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# taz.de -- Ronya Othmann in Pakistan ausgeladen: „Die letzten Tage waren der…
> Das Literaturfestival Karatschi hat die Lesung der Autorin Ronya Othmann
> abgesagt. Die gegen sie erhobenen Vorwürfe bedeuten in Pakistan
> Lebensgefahr.
Bild: Auf dem Karachi Literature Festival sollte Othmann ursprünglich aus ihre…
Sie ist wieder zurück in Berlin, aber diese Art von Wiederankunft hatte die
Schriftstellerin nicht erwartet: Ronya Othmann, preisgekrönte Autorin und
eine der wichtigsten literarischen Stimmen im deutschsprachigen Raum, hatte
sich ihren Trip, von dem sie gerade zurückgekehrt war, anders vorgestellt.
Nämlich zufrieden und im Bewusstsein, interessante, ja sogar
freundschaftlich gewogene Gespräche geführt – und eine Lesung absolviert zu
haben. „Mir geht es gut, ich bin wieder ausgeschlafen, aber die letzten
Tage waren der Horror“, sagt sie der taz.
Auf dem Karachi Literature Festival war sie als Gast, um unter anderem aus
ihrem Roman „Die Sommer“ vorzulesen, erfuhr aber mit der Landung auf dem
Flughafen der pakistanischen Stadt, dass ihre Veranstaltung gecancelt
worden und sie nicht mehr erwünscht sei, zumal die Moderatorin ihres
Panels, die britische Literaturwissenschaftlerin Claire Chambers, auch
Othmanns wegen mit ihrem Job nichts mehr zu tun haben wollte.
Was während der Anreise der Schriftstellerin und – mit Cemile Sahin –
[1][früheren Kolumnistin der taz], passiert war, erschloss sich ihr nicht
sofort, aber das sie einladende Goethe-Institut klärte sie auf: In einem
[2][offenen Brief pakistanischer Intellektueller] war ihr vorgeworfen
worden, islamophob und zionistisch zu sein, Vorwürfe, die im [3][vom
Islamismus heimgesuchten Pakistan] schon zu tödlichen Attentaten geführt
haben.
Wörtlich heißt es in diesem, hier ins Deutsche übersetzt: „Wir, die
Unterzeichnenden, schreiben als besorgte Pakistaner, um unsere tiefe
Besorgnis und Empörung über die Entscheidung des Karachi-Literaturfestivals
zum Ausdruck zu bringen, Ronya Othmann als Rednerin für die Veranstaltung
im Jahr 2024 einzuladen. (…) Othmann ist eine in Deutschland lebende
Schriftstellerin, die zionistische und islamfeindliche Positionen vertritt
und an Podiumsdiskussionen teilgenommen hat, die darauf abzielen,
pro-palästinensische Proteste in Deutschland als antisemitisch und
islamistisch zu diskreditieren.“
## Wahrheitswidrige Aussagen
Othmann sagt: „Mich hat das, als ich dieses Statement las, nur überrascht,
weil bis zu meiner Ankunft in Karatschi niemand etwas gegen meine Teilnahme
gesagt hatte. Ich bin eine in Pakistan unbekannte Schriftstellerin. Ich
hatte ein Visum, nicht nur eines für Touristen, niemand hatte bis zum Ende
meiner Anreise irgendwelche Einwände gegen mich.“
Konkret werden ihr zwei Beiträge zur Last gelegt: eine Kolumne in der
Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung [4][vom 22. Oktober 2023], in der
sie sich mit dem islamischen Terror unter anderem der Hamas beschäftige,
und der [5][taz Talk vom 25. Oktober], Titel „Schulterschluss des Grauens“,
in dem sie zusammen mit der Berliner Schriftstellerkollegin Mirna Funk
ebenfalls über die Hamas-Massaker am 7. Oktober sprach.
Im offenen Brief, den es bei Othmanns Abflug noch nicht gab, steht
wahrheitswidrig zu lesen, sie habe Stellung gegen Palästinenser in
Deutschland und überhaupt bezogen. Wörtlich: Sie habe „das abscheuliche,
rassistische und zutiefst entmenschlichende israelische Narrativ über die
Nutzung von Palästinensern durch die Hamas als,menschliche Schutzschilde'
wiedergegeben“, den sogenannt „Völkermord“ Israels in Gaza zu
rechtfertigen. Obendrein sei sie eine Kritikerin des antiisraelischen
Netzwerks BDS.
Ob es von deutschen Alliierten antizionistischer Kräfte in der Kulturszene
Pakistans Argumentationshilfe für diesen offenen Brief gab, ist nicht
geklärt, für Othmann aber naheliegend: „Wie hätte es sonst sein sollen?“
Der Schriftsteller Hasnain Kazim, ebenfalls nach Karachi eingeladen,
[6][solidarisierte sich umgehend mit Othmann] und verzichtete auf eine
Teilnahme am Festival.
## Der Fall Kurt Westergaard
Othmann hat nun Angst, wegen der im Internet großen Fülle an lügnerischen
Vorwürfen gegen sie, dass ihr künftig ein mieser Ruf vorauseile, gehe sie
mal wieder auf Reisen: Im Irak und in anderen antiisraelisch gesinnten
Staaten könne sie nicht mehr gefahrlos auftreten.
Ihr Fall erinnert an die Dämonisierung des [7][dänischen Zeichners Kurt
Westergaard], der wegen seiner Mohammed-Zeichnungen im Jahre 2005
(„Karikaturenstreit“) auch aus Pakistan Todesdrohungen („Islamophobie“)
erhielt – inklusive Handelsboykottdrohungen gegen Dänemark und brennenden
Danebrogs, der Nationalflagge des Landes.
19 Feb 2024
## LINKS
[1] /Kolumne-Orient-Express/!t5625269
[2] https://www.arabnews.com/node/2461166/amp
[3] /Islamistische-Anschlaege-in-Pakistan/!5912007
[4] https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/ronya-othmann-ueber-die-fre…
[5] https://www.youtube.com/watch?v=JHcwM84vyv8
[6] https://www.sueddeutsche.de/kultur/literaturfestival-pakistan-ronya-othmann…
[7] /Karikaturist-Kurt-Westergaard-gestorben/!5781687
## AUTOREN
Jan Feddersen
## TAGS
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
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