# taz.de -- Filzverdacht im Verkehrsministerium: Stopp für neue Wasserstoff-Pr… | |
> Das Bundesverkehrsministerium legt die Wasserstoffförderung auf Eis. | |
> Hintergrund ist eine Affäre um mutmaßliche Vetternwirtschaft. | |
Bild: Hat er sein Haus nicht im Griff? Bundesverkehrsminister Volker Wissing (F… | |
BERLIN taz | Das von Volker Wissing (FDP) geführte | |
Bundesverkehrsministerium hat die Förderung von neuen Wasserstoffprojekten | |
auf Eis gelegt. Staatssekretär Stefan Schnorr hat eine entsprechende | |
Anweisung gegeben. Neue Anträge dürfen danach bis auf Weiteres nicht mehr | |
bewilligt werden. Ausnahmen sollen nur mit ausdrücklicher Zustimmung auf | |
Staatssekretärsebene möglich sein. | |
Hintergrund des abrupten Förderstopps ist die Affäre um den früheren Leiter | |
der Grundsatzabteilung Klaus Bonhoff. Ihm wird die Vermischung von privaten | |
und beruflichen Kontakten bei der Förderung von Wasserstoffprojekten in | |
Millionenhöhe vorgeworfen. Die Grundsatzabteilung ist für die Vergabe | |
dieser Mittel zuständig. „Vor dem Hintergrund der aktuellen Untersuchungen | |
unserer Innenrevision wollen wir sicherstellen, dass künftige Bescheide | |
erst nach sorgfältiger Aufarbeitung der Gesamtsituation ergehen“, sagte ein | |
Sprecher des Bundesverkehrsministeriums. „Es geht hier um Steuergelder und | |
um das Vertrauen in Wasserstoff als eine wichtige Technologie für die | |
Antriebe der Zukunft.“ | |
Wissing hatte Bonhoff in der vergangenen Woche [1][mit sofortiger Wirkung | |
von seinen Aufgaben entbunden] und außerdem einen Referatsleiter versetzt. | |
Als Grund nannte das Ministerium ein gestörtes Vertrauensverhältnis zu | |
Bonhoff. Unmittelbar vor dem Rauswurf waren neue Dokumente öffentlich | |
geworden, die den Abteilungsleiter belastet hatten. Bereits vor [2][einigen | |
Monaten hatte die Organisation LobbyControl Informationen über ein Netzwerk | |
von Lobby- und Freundeskontakten rund um die Vergabe von Mitteln für die | |
Wasserstoffförderung] veröffentlicht, in deren Mittelpunkt Bonhoff stand. | |
Daraufhin hatte das Ministerium eine Prüfung durch die interne Revision | |
begonnen. Die kam laut Ministerium zu dem Ergebnis, dass die erhobenen | |
Vorwürfe gegenstandslos gewesen seien. Veröffentlicht wurde die | |
Untersuchung nicht. | |
Auf Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes musste das Ministerium | |
unter anderem an LobbyControl E-Mails herausgeben, die bei der Prüfung der | |
internen Revision nicht vorlagen. Diese E-Mails belegten vertrauliche | |
Kontakte zwischen dem ehemaligen Abteilungsleiter und Empfängern von | |
Fördermitteln. Der Abteilungsleiter war nicht mehr zu halten. | |
## Entlassung von Staatssekretär gefordert | |
„Das Bundesverkehrsministerium steht mit seiner Aufklärungsarbeit vor einem | |
Scherbenhaufen“, sagt Christina Deckwirth von LobbyControl. „Es hat bei der | |
Aufklärung völlig versagt.“ Die LobbyControl-Expertin geht nicht davon aus, | |
dass der internen Revision die neuen Dokumente bewusst vorenthalten wurden. | |
„Offenbar weiß die eine Hand im Ministerium nicht, was die andere tut“, | |
sagt sie. „Ich habe den Eindruck, da herrscht Chaos.“ Die interne | |
Untersuchung müsse völlig neu aufgerollt und die Ergebnisse veröffentlicht | |
werden, fordert sie. | |
Deckwirth ist der Auffassung, dass der jetzige Stopp für die Förderung von | |
Wasserstoffprojekten zu spät kommt. Das Ministerium hätte eher Konsequenzen | |
ziehen müssen, ist sie überzeugt. Auch müsse es noch weitere Konsequenzen | |
ziehen: LobbyControl fordert, dass sich Minister Wissing von Staatssekretär | |
Schnorr trennt. Denn Schnorr war für die Aufklärung der Affäre zuständig. | |
„Er hat die Innenrevision beauftragt“, berichtet Deckwirth. | |
LobbyControl fordert außerdem, dass die Affäre bei einer öffentlichen | |
Anhörung im Bundestag ausgeleuchtet wird. „Das ist im Fall Graichen auch | |
geschehen“, betont Deckwirth. Der Wirtschaftsstaatssekretär [3][Patrick | |
Graichen war im Frühjahr] von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) in | |
den einstweiligen Ruhestand versetzt worden. Graichen war als Mitglied | |
einer Kommission daran beteiligt, dass sein Trauzeuge den Chefposten bei | |
der Deutschen Energie-Agentur bekommen sollte. Materieller Schaden ist | |
nicht entstanden, der Posten ging letztendlich an eine andere Person. | |
Ministerien sollten grundsätzlich nicht für die Prüfung von Regelverstößen | |
im eigenen Haus zuständig sein, sagt Deckwirth. In Frankreich ist eine | |
eigene Behörde für die Kontrolle über das Einhalten von Regeln zuständig. | |
So eine Einrichtung fordert LobbyControl auch für Deutschland. | |
21 Feb 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Vorwurf-der-Vetternwirtschaft/!5992692 | |
[2] /Filzverdacht-im-Verkehrsministerium/!5947889 | |
[3] /Graichen-entlassen-nach-Trauzeugen-Affaere/!5935334 | |
## AUTOREN | |
Anja Krüger | |
## TAGS | |
Volker Wissing | |
Wasserstoff | |
LobbyControl | |
Vetternwirtschaft | |
Schwerpunkt Korruption | |
Volker Wissing | |
Bundesverkehrsministerium | |
Schwerpunkt Korruption | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Filz-Verdacht in Wissings Ministerium: Von Skikumpels und Fördergeldern | |
Die Wasserstoff-Affäre zeigt, wie lax die Ministerien noch immer mit | |
Interessenkonflikten umgehen. Fatal, angesichts des Misstrauens in | |
demokratische Institutionen. | |
Vorwurf der Vetternwirtschaft: Wissing entlässt Abteilungsleiter | |
Lief bei der Förderung von Wasserstoff im Verkehrsministerium alles | |
korrekt? Wahrscheinlich nicht. Minister Wissing entlässt einen | |
Abteilungsleiter. | |
Verdacht der Vetternwirtschaft: „Handelsblatt“ zieht zurück | |
Teilweise revidiert die Zeitung ihre Vorwürfe gegenüber dem | |
Verkehrsministerium. Sie hatte über Verflechtungen von Beruflichem und | |
Privatem berichtet. | |
Vorwurf der Vetternwirtschaft: Verkehrsministerium streitet ab | |
Ein interner Bericht habe ergeben, dass kein Fehlverhalten des kritisierten | |
Abteilungsleiters vorliege. Veröffentlicht wird das Dokument aber nicht. |