# taz.de -- Polit-Affäre in Berlin-Lichtenberg: Kevin nicht mehr allein zu Haus | |
> Der skandalbehaftete SPD-Stadtrat Kevin Hönicke darf zurück ins | |
> Bezirksamt Lichtenberg. Die eigentlichen Vorwürfe gegen ihn sind aber | |
> nicht vom Tisch. | |
Bild: Alles andere als öffentlichkeitsscheu: SPD-Stadtrat Kevin Hönicke | |
BERLIN taz | Lichtenbergs geschasster Ex-Baustadtrat Kevin Hönicke ist | |
zurück auf der politischen Bühne des Ostberliner Bezirks. Am Dienstag | |
kassierte das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg das gegen den | |
SPD-Politiker verhängte „Verbot der Führung der Dienstgeschäfte“. | |
Hönicke steht im Verdacht, Amtsinterna verraten zu haben. Ende Oktober | |
vergangenen Jahres wurde er deshalb von CDU-Bezirksbürgermeister Martin | |
Schaefer vom Dienst freigestellt, [1][ein Hausverbot im Lichtenberger | |
Rathaus inklusive]. Der alles andere als öffentlichkeitsscheue Stadtrat | |
klagte sich durch mehrere Instanzen. Mit Erfolg, zumindest vorläufig. | |
Er sei „unendlich“ froh und danke allen „die an mich geglaubt haben und | |
mich unterstützt haben“, sagte Hönicke nach der Gerichtsentscheidung. | |
Faktisch darf er nun an seinen Schreibtisch zurückkehren – wenn auch als | |
Schulstadtrat. | |
Im Dezember hatte das um den SPD-Vertreter geschrumpfte Bezirksamt | |
beschlossen, die Geschäftsbereiche der Stadträt:innen neu zu verteilen. | |
Der weder entlassene noch zurückgetretene, aber eben auch nicht anwesende | |
Hönicke bekam den Schulbereich zugeschoben, der seither kommissarisch von | |
Grünen-Verkehrsstadträtin Filiz Keküllüoğlu verwaltet wird. | |
## Alles andere als ein Freispruch | |
Die Entscheidung des OVG ist dabei keineswegs als Freispruch für Hönicke zu | |
verstehen, im Gegenteil. Wie das Gericht klarstellt, wird der | |
Bezirksstadtrat weiterhin beschuldigt, [2][Anfang 2023 dem Tagesspiegel | |
anonym interne E-Mails] über ein Jahr zurückliegende Vorwürfe von | |
Dienstmissbrauch und angeblicher sexueller Belästigung gegen einen | |
Mitarbeiter des Bezirksamts zugeschickt zu haben. | |
Das dazugehörige Anschreiben bezichtigte vor allem den damaligen | |
Linken-Bezirksbürgermeister Michael Grunst der Untätigkeit in einem | |
vermeintlichen MeToo-Fall. [3][Es war Wahlkampfzeit, und Hönicke wollte | |
selbst auf den Chefsessel im Rathaus.] Hönicke sagt, er habe mit den | |
Dokumenten und dem Anschreiben nichts zu tun. Alle Gerichtsinstanzen haben | |
das bislang anders gesehen. | |
Der Grund, weshalb die Freistellung durch den Bürgermeister aber | |
„erforderlichenfalls“ eben doch „aufzuheben“ ist, ist laut OVG ein ande… | |
Seitdem der Tagesspiegel im Herbst 2023 den Briefinhalt „zu thematisch | |
begrenzten Vorgängen in der Vergangenheit“ veröffentlicht hat, sei das Kind | |
ohnehin in den Brunnen gefallen, alles liege auf dem Tisch. | |
Durch eine Rückkehr Hönickes sei daher in der Lichtenberger Schmutzaffäre | |
„weder eine Verdunkelungsgefahr noch andere erhebliche Gefahren für den | |
künftigen Dienstbetrieb“ zu befürchten. Das heißt für Hönicke aber auch: | |
„Eine Vorwirkung für den Ausgang eines Disziplinarverfahrens ergibt sich | |
aus dieser Entscheidung nicht.“ | |
## SPD-Spitze fordert Umbildung des Bezirksamts | |
Die Berliner SPD-Spitze ficht das nicht an. „Die Entscheidung des | |
Oberverwaltungsgerichts ist für Kevin Hönicke ein wichtiger Erfolg. Endlich | |
darf er wieder als Bezirksstadtrat seine Dienstgeschäfte führen und als für | |
die SPD demokratisch gewähltes Mitglied des Bezirksamtes Lichtenberg tätig | |
sein“, erklärten am Dienstagabend die Parteivorsitzenden Franziska Giffey | |
und Raed Saleh. Die SPD erwarte jetzt, „dass das Urteil so schnell wie | |
möglich umgesetzt wird und die Veränderungen in der Bezirksamtsstruktur | |
unverzüglich rückgängig gemacht werden“. | |
Das sei ja schön, dass die SPD-Granden das fordern, sagt am Mittwoch | |
Lichtenbergs Rathauschef Martin Schaefer zur taz: „Aber das steht für uns | |
gar nicht auf der Tagesordnung.“ Ansonsten bitte er um Verständnis, dass er | |
sich vorerst zum OVG-Urteil nicht äußern werde. „Wir werten das gerade | |
aus.“ | |
Dass eine nur halbwegs konfliktfreie Zusammenarbeit zwischen Schaefer und | |
Hönicke in dem nur fünfköpfigen Bezirksamt künftig überhaupt möglich ist, | |
darf freilich bezweifelt werden. Noch im Januar hatte Hönicke in der taz | |
gefordert, der Bezirksbürgermeister müsse endlich „Konsequenzen“ ziehen �… | |
ein wenig subtiler Aufruf zum Rücktritt. | |
Sich selbst sah Hönicke vor allem als Opfer in einem Intrigenspiel, weil er | |
sich stets nur für die angeblich von dem Bezirksamtsmitarbeiter belästigten | |
Frauen eingesetzt habe. Erst in der vergangenen Woche hatte das Landgericht | |
Berlin in einer anderen Klage entschieden, dass die Anschuldigungen gegen | |
den Mitarbeiter nicht öffentlich verbreitet werden dürfen, weil dafür | |
jegliche Belege fehlen würden. | |
6 Mar 2024 | |
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## AUTOREN | |
Rainer Rutz | |
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