# taz.de -- Zukunft von intellektuellem Eigentum: Schluss mit den Raubkopien! | |
> Im Jahr 2124 haben sich Künstler gegen KI durchgesetzt. Die Menschen | |
> haben wieder Lust auf bio-humane Kunst, anstatt teures Geld für KI | |
> auszugeben. | |
Bild: Echte, von Menschen geschriebene Bücher zum anfassen | |
Felix und ich essen an einer Berliner Imbissbude Schawarma und beobachten | |
die Leute, die in Richtung Potsdamer Platz flanieren. Viele sind auffällig | |
schick gekleidet. Denn es ist [1][Berlinale] und man weiß ja nie, welche | |
Schauspieler, Regisseurinnen oder sonstige Stars einem in diesen Tagen über | |
den Weg laufen. | |
Felix ist mein Freund aus dem Jahr 2124, der immer mal aus der Zukunft zu | |
Besuch kommt. Ich frage ihn, ob es in seiner Zeit noch Filme gibt. | |
„Existieren überhaupt noch Kinos? Oder gucken alle nur durch ihre | |
implantierten Retinachips das auf sie zugeschnittene | |
KI-Unterhaltungsprogramm?“ | |
„Ach, das ist doch ein alter Hut! KI-Filme hatten in den 30ern und 40ern | |
Hochsaison. Aber heute will so was keiner mehr sehen.“ | |
„Wieso?“ | |
„KI-Systeme können nur kopieren und rekombinieren, aber nichts Neues | |
erfinden. Das war zwar ziemlich beeindruckend, aber irgendwann hatten die | |
Menschen sich daran sattgesehen. [2][Ohne menschlichen Input werden | |
KI-Systeme nämlich dement!] Wenn sie nur voneinander lernen, verkümmern | |
ihre Fähigkeiten. | |
Um die KIs also frisch zu halten, wurde ein uralter Kreativjob | |
wiederbelebt: der des Narren! Das waren hoch spezialisierte Leute, die nur | |
dazu da waren, professionellen Blödsinn anzustellen. Sie zweckentfremdeten | |
Gegenstände, Konzepte, Worte, sie alberten herum, malten, werkelten, | |
zerstörten und ließen sich dabei von den KIs beobachten. Und trotzdem wurde | |
die KI-Kunst bald sterbenslangweilig. Kannst du dir vorstellen warum?“ | |
„Nein.“ | |
„Weil die Narren die Kunst nur für die Software gemacht hatten. Weil es | |
keine Interaktion zwischen Kunstschaffenden und Publikum war, sondern nur | |
Show um der Show willen. Deshalb waren bald wieder Werke von und mit | |
bio-humanen Künstler*innen angesagt.“ | |
„Aber es ist doch kinderleicht, die neuen Inhalte mithilfe von KI wieder zu | |
kopieren“, sage ich. „Ist es nicht ein ewiges Katz-und-Maus-Spiel, bei dem | |
die KI am Ende immer schneller und günstiger liefert?“ | |
„Selbstverständlich. Aber warum sollten die Künstler*innen so dumm sein, | |
sich das gefallen zu lassen?“ | |
„Was meinst du?“ | |
„Ich könnte doch auch heute schon ein Buch von dir kopieren und unter | |
meinem Namen veröffentlichen. Warum tue ich das nicht?“ | |
„Weil es verboten ist!?“ | |
„Genau. In den 20er Jahren waren KI-generierte Inhalte nichts anderes als | |
millionenfache Raubkopien und die Unternehmen haben Unsummen damit | |
verdient. Aber mit der Zeit hat die Gesellschaft dazugelernt. | |
Künstler*innen haben ihre Werke mit Tarnkappen-Software versehen, um sie | |
vor dem unerlaubten Zugriff der KIs zu schützen, und es wurden Gesetze | |
erlassen, die den digitalen Diebstahl unter Strafe stellten und das | |
Urheberrecht modernisierten. | |
Heute müssen Softwarekonzerne den Künstler*innen Lizenzgebühren für ihre | |
Werke bezahlen – und was soll ich sagen: Die sind nicht billig! Wer in | |
meiner Zeit echte Emotionen erleben will, der liest Bücher von Autor*innen, | |
[3][hört Lieder von Musiker*innen und] geht wie vor einhundert Jahren | |
ins bio-humane Kino, anstatt teures Geld für KI-Gedöns auszugeben.“ Er hält | |
kurz inne. „Und nebenbei bemerkt: Das Beantragen einer Filmförderung ist so | |
unfassbar kompliziert, dass es in den letzten 100 Jahren keiner KI gelungen | |
ist, den Prozess zu verstehen.“ | |
18 Feb 2024 | |
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## AUTOREN | |
Theresa Hannig | |
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