüfen zu wollen, sei falsch, das | |
| sei nicht Aufgabe der Direktvermarkter. „Wir werden die Vertriebsteams | |
| intensiv nachschulen“, sagt Halle. | |
| Verbraucherschützerin Rehberg weist darauf hin, dass die Subunternehmen | |
| ihren Mitarbeitenden häufig Provisionen bei Abschlüssen zahlen würden. „Das | |
| verleitet anscheinend manche Vertreter dazu, unlauter zu handeln“, | |
| kritisiert sie. Rehberg spricht sich daher dafür aus, Besuche von | |
| Vertreter:innen ohne vorherige Terminvereinbarung gar nicht mehr zu | |
| erlauben. | |
| Auch bei [2][Verbraucher]:innen sind die Haustürgeschäfte unbeliebt. In | |
| einer Umfrage des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (vzbv) von 2020 gaben | |
| 98 Prozent der Befragten an, sie fänden das Format nicht geeignet für den | |
| Abschluss von Verträgen oder das Kaufen von Waren. Rund jede:r zehnte | |
| Befragte gab an, in den vorangegangenen 24 Monaten ungewollterweise einen | |
| Vertrag an der Haustür abgeschlossen zu haben. | |
| ## 14 Tage für den Widerruf | |
| Wer nach einem Kauf oder Vertragsabschluss an der Wohnungstür feststellt, | |
| dass das Ganze doch nicht so gewünscht war, muss momentan schnell handeln. | |
| 14 Tage haben Kund:innen Zeit, den Abschluss zu widerrufen. Rehberg weist | |
| darauf hin, dass diese Frist nicht etwa mit dem Erhalt eines Produktes – | |
| zum Beispiel dem neuen Router – beginnt, sondern in der Regel mit | |
| Vertragsabschluss. | |
| Rehberg rät Verbraucher:innen dazu, Vertreter:innen ohne zuvor | |
| vereinbarten Termin gar nicht erst in die Wohnung zu lassen. „Was man da | |
| abschließt, werden nicht die besten Konditionen auf dem Markt sein.“ Vor | |
| allem warnt sie davor, auf einem Tablet zu unterschreiben. Dort habe man | |
| meist keinen Überblick über die Vertragsbedingungen – und auch nicht direkt | |
| die Unterlagen zu Hause, um einen Widerspruch an den richtigen Empfänger | |
| schicken zu können. | |
| Habe man bereits unterschrieben und wolle den Vertrag doch nicht, solle man | |
| schnellstmöglich widerrufen – und das aus Beweisgründen am besten per | |
| Einschreiben. Den Vertreter, der vielleicht eine Visitenkarte hinterlassen | |
| habe, anzurufen, reiche für einen Widerspruch nicht aus. | |
| 27 Jan 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Plaene-zum-Breitband-Ausbau/!5838699 | |
| [2] /Verbraucherschutz/!t5009277 | |
| ## AUTOREN | |
| Svenja Bergt | |
| ## TAGS | |
| Verbraucherschutz | |
| Internet | |
| Glasfaserkabel | |
| Strompreis | |
| Chemie | |
| Chemikalien | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Dynamische Strompreise: Das Versprechen vom billigen Strom | |
| Immer mehr dynamische Stromtarife kommen auf den Markt. Doch wer davon | |
| profitieren will, braucht einiges an Technik, Geld und Zeit. | |
| Anhörung zum PFAS-Verbot: Union verlängert ewigen Streit | |
| Umwelt- und Verbraucherschützer setzen sich für eine starke Regulierung von | |
| Ewigkeitschemikalien ein. Die CDU will ein geplantes Verbot abschwächen. | |
| Outdoorkleider mit Chemikalien belastet: Giftige Kinderjacken auf dem Markt | |
| Laut Tests sind in Outdoorkleidung gefährliche „Ewigkeitschemikalien“. NGOs | |
| kritisieren deren Einsatz, denn es gibt Alternativen. |