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# taz.de -- Unterwegs mit Geisterjägern: Klopf. Klopf.
> Deutschlandweit sind Geistersucher-Teams im Einsatz. Rund um die Uhr
> fahnden sie nach Geistern. Manchmal ereignet sich tatsächlich
> Paranormales.
Bild: Ja wo sind sie denn, die Geisterchen?
BERLIN taz | In diesem Haus soll es also spuken. Drüben, im Kaminzimmer, um
genau zu sein. Seine Schwester hat es bei einem ihrer Besuche zuerst
gehört, dieses Knarren, laut, unerklärlich. „Ich hatte vorher nie darauf
geachtet“, erzählt der Anwalt mit knurriger Stimme. Dann achtete er darauf.
Und wirklich. Oder doch nicht?
Berlin-Grunewald. Der Anwalt sitzt an diesem Abend versunken in seinem
Sessel, ein Rotweinglas in der Hand, nackte Füße in den Schlappen. „Es gibt
nicht so viel Holz, das so knarrt. Als ob jemand eine schwere Kiste zieht“,
sagt er.
Der Anwalt gießt Rotwein nach und er stellt klar, dass er ein Mann von
Ratio ist, niemand, der sich von Gespenstern irremachen ließe. „Mit
Verlaub“, knurrt er. „Ich glaube nicht an solche Effekte.“ Die Geisterjä…
hat er dann trotzdem bestellt. Sollen die mal schauen.
Rund 30 Geisterjäger-Teams sind deutschlandweit im Einsatz. Sie verbringen
ihre Wochenenden auf Burgruinen, werden in verwunschene Häuser gerufen,
untersuchen mit Infrarotkameras und Aufnahmegeräten des Nachts
Kellergewölbe. Als Kammerjäger des Übersinnlichen wollen sie verängstigten
Spukopfern helfen. Vor allem aber suchen sie nach dem eigenen Thrill. Das
Ziel: harte Belege finden für schleierhafte Phänomene.
## Hobby: Gespenstersuche
Zum Beispiel die Erscheinung, die auf einem Foto durch den Raum huscht.
Oder doch nur Staub vor der Linse? Zum Beispiel die düstere Stimme, die
plötzlich auf dem Tonband zu vernehmen ist. Oder doch nur das Rauschen der
Technik?
Die Gespenstersuche ist ein Hobby, das aus den USA nach Deutschland
gekommen ist. Dort wurde es vor allem durch eine Doku-Serie über „The
Atlantic Paranormal Society“ populär, eine 1990 gegründeten Geisterpolizei.
Seither ist der Spiritismus zurück. Akribischer denn je.
Die Geräte, die Alexander Schollain in das Haus des Anwalts mitgebracht
hat, liegen eingewickelt in grün karierte Geschirrtücher auf dem
vollgeräumten Tisch: Digitalkameras, Diktiergeräte, zwei elektromagnetische
Feldmesser, einer mit Nadel, einer mit Leuchtanzeige. 5.000 Euro hat der
Mittdreißiger in das Equipement investiert. Er ist der Techniker der beiden
Geisterjäger, der Schweigsame, im wahren Leben arbeitet er als Küchenchef
in einem Restaurant. Ariane Gerhold, 29, genannt Minckee, plappert dafür
umso mehr. Sie erzählt von ihrem Kontakt zu Wesenheiten, davon, wie ein
Unsichtbarer ihr plötzlich die kalte Hand auf die Schulter legte. Sie ist
die, die meint erspüren zu können, was er zu messen vorgibt. Das ist ihre
Arbeitsteilung.
Seit 1995 lebt der Anwalt in dem Haus, zuerst mit der Familie, aber von
seiner Frau hat er sich getrennt und die Kinder sind groß. Jetzt ist er
allein hier mit viel Krempel. Und mit einem Geist. Ist das denn möglich?
Dem Anwalt fällt ein, dass der Vormieter ihn damals bei der
Schlüsselübergabe gebeten hatte, das Namensschild an der Tür zu belassen.
Wegen des Vaters, der sei nach dem Krieg nicht mehr zurückgekommen aus
Stalingrad, man wisse nicht, ob er noch lebe. „Machen Sie das nicht ab“,
sagte der Mann. Der Anwalt hielt sich daran. Ariane horcht auf. „Und wo ist
das Schild?“ Sie lässt sich an die Haustür führen. Unter einem Türklopfer,
einem Löwenkopf mit einem dicken Ring aus Bronze in der Nase, ragen die
Ecken der kleinen Metallplatte hervor. Lesen kann man den Namen nicht mehr.
„Wie hieß der?“, fragt Ariane. „Den werden wir gleich rufen.“
## Manchmal ist etwas Paranormales dabei
Ariane Gerhold und Alexander Schollain sind sich sicher: Oft kehren sie
zwar mit Nullbefunden von ihren nächtlichen Untersuchungen heim, aber
manchmal ist eben doch etwas dabei, etwas Paranormales. Es muss ja so sein.
Neulich zum Beispiel. Da wurden sie in ein altes Gutshaus gerufen, das
inzwischen zum Hotel umgebaut worden ist. „Ein Megaphänomen hatten wir da“,
sagt Ariane. „Am helllichten Tag!“
Ariane legte die Finger an die Schläfen, Alexander schaltete die Geräte
ein. Sie meinten, in einem Nebenraum jemanden duschen zu hören, Wasser
peitschte gegen die Kacheln. Der Zeiger des elektromagnetischen Feldmessers
pulsierte. „Wie ein Herzschlag“, sagt Alexander. Als sie dann die Tür
öffneten zu dem Nebenraum: nichts. Eine Mängelkammer. Kein Wasser. Keine
Dusche. Niemand.
Oder das, was sie neulich im Loft eines Schauspielers aufnahmen. Den
Ton-Mitschnitt haben Ariane und Alexander anschließend [1][ins Internet
gestellt], auf YouTube, damit sich jeder selbst vergewissern kann.
Man hört: Nicht viel. Rauschen. Dann noch einmal, diesmal blenden sie ein,
welche Nachricht da ein Unsichtbarer auf dem Band hinterlassen haben soll:
„Schnell in den Schrank.“ Und tatsächlich: Hört man genau hin, könnte es…
klingen. Je öfter man hinhört, desto klarer wird die Botschaft. Es ist wie
mit Bildern, die man beim Blick in die Wolken erkennt: Hat man einmal die
Umrisse irgendeines Tieres erkannt, das da über den Himmel segelt, fällt es
schwer, noch etwas anderes zu sehen.
Alles eine Wahrnehmungstäuschung? Bei solchen Einwändenbeugt sich Ariane in
ihrem Sessel vor und redet noch schneller als sonst. Und schnell dreht sich
das Gespräch im Kreis. „Es gibt keinen Zufall“, ruft sie. „Man kann das
eindeutig feststellen.“ Und wie? „Durch Fakten“, sagt Alexander.
Die Haltung ist typisch, wie auch die Autoren Sebastian Bartoschek und
Alexa Waschkau feststellen. Sie haben für ihr Buch die deutsche
Geisterjägerszene beobachtet und die Spuk-Detektive befragt (Ghosthunting,
Alibri Verlag). Das Ergebnis: Fast immer betrachten sich Menschen, die
kritisch an Spukphänomene herangehen, als Forscher, auch deswegen fahren
sie die Gerätschaften auf. Aber die Aufgeklärtheit ist nur eine Krücke,
damit der Geisterglaube umso aufrechter gehen kann. Wer skeptisch ist, darf
umso überzeugter sein. Es ist Unsinn, doch es hat Methode.
## Um 0.30 Uhr krachen Stiefel auf den Boden
„Und diese Geräusche im Kaminzimmer“, fragt Ariane. „Kann es nicht sein,
dass die vom Nachbarn kommen, der nebenan Petersilie hackt?“ Der Anwalt
schüttelt den Kopf. „Unmöglich. Den erkenne ich sofort.“ Ariane sieht sich
um. Doch, sagt sie, irgendetwas werden sie heute feststellen, bestimmt. „I
have a good feeling.“
Seit sie vor zehn Jahren einen Geist in ihrer eigenen Wohnung hatte, ist
Ariane wie besessen von allem Paranormalen. Eines Nacht um 0.30 Uhr hatte
sie Stiefel auf den Boden krachen gehört, „megalaut“. Später will sie ihn
sogar gesehen haben. „Er hat mich genauso erstaunt angesehen wie ich ihn.“
Als sie dann eine Reiki-Großmeisterin anrief, die direkt alles zu wissen
schien, die Sache mit den Stiefeln, dem Krach, wie es in ihrer Wohnung
aussah, alles, da war Ariane endgültig überzeugt. Sie ließ sich dann selbst
zur Reiki-Meisterin ausbilden.
Alexander hatte kurz nach dem Tod seiner Großmutter erstmals mit
Videokamera und Aufnahmegeräten experimentiert – auf dem Friedhof.
Schlagartig schmierte der Akku ab, ein Stück weiter funktionierte er wieder
einwandfrei. Alexander war verblüfft. Zufall? Unmöglich.
Das Licht im Kaminzimmer des Anwalts ist aus, eine Kerze schimmert und man
ahnt den Krempel, der sich hoch auf Tischen und Stühlen türmt, Bücher,
Papiere. „Wenn hier noch jemand mit uns ist, mag er uns jetzt ein Zeichen
geben“, sagt Ariane. Stille. Nur eine Katze, draußen. Ariane wiederholt die
Frage. „Es würde uns freuen, wenn du Vertrauen fasst“, sagt sie. „Wir tun
dir nichts.“ Und noch einmal. „Wir würden uns sehr über ein Zeichen
freuen“, sagt Ariane. „Vielleicht auch hier an den Geräten.“ Sie macht e…
Foto, kurz wird der Raum hell vom Blitzlicht, dann wieder dämmrig.
Alexander starrt gespannt auf die Anschlagnadel des elektromagnetischen
Feldmessers.
„Und?“, sagt Ariane.
„Nichts.“
6 Oct 2013
## LINKS
[1] http://www.youtube.com/user/Ghosthunterberlin/featured
## AUTOREN
Bernd Kramer
## TAGS
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