# taz.de -- Volksabstimmung über SUVs: Die Freiheit der anderen | |
> Die Stadt Paris verbannt SUVs per Volksabstimmung. Doch die Passivität | |
> der Mehrheit lässt nicht nur die engagierte Bürgermeisterin erschrecken. | |
Bild: Anne Hidalgo, Bürgermeisterin von Paris, am 4. Februar | |
Eine Mehrheit sagt Nein zu den überdimensionierten Stadtgeländewagen. Der | |
[1][Abstimmungserfolg der rot-grünen Stadtregierung] von Paris hat | |
allerdings einen unangenehmen Nebengeschmack. Die Zahlen täuschen einen | |
klaren Sieg vor: 54,55 Prozent für eine drastisch gemeinte Erhöhung der | |
Parkgebühren für diese Fahrzeuge. Doch nur gerade 78.121 von 1,3 Millionen | |
Stimmberechtigten war die Sache am Sonntag einen Gang ins Wahllokal ihres | |
Quartiers wert. Das erweckt den Eindruck, dass das Thema nicht speziell | |
interessiert. | |
Unweigerlich wird die (von der neuen Kulturministerin Rachida Dati | |
angeführte) kommunale Opposition zynisch spotten, da sehe man wieder mal, | |
wie das Rathaus [2][an den Leuten vorbeipolitisiere]. Mit einem so knappen | |
Ergebnis hatte die Bürgermeisterin Anne Hidalgo nicht gerechnet, als sie | |
beschloss, aus der Verbannung der SUVs aus den Straßen der Hauptstadt ein | |
Aushängeschild ihrer engagierten Verkehrspolitik zu machen. Wer außer den | |
Besitzern dieser protzigen, aber den Dimensionen der Innenstadt nicht | |
angepassten Fahrzeuge konnte gegen diese Strafaktion mit hohen Parktarifen | |
sein? | |
Zudem musste Hidalgos Logik nach dem Verursacherprinzip einleuchten: Wer | |
die Umwelt mehr belastet und – oft auf Kosten der anderen – [3][mehr Platz | |
braucht, bezahlt mehr]. Und schon die bei der Bürgerkonsultation bloß | |
implizit gestellte Frage, wozu eigentlich jemand in einer Metropole wie | |
Paris ein so überdimensioniertes Vehikel mit Vierradantrieb und Reifen wie | |
für einen Lkw benötigt, müsste doch überzeugen? Die Fans der SUVs dagegen | |
verteidigen sich, als ob sie Opfer einer Repression wären, als ob es um | |
ihre Freiheit ginge. Das „liberale“ Argument tönt jedoch schrecklich | |
anachronistisch in einer Epoche des beschleunigten Klimawandels. | |
Heutzutage kann keine Freiheit beansprucht werden, die anderen zu | |
belästigen und in krass unnötiger Weise die Umwelt zusätzlich zu belasten. | |
Die äußerst schwache Beteiligung an der Abstimmung ist auch ein Rückschlag | |
für den Versuch, mit einer „partizipativen Demokratie“ die Bürger*innen | |
mit einer formellen Mitsprache an den Entscheidungen zu beteiligen. Diese | |
Passivität der Betroffenen ist wohl der schlimmste Feind jeder vernünftigen | |
und ehrgeizigen Klimapolitik. | |
5 Feb 2024 | |
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## AUTOREN | |
Rudolf Balmer | |
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