Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- AfD verklagt grünen Bezirksamtsleiter: Zu viel klare Worte
> Die AfD hat den Bezirksamtsleiter in Hamburg-Nord, Michael Werner-Boelz,
> verklagt. Er hatte die AfD als „Feinde der Demokratie“ bezeichnet.
Bild: Muss am Mittwoch vor Gericht seine Aussagen verteidigen: der Leiter des B…
Hamburg taz | Dem juristischen Konflikt weicht Michael Werner-Boelz nicht
aus. Der Bezirksamtsleiter im Hamburger Bezirk Nord steht zu seinen Worten
gegen die AfD während einer Sitzung der Bezirksversammlung. Auf einer
Pressekonferenz im Großen Sitzungsaal des Amtes versichert Werner-Boelz:
„Wenn gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit erfolgt, werde ich auch
weiterhin widersprechen.“ Am Mittwoch wird vor dem Hamburger
Verwaltungsgericht eine Klage der AfD Hamburg-Nord gegen den
Bezirksamtsleiter wegen Verstoßes gegen das Neutralitätsgebot im Amt
verhandelt.
Eine solche Klage ist in der Kommunalpolitik keine Petitesse. Werner-Boelz’
Rechtsanwältin Cornelia Ganten-Lange hofft deshalb, vor Gericht ein
grundsätzliches Umdenken zu erreichen. Das [1][Neutralitätsgebot verbunden
mit dem Gleichbehandlungsgebot] sei über Jahrzehnte ein wichtiges und
richtiges Gebot gewesen, sagt Ganten-Lange. In den Parlamenten seien nun
aber Mandatsträger:innen, die mit den Mitteln der [2][Demokratie] das
demokratische System unterminieren. Die bisherige Rechtsprechung müsse
wegen der ständigen Anfeindung „unserer Verfassung und der Menschenrechte“
überdacht werden, so Ganten-Lange.
Vor fast zwei Jahren hatte die Bezirksversammlung in einer aktuellen Stunde
über den Angriff Russlands auf die Ukraine debattiert. Am 22. März 2022
verurteilte der AfD-Bezirksabgeordnete Thorsten Janzen zwar den
Angriffskrieg von Wladimir Putin und versicherte, dass den Kriegsflüchtigen
geholfen werden müsse, doch er schob laut Sitzungsprotokoll nach: „Hierbei
müsse man aber darauf achten, dass dies nicht von Menschen ausgenutzt
werde, die nicht in der Ukraine lebten und aus rein wirtschaftlichen
Gründen nach Deutschland kämen. Hier müsse man genau prüfen.“ Nach den
Regularien der Bezirksversammlung war der AfD-Politiker der letzte Redner.
„Die Debatte wollte ich so nicht enden lassen“, sagt Werner-Boelz auf der
Pressekonferenz. Dem Protokoll nach konterte der Amtsleiter, der Mitglied
bei den Grünen ist: „Ich denke nicht, dass es sein kann, dass solch eine
Debatte mit solch einem Beitrag einer demokratiefeindlichen Organisation
beendet werden kann.“ Werner-Boelz bezeichnete die AfD als „Bruder im
Geiste von Herrn Putin“ und als „Feinde der Demokratie, des Pluralismus,
der Meinungsfreiheit“.
In diesen Äußerungen sieht der Bezirksverband der AfD einen Amtsmissbrauch.
Ein Missbrauch, „um parteipolitische Hetze zu betreiben“, erklärte
Krzysztof Walczak per Pressemitteilung am 26. August 2022. Der
AfD-Bürgerschaftsabgeordnete und -Bezirksvorsitzende sprach weiter von
einem „schwerwiegenden Neutralitätsverstoß eines grünen Desperados“.
Diese Sichtweise teilen Werner-Boelz und Ganten-Lange nicht. „Ich bin der
festen Überzeugung, dass der Einsatz für unsere Demokratie und gegen die
Abwertung und Ausgrenzung von Menschen nicht gegen die Neutralität
verstößt“, sagt Werner-Boelz.
Er sehe ganz im Gegenteil „dieses Engagement als Teil“ seiner
„Dienstpflicht“. Bereits bei seinem Amtsantritt 2020 habe er sein
Dienstverständnis dargelegt.
Der Diplom-Sozialökonom erinnert daran, dass bei [3][Protesten der
vergangenen Tage] wegen des geheimen Treffens von
AfD-Funktionsträger:innen, CDU-Mitgliedern und Unternehmer:innen auch
die Frage gestellt wurde, was daraus folgt, was die Zuständigen machen. Auf
dem [4][Treffen] hatte der Rechtsextremist Martin Sellner Pläne
vorgestellt, große Teile der Bevölkerung zu deportieren. Werner-Boelz’
Antwort ist klar: Die Vertreter:innen der staatlichen Institutionen
müssen Position beziehen.
In dem Streit erhält Werner-Boelz vielfältige Unterstützung. Sandra
Goldschmidt, Landesbezirksleiterin von Ver.di in Hamburg, denkt auch, dass
mit den umstrittenen Äußerungen die „Würde des Menschen“ geschützt werd…
Dies sei nach Artikel 1 des Grundgesetzes auch die „oberste Pflicht“ eines
Bezirksamtsleiters.
„Ich finde, es sollte viel mehr Menschen wie ihn geben, die so etwas
äußern, ohne Angst zu haben“, sagt [5][Faruk Arslan] in einer
Videobotschaft auf der Pressekonferenz. Arslan verlor bei dem Brandanschlag
in Mölln am 23. November 1992 Mutter, Tochter und Nichte. „Für mich ist die
AfD einer der größten Feinde“, sagt er.
## Engagement für Opfer rechter Gewalt
Werner-Boelz schätze er sehr, da er sich seit Jahren für die Erinnerung an
die Opfer rechter Gewalt in Hamburg stark gemacht habe. 2021 enthüllt
Werner-Boelz im Stadtteil Langenhorn [6][einen Gedenkstein für Mehmet
Kaymakçı]. 35 Jahre zuvor, am 24. Juli 1985, war Kaymakçı dort von drei
Rechtsextremen ermordet worden.
Die AfD führt immer wieder solche Klagen. Sie will anscheinend
Amtsträger:innen einschüchtern. Vor Gericht bekamen sie Recht, wenn
entsprechende Äußerungen in Ausübung der Amtsfunktion erfolgten.
Ganten-Lang betont jedoch, dass Werner-Boelz in der Bezirksversammlung gar
nicht in „der Rolle eines Hoheitsträgers“ sei. Er hat kein Stimmrecht, kann
keine Entscheidungen treffen, darf nur sprechen.
Äußerungen gegen den Rechtsstaat und die [7][Menschenwürde] dürften „nicht
hingenommen“ werden, sagt Ganten-Lang. Die ehemalige Richterin am
Verfassungsgericht Hamburg sagt aber zugleich: „Auch Amtsträger sind
gefragt, ihrer Verantwortung zum Schutz der Verfassung und Demokratie
nachzukommen.“
13 Feb 2024
## LINKS
[1] /Neutralitaetspflicht/!t5309260
[2] /Demokratie/!t5008835
[3] /Schwerpunkt-Demos-gegen-rechts/!t5338539
[4] https://correctiv.org/aktuelles/neue-rechte/2024/01/10/geheimplan-remigrati…
[5] /Gedenken-zum-8-Mai/!5684613
[6] /!5785548
[7] /Buch-ueber-Menschenrechte-und--wuerde/!5919888
## AUTOREN
Andreas Speit
## TAGS
AfD Hamburg
Schwerpunkt Demos gegen rechts
Demokratie
Schwerpunkt AfD
Hamburg
Hamburg
Hamburg
AfD Hamburg
Schwerpunkt AfD
Rechte Szene
Schwerpunkt AfD
Schwerpunkt Demos gegen rechts
## ARTIKEL ZUM THEMA
Hamburger AfDler zieht vor Gericht: An den Grenzen des Rederechts
Ein Hamburger AfD-Abgeordneter klagt vor dem Landesverfassungsgericht wegen
zweier Ordnungsrufe. Die hatte er nach rassistischen Äußerungen erhalten.
Vier-Parteien-Bündnis gegen Grüne: Ex-Partner will nicht mehr
Bei der Hamburger Kommunalwahl blieben die Grünen trotz Verlusten stärkste
Kraft im Bezirk Nord. Doch die SPD sucht neue Bündnispartner.
Politik auf dem Schulhof: Schuleltern wehren sich gegen AfD
Nach einer Schulhof-Demo von Hamburger Grundschüler:innen gegen die AfD
startete die Partei eine Kampagne. Nun wehrt sich der Elternrat.
Fotos von AfDlern bei Nazi-Aufmarsch: Braune Vergangenheit
Der Hamburger AfD-Sprecher Robert Offermann und der
AfD-Bundestagsabgeordnete Steffen Kotré nahmen 2009 an einem Nazi-Aufmarsch
teil. Das belegen Fotos.
Ausstellung über rechte Gewalt seit 1945: Hamburgs Baseballschläger-Jahre
Bei rechter Gewalt denken viele zuerst an die 1990er-Jahre und
Ostdeutschland. Dabei war Hamburg nur früher dran, wie eine Ausstellung
zeigt.
Geld für Deportationstreffen: Plöner AfD-Politiker stellt Konto
Das hinter dem geheimen „Remigrations“-Treffen in Potsdam steckende
„Düsseldorfer Forum“ nutzt ein Konto des Plöner AfD-Politikers Thomas
Grebien.
Demos gegen die AfD: Die bürgerliche Antifa
Es gibt eine breite Mehrheit gegen die Mentalität des Hasses. Linke müssen
sich nur mit ihr alliieren, über alle Unterschiede hinweg.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.