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# taz.de -- Alternative Antriebe für Traktoren: Es muss nicht immer Diesel sein
> Bauern betonen, Diesel sei für ihre Traktoren unverzichtbar. Doch sie
> können ihren Verbrauch reduzieren. Alternative Antriebe werden
> realistischer.
Bild: Zum Blockieren nicht so gut geeignet, dafür niedlich: E-Traktor der Firm…
Wenn es um ihre Traktoren geht, verstehen viele Bauern keinen Spaß: Im
Dezember und Januar waren Landwirte zu Tausenden auf der Straße. Denn die
Bundesregierung wollte ihnen die Subventionen für fossilen Diesel
streichen, mit dem sie ihre Trecker, Mähdrescher und andere Landmaschinen
betreiben. Eines ihrer wichtigsten Argumente lautet: Wir können gar nicht
auf den klimaschädlichen Diesel verzichten.
„Zu [1][Ochs und Pferd] wird keiner zurückkehren“, sagte
Bauernverbandspräsident Joachim Rukwied. Das verlangt aber auch keiner.
Denn viele Landwirte haben durchaus praktikable Möglichkeiten, den
Dieselverbrauch kurzfristig zu senken. Und es gibt zunehmend Ersatz für den
fossilen Sprit. Hier die wichtigsten Optionen:
## Elektromotoren für kleinere Maschinen
Mehrere Hersteller wie [2][Case] und [3][New Holland] haben bereits
vollelektrische Traktoren entwickelt. Diese Traktoren haben aber nur eine
geringe Motorleistung, weil sonst der Akku mitunter größer als das gesamte
Fahrzeug sein müsste, um ausreichend Energie bereitzustellen.
Der [4][Fendt e107 V Vario] lässt sich sogar schon bestellen, ab dem 4.
Quartal 2024 will ihn der Allgäuer Hersteller in Serie produzieren. Im
Vergleich zu den üblichen Monstertraktoren, deren Räder größer sind als
Menschen, wirkt der E-Trecker geradezu niedlich: Er ist nur rund 1 Meter
breit und 2,5 Meter hoch. Damit lässt sich die Autobahn natürlich nicht so
gut blockieren. Und der E-Traktor liefert je nach Betriebsmodus nur eine
Leistung von 68 bis 90 PS, viel weniger als die großen Traktoren mit
beispielsweise 500 PS.
Für viele Arbeiten auf den Höfen ist allerdings gar nicht so viel Leistung
nötig, sondern höchstens rund 130 PS. „Man könnte ungefähr die Hälfte des
Kraftstoffeinsatzes in der Landwirtschaft potenziell durch Elektrifizierung
ersetzen“, sagt deshalb Henning Eckel, Klimaschutzexperte des vom Staat
finanzierten Kuratoriums für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft
(KTBL), der taz. Das würde laut Experten jährlich allein in Deutschland
[5][bis zu 1 Milliarde Liter fossilen Diesel] einsparen. Mit elektrischen
Maschinen ließen sich zum Beispiel die Futtermittel vom Silo in den
Rinderstall fahren oder Feldarbeiten wie Säen erledigen, bei denen nicht so
viel Erde bewegt werden muss.
Doch bisher ist das Angebot solcher Maschinen klein. „Es gab den
subventionierten Agrardiesel, und solange das billiger ist als alles
andere, ist natürlich der Anreiz nicht so hoch, da zu investieren“,
erläutert Eckel.
Außerdem sind E-Traktoren schätzungsweise noch 50 bis 100 Prozent teurer
als konventionelle, schätzt Stefan Böttinger, Agrartechnikprofessor an der
Universität Hohenheim. Die Preise dürften aber sinken, wenn sich die
Technik weiterentwickelt und das Angebot steigt.
„Fossile Kraftstoffe müssen nicht subventioniert werden“, findet der
Landtechnikexperte und schlägt vor, das Geld stattdessen in den Einsatz von
Technik zu investieren, mit der man Kraftstoff sparen oder auf ganz neue
Antriebe setzen könne. Also: E-Traktor-Prämien vom Bund!
## Biodiesel
Akkus für sehr starke Traktoren oder Mähdrescher müssten auf absehbare Zeit
so groß sein, dass sie gar nicht in das Fahrzeug passen würden. Denn die
„Energiedichte“ der Akkus ist einfach zu gering, wie Fachleute das nennen.
„Dass ein Mähdrescher mit Akku läuft, werden wir wohl nicht mehr erleben“,
sagt Böttinger.
Deshalb wird für höhere Leistungsbereiche Biodiesel als Alternative
diskutiert. Die [6][Bundesregierung überlegt], ob sie bei solchen
Kraftstoffen aus Pflanzenöl auf Steuern verzichten sollte. Mit Bio hat das
übrigens nichts zu tun, der Raps für diesen Diesel wird fast immer
konventionell mit Mineraldünger und Pestiziden angebaut. Umweltschützer
sprechen deswegen lieber von Agrodiesel.
Der Vorteil: Bio-/Agrodiesel ist schon praxisreif, grundsätzlich können
bestehende Verbrennungsmotoren mit ihm laufen. Aber um den fossilen Diesel
komplett zu ersetzen, müsste laut Böttinger auf 9 Prozent der Agrarfläche
Deutschlands Raps für Biosprit wachsen. Diese Äcker würden dann fehlen, um
dort Lebensmittel anzubauen. „Für die Welternährung ist das eigentlich
nicht gut“, so der Landtechnikprofessor.
Der größte deutsche Agrospritproduzent, Verbio, forderte deshalb bereits
im April 2023 [7][in der taz], den Fleischverzehr zu senken. Dann würden
Äcker frei, auf denen bisher Futter erzeugt wird. Zwar fällt der
Fleischkonsum bereits, aber langfristig gesehen nur wenig.
Dazu kommt, dass Rapsbiodiesel nicht emissionsfrei sei, „sondern wir da
vielleicht um die Hälfte runterkommen“, sagt Karin Arnold, Energieexpertin
am Thinktank Wuppertal Institut. Denn für das Düngen des Rapses und das
Pressen in der Mühle etwa würden erhebliche Mengen Treibhausgase
freigesetzt.
## Synthetische Kraftstoffe
Anders als Biodiesel können synthetische Kraftstoffe laut Arnold
tatsächlich klimaneutral sein, wenn sie mithilfe von Strom aus Wasser und
Kohlendioxid hergestellt werden. Voraussetzung ist aber, dass der Strom
vollständig aus emissionsfreien Energien kommt. Zwar sind bestehende
Traktoren mit diesen E-Fuels kompatibel, sie verbrennen im Motor auch
effizienter als herkömmlicher Diesel.
„Aber die synthetischen Kraftstoffe sind nicht die beste Option, weil sie
durch diese lange Herstellungskette nicht hocheffizient sind.“ KTBL-Experte
Eckel spricht von Mehrkosten von 30 Cent pro Liter. Und klar: Von einer
Stromerzeugung aus 100 Prozent erneuerbaren Energien ist Deutschland noch
weit entfernt.
## Wasserstoffantriebe
Mehrere Firmen haben bereits Prototypen von Traktoren entwickelt, deren
Verbrennungsmotor oder Brennstoffzelle mit Wasserstoff läuft. Charmant
dabei ist, dass die Landwirte den Wasserstoff aus dem eigenen Biogas oder
mithilfe des selbst erzeugten Stroms herstellen könnten. „Dazu sind aber
hohe Investitionen nötig“, sagt Böttinger. Die Kosten der Druckbehälter f�…
den Wasserstoff sind bisher zumindest sehr hoch. Die Tanks müssen laut
Böttinger 4- bis 10-mal größer sein als die für Diesel. Aus diesen Gründen
rät auch das KTB bislang, andere Optionen zu bevorzugen.
## Sparsamere Anbauverfahren
Wenn ein Traktor einen schweren Pflug übers Feld zieht, der tief in den
Boden eindringt, kostet das viel Diesel. Andere Anbaumethoden verzichten
aber auf den Pflug. Das könne bis zu 50 Prozent Kraftstoff sparen, sagt
Agrartechnikprofessor Böttinger. Doch er warnt: „Dadurch steigt der Aufwand
beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln.“ Denn wenn nicht der Pflug das
Unkraut in Schach hält, braucht es etwa das umstrittene Pestizid Glyphosat.
Allerdings schaffen es manche Biobauern, ohne Pflug und Pestizide
auszukommen. Sie mindern den Unkrautbefall, indem sie besonders viele
Pflanzenarten hintereinander auf dem Acker abwechseln, also durch eine
weite Fruchtfolge. Wenn sie dem Unkraut zusätzlich mechanisch zu Leibe
rücken müssen – etwa mit den Zinken eines Grubbers –, dann sinkt der
Einspareffekt.
## Reifendruck anpassen
Eine Menge Diesel könnten Traktoren sparen, wenn sie den Reifendruck
automatisch dem Untergrund anpassen, sagt Böttinger. Auf der Straße brauche
man insbesondere für Transportarbeiten einen hohen Luftdruck, um mit
geringem Rollwiderstand zu fahren.
Auf dem Feld dagegen sollte der Druck möglichst niedrig sein. Denn sonst
wird der Boden stärker zusammengedrückt, sodass er Wasser schlechter
aufnimmt. Die Lösung ist eine [8][Reifendruckregelanlage]: „Die haben
Schläuche vom Kompressor des Traktors hin zum Ventil am Reifen und passen
den Reifendruck auf Kommando an.“ Ohne dass der Fahrer aussteigen muss. Der
Einspareffekt liege „im einstelligen- bis unteren zweistelligen
Prozentbereich“, schreibt Hersteller Claas der taz.
Konkurrent Fendt berechnet nach eigenen Angaben für diese Zusatzausstattung
rund 16.000 Euro. Claas etwa bietet die Anlagen sogar zum Nachrüsten
bestehender Traktoren an. Zwar gibt es schon [9][Zuschüsse vom Bund] dafür.
Aber offenbar lohnt sich das im Vergleich zu den Dieselkosten immer noch
nicht. „Nur geschätzt 10 Prozent der Traktoren haben schon eine
Reifendruckregelanlage“, sagt Böttinger.
## Sparsamer fahren
Ähnlich wie bei Personenkraftwagen lässt sich auch bei Traktoren der
Spritverbrauch durch die Fahrweise und Bedienung senken. Die
Fachzeitschrift [10][agrarheute] bezifferte vor Kurzem das Sparpotenzial
von Fahren mit reduzierter Drehzahl auf 5 bis 15 Prozent.
Wer die Klimaanlage ausschaltet, könne 3 bis 5 Prozent sparen. Noch mal 5
Prozent könne es bringen, Luftfilter und Kühler sauber zu halten. Bis zu 15
Prozent sind oft möglich, wenn der Ballast optimiert wird. Dieses Gewicht
muss je nach gewünschter Zugkraft kleiner oder größer sein, damit der
Traktor genügend Halt auf dem Boden findet. Das könne auch automatisch
geschehen, die Treckerhersteller würden solche Anlagen aber mangels
Nachfrage bislang kaum anbieten, so Böttinger.
10 Feb 2024
## LINKS
[1] https://www.spiegel.de/wirtschaft/bauernpraesident-joachim-rukwied-im-spieg…
[2] https://www.agrarheute.com/technik/traktoren/elektrischer-traktor-case-ih-t…
[3] https://agriculture.newholland.com/de-de/europe/produkte/traktoren/t4-elect…
[4] https://www.fendt.com/de/voll-batterie-elektrisch-der-fendt-e100-v-vario
[5] https://www.topagrar.com/technik/news/elektrifizierung-von-traktoren-koennt…
[6] /Kraftstoffe-in-der-Landwirtschaft/!5986377
[7] /Lebensmittel-als-Treibstoff-fuer-Autos/!5923971
[8] https://www.claas.at/unternehmen/claas-erleben/traktorenwerk-le-mans/innova…
[9] https://www.ble.de/SharedDocs/Downloads/DE/Projektfoerderung/BuPro_Energiee…
[10] https://www.agrarheute.com/technik/traktoren/agrardiesel-sprit-sparen-beim…
## AUTOREN
Jost Maurin
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