# taz.de -- Neue Regierung in Frankreich: Mehr rechts als links | |
> Macron behält bekannte Gesichter in den Schlüsselministerien. Die | |
> Überraschung: Ex-Justizministerin Rachida Dati wird Kulturministerin. | |
Bild: Der neue Außenminister Stéphane Séjourné zusammen mit der neuen Kultu… | |
PARIS taz | Ganz so rasch wie versprochen ging es bei der Bildung der | |
Regierung des neuen französischen Premierministers, Gabriel Attal, am | |
Donnerstag doch nicht. Vier Mal musste sich Staatspräsident Emmanuel Macron | |
mit ihm seit Mittwoch hinter verschlossenen Türen treffen, um sich über die | |
Zusammensetzung des Ministerkabinetts einig zu werden. Um die Sache für die | |
Medien spannender zu machen, wurden sensationelle Informationen | |
„häppchenweise“ an die Fernsehsender verteilt. | |
Erst kurz vor 20 Uhr am Donnerstagabend wurde dann, wie es die Tradition | |
vorschreibt und als offizielle Bestätigung, vom Generalsekretär der | |
Präsidentschaft vor einem Mikrofon im Hof des Élysée-Palasts die Liste von | |
11 Minister*innen und 3 Vizeministerinnen verlesen. | |
Macrons Überraschungscoup dabei ist zweifellos die Ernennung von | |
[1][Nicolas Sarkozys ehemaliger Justizministerin Rachida Dati] als | |
Kulturministerin. Sie war Mitglied der konservativen Oppositionspartei Les | |
Républicains (LR) und Bürgermeisterin des 7. Arrondissements von Paris. | |
Vor allem aber ist sie die Erzrivalin der sozialistischen Pariser | |
Oberbürgermeisterin Anne Hidalgo, deren Amt sie bei den nächsten | |
Kommunalwahlen 2026 erobern will. Und vielleicht mit größeren Chancen als | |
Kandidatin der Macronisten als der Konservativen von LR, die Dati umgehend | |
als Überläuferin ausgeschlossen haben. | |
## Korruptionsverdacht und Familienbande | |
Erstaunlich ist Datis Nominierung eventuell auch, weil die Justiz gegen sie | |
wegen Korruptionsverdacht ermittelt, da sie vom Renault-Autokonzern unter | |
suspekten Umständen mehr als 900.000 Euro bezogen haben soll. Kein Thema | |
mehr ist ihre ohne mildernde Umstände abgesetzte Vorgängerin Rima | |
Abdul-Malak. Die hatte sich erdreistet, sich öffentlich vom | |
[2][Schauspieler Gérard Depardieu, der sexueller Aggressionen beschuldigt | |
wird und mit obszönen Äußerungen schockiert hat], zu distanzieren und | |
seinen Ausschluss aus der Ehrenlegion zu verlangen. Das ließ ihr der | |
erklärte Depardieu-Fan Macron nicht durchgehen. | |
Auch andere Regierungsmitglieder wie der bisherige Verkehrsminister Clément | |
Beaune, der lange als enger Vertrauter der Präsidenten galt, haben ihren | |
Posten verloren, weil sie sich kritisch zum Vorgehen der Regierung [3][in | |
der Debatte über die Immigrationsgesetze] geäußert hatten. Vielleicht kann | |
der eine oder die andere, die am Donnerstagabend nicht als Minister | |
bestätigt wurden, aber nicht ganz in Ungnade gefallen sind, auf einen | |
Trostpreis bei der Ernennung der Staatssekretäre Anfang kommender Woche | |
hoffen. | |
Mehr Anlass zu Klatsch als zu politischen Kommentaren wird zweifellos die | |
Ernennung von Stéphane Séjourné als Außen- und Europaminister geben. Der | |
bisherige EU-Parlamentsabgeordnete der Macron-Partei Renaissance, der | |
eigentlich deren Spitzenkandidat der Liste bei den Wahlen im Frühling sein | |
sollte, ist seit 2017 der Lebenspartner von Premierminister Attal. | |
## Kontinuität bei Schlüsselministerien | |
Was bei der Regierungsumbildung in Frankreich zunächst auffällt, ist die | |
Kontinuität in den Schlüsselministerien: Gérald Darmanin bleibt | |
Innenminister, Bruno Le Maire Wirtschafts- und Finanzminister, Sébastien | |
Lecornu Verteidigungsminister, Eric Dupond-Moretti behält die Justiz, Marc | |
Fesneau die Landwirtschaft, Christophe Béchu ist weiterhin Minister der | |
Umwelt und Energiewende und Sylvie Retailleau nochmals Hochschul- und | |
Forschungsministerin. | |
Macron geht mit der Bestätigung der bisherigen Mitglieder in der Regierung | |
seines neuen Premierministers, des jüngsten in der französischen Geschichte | |
seit 1830, das Risiko ein, dass die Medien nun spotten, diese sehe doch ein | |
wenig alt oder zumindest altbekannt aus für ein Team, von dem er sich eine | |
Erneuerung erhofft. Doch vielleicht war es seine Priorität, andere und | |
größere Risiken zu vermeiden. Er geht auf Nummer sicher. | |
## Neu und anders | |
Zwei Bisherige werden befördert: Die bisherige Sportministerin Amélie | |
Coudéra-Castéra, die maßgeblich für die Organisation der Olympischen Spiele | |
im Sommer zuständig ist, wird zusätzlich Erziehungsministerin. Und die | |
vormalige Staatssekretärin Prisca Thévenot wird als Vizeministerin für | |
„demokratische Erneuerung“ die neue Regierungssprecherin. | |
Neu im Kabinett ist schließlich eine ehemalige Ministerin aus der Zeit von | |
Präsident Jacques Chirac: Catherine Vautrin erhält mit der Zuständigkeit | |
für Arbeit, Gesundheit und Solidarität (Soziales) ein Superministerium. | |
Zusammen mit der Ernennung von Dati trägt das dazu bei, dass diese | |
Regierung „nach rechts gleitet“, schreibt beispielsweise die | |
Wirtschaftszeitung Les Echos. Und einige Spezialisten der politischen Szene | |
wollen darin den Einfluss von Ex-Präsident Nicolas Sarkozy ausmachen, der | |
Macron in den letzten Wochen mehrfach zu Unterredungen besucht habe. | |
12 Jan 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Marokko-gegen-franzoesische-Exministerin/!5082678 | |
[2] /Vorwuerfe-gegen-Gerard-Depardieu/!5982352 | |
[3] /Neues-Immigrationsgesetz-in-Frankreich/!5980949 | |
## AUTOREN | |
Rudolf Balmer | |
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