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# taz.de -- Gericht weist Klage zurück: Imker gewinnt gegen Böhmermann
> Ein Imker aus Meißen darf mit dem Konterfei und Namen von Jan Böhmermann
> für seinen Honig werben. Das entschied das Landgericht Dresden.
Bild: David Imker hat gewonnen gegen Goliath Böhmermann
„Wer austeilt, muss auch einstecken können!“ Die alte Boxerregel gilt sogar
für einen [1][Chefausteiler und Bundesscharfzüngler wie Jan Böhmermann.]
Man darf mit den gleichen Mitteln zurücksatirieren, wenn man sich von ihm
denunziert fühlt, befand am Donnerstag das Landgericht Dresden. Es wies den
Antrag auf eine einstweilige Verfügung des Fernsehmoderators und Satirikers
gegen einen Imker aus Meißen zurück. Der hatte sich mit einer
parodistischen Werbeaktion gegen die Unterstellung [2][im
ZDF-„Magazin-Royale“] gewehrt, er betreibe so genanntes „Beewashing“. E…
Gütetermin Mitte Januar war gescheitert.
Böhmermann hatte in der Magazinsendung vom 3. November 2023 [3][das
Greenwashing bei deutschen Konzernen] thematisiert, also die Täuschung von
Partnern und Kunden durch den Anschein ökologischen und nachhaltigen
Wirtschaftens. Dabei gerieten auch Imker ins Visier. Böhmermann und die
Redaktion behaupteten, auch sie würden „Beewashing“ betreiben, die
Unwissenheit von Käufern ausnutzen und mit dem Bienensterben Geschäfte
machen. Beispielhaft erschien für acht Sekunden das Firmenlogo der
„MyHoney“-Bio-Imkerei aus dem sächsischen Meißen. Geschäftsführer Rico
Heinzig hält etwa 200 Bienenvölker und bietet Bienenpatenschaften für
Schulen und Firmen an.
Heinzig fühlte sich verkannt, rannte aber nicht gleich zum Anwalt, sondern
wehrte sich mit einer eigenen kabarettistischen Nummer. Reichlich zwei
Wochen später bauten er und seine drei Mitarbeiter in einer Dresdner
Edeka-Filiale einen Stand mit 150 Honiggläsern auf, beschriftet als
„beewashing HONEY“. Dahinter war auf einem fingierten Plakat Böhmermann in
seiner typischen fingerzeigenden Geste aus der Fernsehsendung zu sehen.
Er weist auf eines dieser Gläser. Darüber steht: „Führender Bienen- und
Käferexperte empfiehlt“. Auch Online waren diese Honiggläser bestellbar.
Auf jedem klebt außerdem ein QR-Code, mit dem man einen eigens
eingerichteten Youtube-Kanal aufrufen kann. Dort klärt Imker Heinzig auf
und stellt seine Sicht auf das Bienenproblem dar.
## Seltene Heiterkeit im Gericht
„Der Antrag auf einstweilige Verfügung war zulässig, aber unbegründet“,
erklärte Richterin Heike Kremz. „Herr Böhmermann muss Reaktionen derer in
Kauf nehmen, die von ihm ins Rampenlicht gezogen werden“, lautete
schließlich das Fazit ihrer dreiviertelstündigen Urteilsbegründung. Die
Richterin, hörbar nicht humorfrei veranlagt, wahrte während dieser Zeit
weitgehend die Contenance. Denn im von zahlreichen Journalisten besetzten
großen Schwurgerichtssaal regte sich während ihres Vortrags mehrmals eine
in diesem Justizmilieu seltene Heiterkeit.
Weder von Kläger- noch von Beklagtenseite waren Vertreter zur
Urteilsverkündung erschienen. Imkeranwalt Markus Hoffmann aus Dresden hatte
zuvor beim Gütetermin von einem „Schock“ seines Mandanten berichtet, der
sich „mit einer überzeichneten Gegensatire“ zur Wehr setzen und dem Thema
Aufmerksamkeit verschaffen wollte. Böhmermann-Anwalt Torben Düsing stellte
Persönlichkeitsrechte in den Vordergrund. Sein Mandant wolle nicht, „dass
man mit seinem Gesicht und Namen wirbt“, ja Böhmermann betreibe
grundsätzlich keine Produktwerbung.
Mit diesem Persönlichkeitsrecht befasste sich Richterin Heike Kremz auf der
Basis von Artikel 23 im Kunsturheberrechtsgesetz ausführlich. Zwar bestehe
grundsätzlich das Recht am eigenen Bild. Aber auch ohne Einwilligung des
Betroffenen könne ein Foto veröffentlicht werden, wenn es sich um einen
zeitgeschichtlichen Vorgang handelt und berechtigte Interessen des
Abgebildeten nicht verletzt werden. Das sei hier der Fall.
## Im Zweifel für die Freiheit
Der Kontext lasse Ironie eindeutig erkennen. „Es wäre ja auch ein
Widerspruch zu Behauptungen in der Sendung, wenn Jan Böhmermann auf einmal
ein Produkt des Angegriffenen anpreisen würde“, übte sich die Richterin in
Logik. Wiederholt ist in ihrer Begründung von einer „satirischen
Meinungsäußerung“ die Rede. In der Güterabwägung seien „Deutungen
vorzuziehen, die Satire ermöglichen“. „In dubio pro libertate“ – im Zw…
für die Freiheit, fasste Heike Kremz ihre Sicht zusammen.
Die wirtschaftlichen Interessen von Imker Heinzig, der bereits von
besorgten Kundenanrufen seiner berichtete, spielten nur am Rande eine
Rolle. Beide Parteien haben nun vier Wochen Zeit, Berufung beim
Oberlandesgericht Dresden einzulegen. Der moralische Streitwert der
Auseinandersetzung dürfte jetzt schon höher liegen als der auf 15.000 Euro
angesetzte materielle.
9 Feb 2024
## LINKS
[1] /Anzeige-wegen-Satanismus-Sendung/!5959191
[2] /Jan-Boehmermann-im-ZDF-Hauptprogramm/!5726806
[3] /Greenwashing/!5108411
## AUTOREN
Michael Bartsch
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