# taz.de -- Korruptionsvorwürfe in Wilhelmshaven: Die Unschuld eines Bürgerme… | |
> Eine Logistikfirma will die Stadt sponsern, wenn sie ein Grundstück | |
> bekommt. Die Staatsanwaltschaft entlastet den Bürgermeister, aber Fragen | |
> bleiben. | |
Bild: Laut Staatsanwaltschaft sauber: Oberbürgermeister Carsten Feist | |
Ist doch nix gewesen: Bei dem Verdacht auf Vorteilsnahme gegen | |
Wilhelmshavens Oberbürgermeister Carsten Feist (parteilos) hat die | |
Staatsanwaltschaft die Ermittlungen eingestellt, bevor sie sie richtig | |
aufgenommen hat: Es gebe keinen Anfangsverdacht für eine Vorteilsannahme, | |
heißt es. | |
Die Logistikfirma Mosolf will von Wilhelmshaven aus Autos verschiffen und | |
dafür ein großes Grundstück in direkter Nachbarschaft zum Jade-Weser-Port | |
kaufen. Bei einer Sitzung des Wirtschaftsausschusses Anfang Oktober hatte | |
die Firma sich und ihr Vorhaben dem Rat vorgestellt. | |
Teil der Präsentation: Eine Absichtserklärung zum „Sozialsponsoring“, nach | |
der fünf Vereine – persönlich vorgeschlagen vom Oberbürgermeister – | |
[1][Geld erhalten sollten –] insgesamt 250.000 Euro. Mit dem denkwürdigen | |
Satz „Das Sozialsponsoring ist gebunden an den Abschluss der laufenden | |
Verkaufsverhandlungen“ endet die Absichtserklärung. | |
Das, na hoppla, klingt nach Kopplungsgeschäft, fand plötzlich auch die | |
Stadt: Das Sponsoring wird’s wohl nicht geben können, stellte sie nun fest, | |
es wäre rechtswidrig. Schade für den Handballverein und die | |
Jugendfeuerwehr. Und irgendwie unangenehm für den Spender | |
(Vorstandsvorsitzender Jörg Mosolf) und den beratenden Oberbürgermeister | |
Feist. Hätte nicht Mosolf, ja hätte nicht wenigstens dem | |
verwaltungserfahrenen Bürgermeister auffallen müssen, dass so ein | |
Sponsoring in laufenden Verhandlungen ein Geschmäckle hat? | |
## Staatsanwaltschaft entlastet Oberbürgermeister | |
Die Staatsanwaltschaft Osnabrück hat geprüft, aber findet nun: Der OB ist | |
sauber. Lediglich „Vorgespräche zwischen Geschäftsführung und | |
Oberbürgermeister“ habe es gegeben; über die sollte am Ende ja der Stadtrat | |
entscheiden. Die Frage des Sponsorings sei „offen kommunizierter Teil einer | |
politischen Entscheidungsfindung geworden.“ Schließlich sei das geplante | |
Sponsoring schon in zwei vorangegangenen Ausschusssitzungen Thema gewesen. | |
Die „politische Entscheidungsfindung“, als Kommune illegale | |
Kopplungsgeschäfte zu betreiben, war demnach wenigstens transparent. Das | |
Ratsinformationssystem der Stadt allerdings weiß nichts von diesen | |
Sitzungen, Ratsmitglied Andreas Tönjes (Die Partei) schließt aus, dass das | |
Sponsoring vor der Sitzung im Oktober jemals erwähnt worden sei, im Rathaus | |
ist am Dienstagnachmittag niemand mehr zu erreichen. Bisher hat | |
Oberbürgermeister Feist in seiner öffentlichen Verteidigung auch noch nie | |
erwähnt, dass das Sozialsponsoring dem Rat schon früher bekannt gewesen | |
sei. | |
Die Staatsanwaltschaft jedenfalls hat schnell geprüft, wirklich schnell: | |
Noch am Montag vergangener Woche gab sie an, die Unterlagen zum Fall lägen | |
noch bei der Polizei in Wilhelmshaven. Doch am selben Montag ist das | |
Schreiben mit der Begründung zur Einstellung des Verfahrens rausgegangen. | |
Und die Politik? Ein einzelner CDU-Mann wettert in der Ratssitzung am | |
vergangenen Mittwoch gegen den Oberbürgermeister, wirft Feist | |
Unprofessionalität und Vetternwirtschaft vor und fordert ihn zum Rücktritt | |
auf. Doch Olaf Werner bekommt dafür gleich auf den Kopf: CDU-Ratsmitglied | |
Astrid Zaage entschuldigt sich mehrfach für den Parteikollegen und | |
distanziert sich im Namen der Fraktion. SPD und CDU überbieten sich darin, | |
dem parteilosen Oberbürgermeister ihr Vertrauen auszusprechen – und Kritik | |
als „Hetzjagd“ abzutun. | |
## Hafenwirtschaftsvereinigung hört das gern | |
Vielleicht verständlich: Ganz abgesehen vom Sponsoring wirkt eine | |
Ansiedlung von Mosolf attraktiv für Wilhelmshaven. Wenn das | |
Logistikunternehmen sich etabliert mit der Autoverschiffung, könnte sich, | |
so die Hoffnung, für den Hafen ein neuer Warentransportbereich eröffnen. | |
Das hört die Hafenwirtschaftsvereinigung gern, das hören die großen | |
Parteien gern, da ist man froh, wenn der Bürgermeister ein Grundstück für | |
die Firma Mosolf findet. | |
Das allgemeine Vertrauen in der Sache hat deshalb Tradition: Schon im | |
September konnte es die SPD nicht ertragen, dass die ganze Causa Mosolf | |
noch einmal im Wirtschaftsausschuss verhandelt werden sollte. „Wie kann es | |
in einem so konkreten Fall noch Diskussionsbedarf geben?“, zeigt sich die | |
Fraktion auf Facebook „erstaunt und enttäuscht“ von anderen Fraktionen. | |
31 Oct 2024 | |
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## AUTOREN | |
Lotta Drügemöller | |
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