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# taz.de -- Compliance-Vorwürfe in Marzahn: Auf den Spuren des Sandmanns
> Beim Senatsbeauftragten für Russlanddeutsche, Walter Gauks (CDU), tun
> sich neue Fragen auf. Grüne und Linke fordern, dass er sein Amt ruhen
> lässt.
Bild: Auch beim Spendensammeln für das Sandmanndenkmal war der Verein Lyra des…
Berlin taz | Nach einem [1][Bericht der taz über den neuen Ansprechpartner
des Senats für Russlanddeutsche] fordern die Grünen im Abgeordnetenhaus,
dass der Multifunktionär Walter Gauks (CDU) dieses Amt ruhen lässt, bis
alle Vorwürfe geklärt sind. „Der Senat hat erneut ein Compliance-Problem“,
schreibt Fraktionschefin Bettina Jarasch. „Wird hier die Tätigkeit für den
Senat missbraucht für Parteiarbeit und Einflussnahme auf das Parlament?“ In
der Causa Gauks scheinen die Interessen zwischen Familie und Senat, Partei
und privaten Wirtschaftsinteressen fließend zu sein, so Jarasch.
Die taz hatte berichtet, dass der 40-jährige Gauks, der als Funktionär in
der CDU, in der russlanddeutschen Landsmannschaft und im Verein Lyra
Marzahn tätig ist, auch als Minijobber für den CDU-Bundestagsabgeordneten
Mario Czaja arbeitet und im Wahlkreisbüro seiner Frau, der
CDU-Landesparlamentarierin Olga Gauks, mitmischt. Die zahlreichen Ämter
sind nicht sauber von der Senatsarbeit getrennt. Am Dienstag hat Gauks
mitgeteilt, seine Nebenbeschäftigung bei Czaja zum Monatsende aufzugeben.
Die Senatsverwaltung für Integration, wo seine Beauftragtenstelle
angesiedelt ist, begrüßte die Entscheidung. Der Opposition im
Abgeordnetenhaus reicht das nicht.
Dort schließt sich der Linkspartei-Abgeordnete Sebastian Schlüsselburg der
Forderung der Grünen Jarasch an. Er verlangt zudem, zwei weitere Stellen im
Senat, die zum Amt des Russlanddeutschen-Beauftragten gehören, „so lange
nicht zu besetzen, bis die Vorwürfe gegen Walter Gauks aufgeklärt sind. Die
Vorwürfe sind ernst.“ Dies gelte, so Schlüsselburg, umso mehr, weil Gauks
in der Vergangenheit „eine Strafverfolgung nur gegen Zahlung eines
Bußgeldes abwenden konnte“. Das hatte zuerst die taz berichtet.
Der Landeshaushalt sieht vor, dass dem Ansprechpartner für Russlanddeutsche
zwei weitere Personalstellen sowie Projektgelder zugeordnet werden, was
bislang noch nicht erfolgte. Nach Informationen aus CDU-Kreisen soll das
erst passieren, wenn Walter Gauks ein Konzept für die neue Stelle vorlegt,
was noch nicht geschehen ist.
## Unklarheit zu Studiumabschluss
Es gibt eine weitere Pikanterie in der Personalie: In der Pressemitteilung
der Senatsverwaltung für Integration vom Januar heißt es, Gauks habe „ein
Studium der Sozialen Arbeit und Sozialpädagogik“ abgeschlossen. Dass dies
nicht stimmt, räumte Gauks gegenüber seiner Arbeitgeberin,
Integrationssenatorin Cansel Kiziltepe (SPD), erst ein, als die taz dort
nachfragte. Der Sprecher ihrer Senatsverwaltung, Stefan Strauß, teilte der
taz dazu mit: „Die Formulierung in der Pressemitteilung war leider
unpräzise.“ Ob der Fehler durch Gauks selbst oder durch die Pressestelle in
das Papier gekommen ist, ließ Strauß offen.
Gauks selber hat die Pressemitteilung allerdings zahlreich in sozialen
Medien verbreitet, ohne dort auf den Fehler hinzuweisen. Gauks habe der
Senatsverwaltung nach der Rückfrage der taz „mitgeteilt, dass er sein
Studium inzwischen beendet hat. Die Zeugnisübergabe (Bachelor) sei im
Februar 2024 geplant“, so Sprecher Strauß.
Die [2][Paritätische Akademie in Berlin], an der Gauks nach eigenen Angaben
studiert hat, reagierte nicht auf taz-Anfrage. Ein Hochschulabschluss war
laut Senatsverwaltung aber keine zwingende Voraussetzung für die
Stellenbesetzung. Hört man sich in der SPD um, so ist man dort über die von
der CDU gewollte Personalie Gauks nicht erfreut, heißt es zumindest hinter
vorgehaltener Hand.
Auch im Bezirk Marzahn-Hellersdorf sorgt die Berichterstattung der taz zu
Gauks und seinem Verein Lyra Marzahn für politische Debatten. Für
Donnerstag ist eine Sitzung des bezirklichen Integrationsausschusses
angesagt, bei dem über die Finanzierung des Bezirkes für Lyra Marzahn und
einen weiteren Verein debattiert werden soll. Der Verein soll nach Angaben
von Bezirksbürgermeisterin Nadja Zivkovic (CDU) 40.000 Euro Zuwendungen vom
Bezirk bekommen. Er habe zudem zusätzlich Projektmittel beantragt.
## Debatte im Bezirksparlament
Die Bürgermeisterin hatte allerdings vergessen, die Bezirksverordneten über
diese Entscheidung abstimmen zu lassen, was nun am Donnerstag nachgeholt
wird. Wegen der Debatten nach dem taz-Bericht wird das kein Selbstläufer.
Björn Tielebein von den Linken sagt der taz: „Ich habe Fragen zur
Förderfähigkeit des Vereins angesichts seiner Vergangenheit sowie zur
Trennung zwischen Verein und CDU.“ Auch SPD und Grüne in der
Bezirksverordnetenversammlung haben Fragebedarf.
Gauks’ Verein Lyra spielte auch eine unrühmliche Rolle bei der Geschichte
um [3][ein Sandmanndenkmal im Ortsteil Mahlsdorf:] Mitte März 2023 wurde
auf dem dortigen Ullrichplatz die rund 1,20 Meter hohe Bronzefigur
feierlich eingeweiht. Das Sandmännchen wird seit 1959 im Fernsehen
ausgestrahlt, zuerst im Fernsehen der DDR, heute in RBB, MDR und Kika.
Anwohner aus dem Ortsteil, aus dem der Sandmann-Schöpfer Gerhard Behrendt
stammt, waren [4][ebenso gekommen wie CDU-Prominenz:] Kai Wegner, der
eineinhalb Monate später zum Regierenden Bürgermeister gewählt wurde, und
die Mahlsdorfer Wahlkreisabgeordnete Katharina Günther-Wünsch, die schon
damals als Bildungssenatorin gehandelt wurde und [5][heute Wegners
Lebenspartnerin ist].
Stark gemacht für die Skulptur hatte sich eine lokale Bürgerinitiative mit
dem CDU-Mitglied Michael Wiedemann, die Spenden einsammelte. Und da sich
für dieses Sammeln ein gemeinnütziger Verein gut macht, kam man auf die
Idee, ein Konto von Walter Gauks' Verein Lyra Marzahn zu nutzen. Die
Spenden wurden, so Wiedemann gegenüber der taz, nicht nur für die
Sandmannskulptur selbst gebraucht, sondern auch für die Versicherung für
das Denkmal bis 2028.
## Mailverkehr zu Konto
Als Wiedemann um den Jahreswechsel auf das Konto schaute, muss ihm aber
aufgefallen sein, dass dort mehr als 2.600 Euro fehlten. Das geht aus einer
Mail von ihm an Gauks hervor, die der taz vorliegt. Dort zählt er Beträge
auf, die zwischen August und Dezember 2023 abgehoben wurden, etwa an das
ZDF, den russischsprachigen Berliner Hörfunksender Radio Golos, eine
Druckerei im Brandenburgischen und schließlich 50 Euro an einen märkischen
Landkreis. Er fordert Gauks auf, das Konto bis zum 12. Januar
auszugleichen. Gauks’ Antwort lässt nicht lange auf sich warten: „Bitte um
etwas Entspannung“, schreibt er. „Der Monat Januar ist der Monat, an dem
die Fördermittel Stück für Stück ankommen.“
Von der taz mit dem Mailverkehr konfrontiert, bestätigen weder Gauks noch
Wiedemann den Vorgang. Gauks schreibt: „Ihre Informationen sind falsch.
Alle Einnahmen und Ausgaben mit dem Projekt Sandmann sind abgerechnet.“
Finanzen für die Versicherung stünden zur Verfügung. Die Frage, ob
tatsächlich öffentliche Fördermittel für die Schuldentilgung verwendet
wurden, was rechtswidrig wäre, lässt Gauks unbeantwortet. Wiedemann erklärt
der taz am 7. Februar: „Auf dem Spendenkonto fehlt per heute kein Cent.“
Die Frage, ob das im Januar anders war, beantwortet er nicht.
20 Feb 2024
## LINKS
[1] /Compliance-Vorwuerfe-in-Marzahn/!5990534
[2] https://akademie.org/
[3] https://www.berlin.de/ba-marzahn-hellersdorf/ueber-den-bezirk/sehenswertes/…
[4] https://www.berliner-woche.de/mahlsdorf/c-kultur/sandmann-denkmal-auf-dem-u…
[5] /Kai-Wegner-und-Katharina-Guenther-Wuensch/!5981434
## AUTOREN
Marina Mai
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