# taz.de -- Ex-Chef von Gruner + Jahr: Viel frei, aber keine Zeit | |
> Der ehemalige CEO von Gruner + Jahr Stephan Schäfer hat einen Roman | |
> geschrieben. Darin geht es über ein gehetztes Leben mit zu vielen | |
> To-Do-Listen. | |
Bild: „In meinem Kopf war es nie still, die Arbeit stets unsichtbar mit im Ge… | |
Was machen Medienmanager*innen, wenn es mit dem Medienmanagen nicht mehr | |
rundläuft? Sie schreiben Bücher. [1][Miriam Meckel] hat 2010 ihrem Burn-out | |
in „Brief an mein Leben“ gezeigt, dass sie sich durch so was nicht aus dem | |
Konzept bringen lässt. Die frühere NRW-Regierungssprecherin, Journalistin, | |
Medienprofessorin und Beraterin beschwor darin das „Glück der | |
Unerreichbarkeit“, was ihr die taz allerdings nicht so ganz abnahm. „Meckel | |
sitzt in ihrem Zimmer und guckt in die Schneelandschaft. Alles, was sie | |
hört, ist ihr Tinnitus“, schrieb die damalige Rezensentin. | |
„In meinem Kopf war es nie still, die Arbeit stets unsichtbar mit im | |
Gepäck“, auch dieser Satz könnte von Miriam Meckel sein. Er ist aber von | |
[2][Stephan Schäfer], der gerade seine derzeit unterbrochene Laufbahn fürs | |
Schreiben genutzt hat. Nicht wie Meckel in einer Mischung aus | |
populärwissenschaftlichem Sachbuch und Teilautobiografie, sondern in einem | |
Ferienhausroman. | |
„25 letzte Sommer“ heißt das Buch. Und hat natürlich gar nichts mit dem | |
Mann zu tun, der zunächst mal in Hamburg den honorig-hanseatischen | |
Verlagsdampfer Gruner + Jahr enterte und auf Gewinnmaximierung in schwerer | |
Zeit trimmte. 2022 hatte Schäfer dann die absurde Idee, [3][G+J mit der | |
RTL-Gruppe zu fusionieren]. Die Idee ist heute immer noch ziemlich | |
abenteuerlich und klappen tut’s auch nicht. Weshalb Schäfer weg vom Fenster | |
und im Wochenendhaus ist. | |
Da liegt er beziehungsweise sein Ich-Erzähler dann viel zu früh wach und | |
verfällt prompt ins Grübeln. „Abarbeiten statt Leben“, schießt ihm durch | |
den Kopf. „Mit jedem neuen Smartphone wurde ich immer erreichbarer und | |
überall verfügbar.“ Wobei, so viel Selbstreflexion darf sein, der | |
selbstgemachte Druck natürlich der ärgste war. „Getrieben von | |
Abgabeterminen, von Erwartungen anderer und den eigenen“ bleibt dann | |
plötzlich keine Zeit mehr fürs Ich. Und wie wird ein Mensch dann? „Streng | |
zu sich selbst, selten zufrieden, entschlossen statt entspannt.“ | |
## Ein Hauch von Weisheit | |
Doch Rettung naht. Sie heißt Karl, ist schon älter und schwimmt nackt. | |
Welch Glück, dass Schäfers Ich-Erzähler aus den Federn steigt und zum See | |
radelt. Von dem hatte er schon gehört, war aber noch nie da, weil auch in | |
der Freizeit natürlich frei, aber keine Zeit ist. | |
Dann nimmt die Mischung aus Bauerntheater und Selfimprovement-Seminar | |
seinen Lauf. Karl ist tatsächlich ein bisschen Bauer und macht in | |
Kartoffeln. Außerdem ist er so was von weise mit diesem Hauch Richard David | |
Precht. Und – peng! – ist auch bei Schäfers Ich-Erzähler plötzlich Zeit … | |
und damit das große kosmische Begreifen. „Als ich an Karls Feld vorbeikam, | |
bemerkte ich, dass der Wind von hinten und nicht von vorne kam“, lautet der | |
letzte Satz. | |
Mal sehen, wo es Schäfer als nächstes hinweht. „Und in welchem See er in | |
seiner Freizeit nackt baden geht“, sagt die Mitbewohnerin, „aber ich will�… | |
auch gar nicht wissen!“ | |
22 Mar 2024 | |
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## AUTOREN | |
Steffen Grimberg | |
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