# taz.de -- Frauenpolitik: „Die Frauenquote verändert was“ | |
> Die Berliner Frauenpolitikerin Ines Schmidt (Linke) über ihre | |
> Vorstellungen, wie der Gender-Pay-Gap geschlossen werden könnte. | |
Bild: „Frauen sind zwar besser, kommen aber nicht oben in den Führungspositi… | |
taz: Frau Schmidt die Linksfraktion will die Unterbezahlung von Frauen, | |
Gender-Pay-Gap genannt, mit einer feministischen Arbeitsmarktpolitik | |
beenden. Wie soll das gehen? | |
Ines Schmidt: Zuerst müssen sogenannte Frauenberufe mehr Anerkennung | |
erfahren. Dann müssen wir Frauen stärken, die eine Beförderung angeboten | |
bekommen, damit sie nicht mehr „Nein“ sagen, weil sie sich diese Position | |
nicht zutrauen. Und Unternehmen müssen Frauen dabei unterstützen. Außerdem | |
müssen Frauen genau wie Männer zu Fort- und Weiterbildungen eingetragen | |
werden. Wenn man eine Beurteilung macht, muss die Elternzeit auch anerkannt | |
werden. Frauen sind Organisationstalente, diese Qualität wird meist nicht | |
anerkannt. Und, als letztes, muss die Rückkehr von Teilzeit in Vollzeit | |
sofort anerkannt werden, sobald die Frau wieder dazu fähig ist. | |
Das hört sich so an, als läge es an den Unternehmen selbst, die | |
Ungleichheit aufzulösen. Das hat bisher nicht viel bewirkt. Wie kann die | |
Politik dagegen vorgehen? | |
Das ist eine gute Frage. Eigentlich durch das Landesgleichstellungsgesetz. | |
Für alle landeseigenen Unternehmen wird ganz klar vorgeschrieben: die | |
Rückkehr aus der Teilzeit zur Vollzeit ist zu ermöglichen. Aber vieles | |
liegt immer noch in der Hand der Unternehmen. Dort, wo überwiegend Männer | |
arbeiten, herrscht eine Männersichtweise und bei Frauen in | |
Führungspositionen herrscht eine Frauensichtweise. Und das spiegelt sich | |
auch in den Entscheidungen wider. | |
Frauen sind aber seltener in Führungspositionen. | |
Das Problem ist: Statistisch gesehen sind Frauen von Ausbildung und Noten | |
her besser als Männer. Trotzdem kommen sie nicht in oben in den | |
Führungspositionen an. Deshalb glaube ich, dass es auf die Besetzung der | |
Führungsposition ankommt, ob zum Beispiel ein Frauenförderplan oder die | |
Frauenquote angewendet wird. | |
Was würde die Frauenquote am Gender-Pay Gap ändern? | |
Je mehr Frauen im Unternehmen arbeiten, desto mehr fühlen sie sich | |
vertreten und es gibt weniger Menschen, die Frauenklischees leben. Das | |
bedeutet: Bei einer ungleichen Bezahlung ist die Chance größer, gehört zu | |
werden, wenn sie das bei der Führungskraft ansprechen. Viele Frauen denken, | |
eine Quote spricht ihnen ihre Leistung ab. Die sagen dann, dass sie doch | |
nicht nur wegen der Quote den Job bekommen wollen. Statistisch gesehen sind | |
Frauen ja der Hammer in ihrer Leistung, nur nach der Schule sind sie oft | |
weg vom Fenster und gehen in Jobs, die schlechter bezahlt werden. Da möchte | |
ich die Frauen auf andere Wege leiten. | |
Und wie soll das aussehen? | |
Vielleicht muss man mit einer Frauenquote den Weg für die Frauen, die | |
nachkommen, vorbereiten. Früher war ich auch nicht für eine Frauenquote, | |
dann bin ich bei allen meinen Lösungsvorschlägen immer wieder auf die | |
Frauenquote gestoßen. Quote verändert was. Deshalb hat es mich so geärgert, | |
als im Bundestag für die Aufsichtsräte von börsennotierten Unternehmen eine | |
Quote von 30 Prozent beschlossen wurde. Von 50 Prozent Frauen in | |
Deutschland, dürfen nur 30 Prozent an die Macht. Das verstehe ich nicht. | |
Das hört sich alles sehr plausibel an. Was für ein Gesetz braucht es, um | |
auch Unternehmen vorzuschreiben, die bezahlte Ungleichheit aufzulösen? | |
Es gibt ja schon das Entgelttransparenzgesetz. Das hat aber nichts | |
verändert, weil es noch die Klischees über die Leistung von Frauen gibt. | |
Wenn eine Frau herausfindet, dass ihr männlicher Kollege für die gleiche | |
Arbeit 300 Euro mehr verdient und sie dann zum Chef geht, wird sie danach | |
wahrscheinlich vom Chef und den männlichen Kollegen dafür fertig gemacht. | |
Wie soll das denn zur Veränderung führen? Man muss schon im Kindergarten | |
anfangen, die Geschlechterklischees aus den Köpfen zu bekommen. | |
Was wäre der erste Schritt? | |
Erst mal sollte die Elternzeit geändert werden, Mann und Frau sollten sie | |
zu gleichen Teilen übernehmen. Die skandinavischen Länder leben uns das | |
vor. Dann brauchen wir ein ergänzendes Angebot für Kinderbetreuung, damit | |
auch Frauen, die Spätschicht arbeiten, das Angebot zu jeder Uhrzeit | |
wahrnehmen können. Vielleicht müsste es auch ein Gesetz geben, dass die | |
Teilzeit nur ein bis zwei Jahre freigibt. Dann muss der Betrieb die Frau | |
sofort wieder Vollzeit anstellen. Denn diese Teilzeitfalle hält ein Leben | |
lang. [1][Sie hält die Frauen in Abhängigkeit, selbst noch in der Rente]. | |
Außerdem sollte Care-Arbeit, also die Arbeit zu Hause für die Familie, vom | |
Staat bezahlt werden. | |
Wieso wird [2][Care-Arbeit noch nicht vom Staat bezahlt?] | |
Es gibt ein Pilotprojekt, das zeigt, dass es sich lohnt, wenn der Staat | |
Care-Arbeit bezuschusst, zum Beispiel für „haushaltsnahe Dienstleistungen“. | |
Zugleich führt das zu mehr Tarifbindung in dem Bereich und kann | |
ausbeuterischen Arbeitsverhältnissen und Schwarzarbeit entgegenwirken. Wenn | |
dann auch noch Frauen eigene Betriebe dafür gründen, wäre es ein Traum. | |
Was tun Sie sich selbst für die Gleichstellung von Frauen? | |
Wir haben ja in der BVG einen Frauenförderplan und da saß ich vor 14 Tagen | |
mit allen Führungskräften zusammen. Es ging darum, dass sie selbst | |
Maßnahmen für einen Frauenförderplan erarbeiten, damit Frauen für | |
Führungspositionen nachgezogen werden. Dabei haben wir auch herausgefunden, | |
dass Sitzungen um 16 Uhr vorbei sein sollten, anstatt um 18 Uhr oder | |
später. Das aber nicht nur mit dem Hintergrund der Kinder, sondern dass | |
auch jeder seiner Freizeit nachkommen kann. Das wären Maßnahmen, die sofort | |
umzusetzen sind. | |
Was wäre da noch? | |
Ich habe auch herausgefunden, dass es ganz wenige Förderpläne gibt, wo die | |
Frau überhaupt eine Rolle spielt. In der BVG kämpfe ich dafür, dass wir | |
Frauen für alle Bereiche gewinnen, nicht nur für die Verwaltung sondern | |
auch für die technischen Berufe. Und diese Frauen auch sichtbar machen als | |
Vorbilder. Als frauenpolitische Sprecherin unterstützte ich das Berliner | |
Projekt „Enter-Technik“. Hier geht es darum, ein technisches Jahr für | |
Frauen anzubieten und technische Fähigkeiten zu entdecken und auszubauen. | |
Dies kann jungen Mädchen neue berufliche Wege aufzeigen. | |
Zusammengefasst, was sind die wichtigsten Punkte in Ihrem Gesetz? | |
Verpflichtung der Frauenquote von 50 Prozent, gleiches Geld für alle und | |
Klischees abbauen. | |
8 Mar 2024 | |
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## AUTOREN | |
Rosa Mosinzer | |
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