| # taz.de -- Geisterjäger über Aufklärung: „Den Menschen die Ängste nehmen… | |
| > Aufklären und mit alten Mythen und falschen Ansichten aufräumen: Tom | |
| > Pedall spricht in Stade über seine Arbeit als Geisterjäger. | |
| Bild: Absolut erklärlich: Dieses Gespenst ist gar keins | |
| taz: Tom Pedall, wissen Sie noch, was Sie am 25. Januar 1985 gemacht haben? | |
| Tom Pedall: Da war ich nicht mal 14 Jahre alt … | |
| Dann waren Sie im Prinzip Teil der Zielgruppe: Das war der Tag, an dem | |
| [1][„Ghostbusters“] in Deutschland angelaufen ist. | |
| Ach, der erste Teil. | |
| Genau. Worauf ich hinaus will: Wenn Sie sich als Ghost Hunter oder | |
| Geisterjäger bezeichnen, müssen Sie dann nicht immer wieder erklären, dass | |
| Sie nicht das tun, was die Leute aus den Filmen oder Zeichentrickserien | |
| kennen? Welchen Missverständnissen begegnen Sie am häufigsten? | |
| Wahrscheinlich der Annahme, dass wir Geisterjäger alle auf die gleiche Art | |
| und Weise agieren und die gleiche Teamphilosophie haben. Eine Erklärung zu | |
| den „Ghostbusters“-Filmen brauchen wir aber nicht. | |
| Wie sind Sie dazu gekommen, sich mit vielleicht übernatürlichen, jedenfalls | |
| nicht ohne Weiteres erklärlichen Phänomenen zu beschäftigen? | |
| Im Haus meiner Großtante in Luxemburg, ich war so 13, 14, also vor knapp 40 | |
| Jahren, da gab es Vorkommnisse, die kann ich mir bis heute teils nicht | |
| erklären. Ich habe mich seit damals dafür interessiert, auch gelesen, was | |
| immer ich an Literatur finden konnte. Das hat sich fortgesetzt, so richtig | |
| intensiv dann in den vergangenen 20 Jahren. Denn ich habe auch im Haus | |
| meiner Eltern Vorkommnisse erlebt, zu der Zeit, als mein Vater im Sterben | |
| lag. Oder noch mal später, 2008 oder 2009 mit meiner Lebensgefährtin. | |
| Was haben Sie erlebt? | |
| Man hörte im Haus meiner Großtante Schritte auf den Holztreppen, die nicht | |
| dem Geräusch von arbeitendem Holz entsprachen. Es war auch niemand von uns | |
| im Haus unterwegs. Die schwere Zimmertür ging auf und zu, aber auch | |
| Schranktüren. Mit meiner Partnerin waren die Erlebnisse beeindruckend: Wir | |
| bewohnten eine Altbauwohnung unter dem Speicher. Lagen im Hochbett und | |
| gegen ein Uhr nachts hörten wir ein Geräusch, wie wenn jemand mit Wucht | |
| einen schweren Schrank über den Dielenboden des Speichers über uns schob. | |
| Nur war da niemand. | |
| Wie sind Sie selbst dann [2][zu Geisterjägern geworden]? | |
| Wir haben in der Zeit eine Fernsehserie gesehen, über amerikanische Ghost | |
| Hunters, die sehr seriös vorgegangen sind. Wir haben gesehen: Oh, es gibt | |
| Leute, die versuchen, Phänomene aufzuklären. Dann haben wir herausgefunden, | |
| dass es auch in Deutschland Teams gibt und haben uns einem angeschlossen. | |
| 2010 haben wir aber festgestellt: Die Philosophie-Entwicklung des Teams | |
| passt nicht zu unserer Einstellung. 2012 haben wir dann ein eigenes | |
| gegründet: Wir sind sehr bodenständig, rational und vernünftig ausgerichtet | |
| – und skeptisch. | |
| Wenn Sie sagen, da gibt es unterschiedliche Philosophien: Worin besteht | |
| dann die Differenz? | |
| Fangen wir mit dem Equipment an: Es wird viel verwendet, das völlig | |
| sinnfrei ist. Es gibt bei einer Spielkonsole, der X-Box, das | |
| „Kinect“-System, einen Bewegungssensor. Man spielt zum Beispiel Tennis und | |
| auf dem Bildschirm werden den Bewegungen entsprechend Figuren dargestellt. | |
| Mit diesem Gerät laufen Teams herum und meinen, wenn sie Strichmännchen | |
| finden, dann sind das Repräsentationen von Geistern – völliger Blödsinn. Es | |
| glauben auch viele an Dämonen, die es nicht gibt. Wir haben in unserem Team | |
| dagegen zum Beispiel einen studierten Archäologen, der sich mit | |
| Bestattungsriten auskennt. Ein wichtiger Unterschied zu anderen Teams: Wir | |
| wollen keine Geister verkaufen an Youtube-Fans. Wir wollen aufklären, auch | |
| mit Mythen aufräumen und mit falschen Ansichten. Und wir wollen den | |
| Menschen Ängste nehmen. Vielfach sind teils noch mittelalterliche Ansichten | |
| und Auffassungen anzutreffen. | |
| Haben Sie dafür ein Beispiel? | |
| Salzkreise ziehen: Das soll Dämonen fernhalten – Blödsinn! Wir versuchen | |
| halt Experimente durchzuführen und aufklärend zu wirken, weil im | |
| Zusammenspiel mit der Esoterik viel Schindluder getrieben wird. | |
| Wenn es so was gibt: Wie sieht ein typischer Einsatz aus? | |
| Wenn wir von privaten privaten Klienten kontaktiert werden, führen wir erst | |
| mal ausführliche Gespräche mit ihnen, geben ihnen auch Hausaufgaben auf: | |
| dass sie beispielsweise ein Spuktagebuch führen müssen. Da schreiben sie | |
| dann auf, was wann, wo passiert ist, im Beisein welcher Zeugen und so | |
| weiter. Anhand dessen kann man manchmal eine Regelmäßigkeit erkennen, was | |
| manchmal schon ein Erklärungsansatz ist. Bei vielen dieser Gespräche oder | |
| auch Aufträgen, Bild- und Videomaterial zu überprüfen, klärt es sich oft | |
| von alleine: Da finden wir eine rationale Erklärung für das Erlebte. Ich | |
| würde sagen, bei einem von zehn Fällen, ungefähr, fahren wir dann auch raus | |
| zu den Leuten. Wir lassen uns vor Ort nochmal die ganze Geschichte | |
| erzählen. Dann machen wir Fotos, Videoaufnahmen in unterschiedlichen | |
| Lichtwellenbereichen. Und wir arbeiten mit einem Diktiergerät für | |
| Tonaufnahmen: Wir stellen Fragen, wenn wir eine Vermutung haben, wer | |
| vielleicht da sein könnte. Und hinterher wird das alles ausgewertet. Was | |
| mir ganz wichtig ist: dass wir gratis arbeiten. | |
| Wie oft bleibt es denn dabei, dass es keine rationale Erklärung gibt, Sie | |
| also im Prinzip davon ausgehen müssen, dass da was Übernatürliches im Spiel | |
| ist? | |
| Also, von „übernatürlich“ reden wir in dem Zusammenhang nicht – wir stu… | |
| das ein als „interessant“. | |
| Das ist eine bemerkenswerte Unterscheidung. | |
| Zwischen 95 und 98 Prozent aller Vorkommnisse sind rational erklärbar. Wir | |
| haben in all den Jahren ein, vielleicht zwei Fotos auf den Tisch bekommen, | |
| die wir als „interessant“ einstufen. Ich würde sogar sagen: ein einziges, | |
| das wirklich interessant war. Und zwei oder drei Tonaufnahmen. | |
| Von wie vielen Einsätzen? | |
| Etwa 80 bis 100 Ermittlungen und Vorort-Gespräche und schätzungsweise 300 | |
| bis 400 Prüfungsaufträge, Telefonate, Chats waren es in der Zeit schon. | |
| Dann ist es ja wirklich ein bemerkenswert kleiner Rest von nicht | |
| erklärbaren Geschehnissen. Wenn Sie üble Geschäftemacher wären, müssten Sie | |
| ständig vermeintlich Unerklärliches ausfindig machen – und den Leuten | |
| gleich noch irgendein teures Nonsens-Gerät andrehen, als Schutz vor Dämonen | |
| … | |
| Sie können aktuell online ein Gerät kaufen, für 299 Euro, da ist eine | |
| Datenbank hinterlegt und wohl mit einer kleinen künstlichen Intelligenz, | |
| wie es aussieht. Und je nachdem, welche Fragen gestellt werden, wirft die | |
| dann etwas vom Text aus, aus der Datenbank. Leider gibt es viele Geräte auf | |
| den Markt, die man eher unter „Partygag“ verbuchen kann. | |
| Also nix da mit Stimmen aus anderen Sphären. | |
| Ich habe ja auch noch mein eigenes Projekt, [3][„Toms Talk Mistery“], wo | |
| ich konkreten Geschichten auf den Grund gehe und aufkläre über, ich muss | |
| das leider so sagen: viel Geschwurbel da draußen. | |
| 5 Mar 2024 | |
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| Alexander Diehl | |
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