| # taz.de -- Naturschutz versus Stadtentwicklung: Frösche sind Autos im Weg | |
| > Durch ein landesweit bedeutendes Amphibiengebiet will Oldenburg eine | |
| > Hauptverkehrsstraße bauen. Jetzt rufen Aktivist*innen zum Widerstand | |
| > auf. | |
| Bild: Der 2010 errichtete Amphibienteich am Stadtrand von Oldenburg: Eine Stra�… | |
| Oldenburg taz | Der Heidbrook am nordwestlichen Stadtrand Oldenburgs ist | |
| ein dichtes Mosaik aus Nadelwald, Laubbäumen, Sumpf, Moor, Tümpeln und | |
| Feuchtgebieten. Hier leben neben Fröschen und anderen Amphibien diverse | |
| Arten Heuschrecken, Libellen und Fledermäuse – viele von ihnen gehören zu | |
| den geschützten Arten. Der hier im Jahr 2010 errichtete Amphibienteich ist | |
| ein „besonders geschützter Biotop“. Damit könnte es bald vorbei sein. | |
| Die Stadt plant genau in diesem Gebiet eine 28 Meter breite und mehr als | |
| zwei Kilometer lange Hauptverkehrsstraße. Die Straße ist Teil des | |
| „Masterplan Fliegerhorst“ und soll das geplante Neubaugebiet auf dem | |
| angrenzenden ehemaligen Militärflughafen mit dem Westen der Stadt | |
| verbinden. | |
| „In Zeiten von Klimakrise und Artensterben eine Straße durch so ein | |
| schützenswertes Gebiet zu bauen – das geht nicht“, sagt Carlsson Skiba vom | |
| Bündnis „Wald Wasser Wiesen Retten“, das sich seit mehreren Jahren gegen | |
| den Bau der Straße einsetzt. „Es ist Oldenburgs wertvollstes | |
| Amphibiengebiet und als,landesweit bedeutend' klassifiziert worden.“ Die | |
| Oldenburger Naturschutzbehörde bewertete den Heidbrook bereits im Jahr 1994 | |
| als „landschaftsschutzgebietswürdig“, Teile erfüllten die Vorraussetzungen | |
| eines Naturschutzgebiets. | |
| ## Lebensraum seltener Tier- und Pflanzenarten | |
| Die Straße, so Skiba, würde weite Gebiete des Heidbrooks zerstören und den | |
| Lebensraum seltener Tier- und Pflanzenarten zerschneiden, wodurch einige | |
| Arten aussterben könnten. Außerdem sei der Boden hier besonders | |
| kohlenstoffreich, dieses gebundende CO2 würde beim Bau der Straße in die | |
| Atmosphäre entweichen. Das Bündnis „Wasser Wald Wiesen Retten“ setzt sich | |
| darum gegen den Bau der Straße ein. Sie wollen, dass der gesamte Heidbrook | |
| als Naturschutzgebiet eingestuft wird. | |
| Oldenburg will bis zum Jahr 2035 klimaneutral sein, das hat der [1][Rat der | |
| Stadt im April 2021 beschlossen]. Dazu gehört auch, den Autoverkehr zu | |
| verringern. Wie passt die neue Straße in das [2][Klimaschutzkonzept]? | |
| Das Hauptargument für die Straße: Auf dem 2006 aufgegeben | |
| [3][Luftwaffen-Fliegerhorst] soll ein neuer Stadtteil für 3.000 Menschen | |
| entstehen und darum müsse die bereits [4][bestehende Hauptverkehrsstraße | |
| „entlastet“] werden. Nach der erfolgreichen Klage eines Anliegers vor dem | |
| Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht musste die Stadt den Bebauungsplan | |
| entsprechend anpassen. | |
| Laut der aktualisierten Fassung ist das Hauptziel der „Entlastungsstraße“, | |
| neue Gewerbegebiete zu erschließen. Daneben müsse die „Lücke“ im | |
| Straßennetz geschlossen werden. Eine Querverbindung für Busse, Fahrräder | |
| und Fußgänger*innen gibt es bereits. Über den neuen Bebauungsplan | |
| entscheidet der Rat der Stadt voraussichtlich im Herbst. Sowohl der | |
| Anlieger, der bereits einmal vor Gericht zog, als auch der Naturschutzbund | |
| Nabu haben Klagen angekündigt, sollten die Ratsmitglieder erneut für den | |
| Bau der Straße stimmen. | |
| Neben der CDU befürwortet auch die SPD von Oberbürgermeister Jürgen | |
| Krogmann den Bau der Straße und stellt sich damit gegen ihren grünen | |
| Bündispartner. | |
| Auf einen politischen Kurswechsel oder Erfolg auf juristischem Weg wollen | |
| die Gegner*innen der Straße nicht tatenlos warten. Seit einigen Wochen | |
| blickt von einem Transparent am Rande des Heidbrooks mit grimmigem Blick | |
| die Romanfigur Heidi herab – schwarz maskiert und mit orangenem Kreuz in | |
| der Hand. Sie ist das Symbol der Guppe „Heidi bleibt“. „Heidi lässt ab | |
| sofort Schnucki zu Hause und geht in den aktiven Widerstand“, kündigten die | |
| Aktivist*innen im März dieses Jahres an. | |
| „Mit Baumhäusern und Waldbesetzung werden wir die Straße notfalls | |
| verhindern“, erklärt einer von ihnen, der sich, wie Heidis Opa, Alpöhi | |
| nennt. „Diese Straße wird einfach nicht benötigt und zerstört ein | |
| wertvolles Grüngebiet in Oldenburg.“ Es gebe zwar noch die Hoffnung, dass | |
| sie nicht gebaut wird: „Aber wir müssen eine Alternative vorbereiten, falls | |
| der politische Weg scheitert.“ Der nächste Schritt ist ein Protest-Camp mit | |
| Infoveranstaltungen und Workshops an diesem Wochenende. | |
| ## Großrazzia auf dem Fliegerhorst-Gelände | |
| Auf dem Fliegerhorst, wo der neue Stadtteil entsteht, scheint der | |
| Umweltschutz in der Vergangenheit auch eine untergeordnete Rolle gespielt | |
| zu haben. Hier wurde tonnenweise kontaminiertes Material verbuddelt. Bei | |
| einer [5][Großrazzia der Staatsanwaltschaft Oldenburg] wurden die | |
| militärischen Altlasten gefunden. Mehr als 20 Millionen Euro hat die | |
| Konversion des ehemaligen Militärgeländes in ein Wohngebiet bislang bisher | |
| gekostet (taz berichtete). Und jetzt laufen Ermittlungen wegen | |
| Umweltverstößen und Korruption. | |
| Das Bundesbauministerium zeichnete den Oldenburger Fliegerhorst dieses Jahr | |
| für seine „klimasensible Quartiersentwicklung“ aus. Das Ministerium hob | |
| trotz der geplanten neuen Straße besonders die „autoarme“ Planung des | |
| Stadtteils hervor. Ein Highlight seien die „Quartiersgaragen“. Eine von | |
| ihnen ist schon in Betrieb. Der graue Betonbau bietet auf sechs Etagen | |
| Platz für über 150 Autos. Die „Quartiersgarage“ ist ein Parkhaus. | |
| 24 Jul 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://buergerinfo.oldenburg.de/vo0050.php?__kvonr=23763 | |
| [2] https://klimaportal.oldenburg.de/massnahmen?utm_source=webseite_oldenburg | |
| [3] /Umweltskandal-um-Oldenburgs-Fliegerhorst/!6084648 | |
| [4] https://oldenburg-stadt.bund.net/naturschutz/ | |
| [5] /Verdacht-auf-illegalen-Sondermuell/!6068749 | |
| ## AUTOREN | |
| Aljoscha Hoepfner | |
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