| # taz.de -- Ukrainische Klage vor dem IGH: Nur ein Teilerfolg für die Ukraine | |
| > In Den Haag wehrt sich die Ukraine gerichtlich gegen falsche | |
| > Anschuldigungen Russlands und den Krieg. Nur die Vorwürfe aus Moskau | |
| > werden geprüft. | |
| Bild: Der Internationale Gerichtshof gibt teils der Ukraine recht, teils folgte… | |
| Freiburg taz | Der Internationale Gerichtshof (IGH) erklärte die | |
| ukrainische Klage gegen den russischen Vorwurf des Völkermords im Donbas | |
| für zulässig. Ob der Vorwurf berechtigt oder erfunden war, wird nun im | |
| Hauptverfahren entschieden. Jedoch will der IGH nicht prüfen, ob der | |
| russische Angriff auf die Ukraine rechtmäßig war. | |
| Am [1][24. Februar 2022 hat Russland die Ukraine] militärisch angegriffen. | |
| Der Überfall wurde unter anderem damit begründet, die Ukraine verübe im | |
| Ostteil des Landes, dem Donbas, einen Völkermord an der Bevölkerung. | |
| Zwei Tage nach Beginn des Angriffs erhob die Ukraine eine Klage beim | |
| Internationalen Gerichtshof in Den Haag, dem Gericht der Vereinten | |
| Nationen. Der IGH solle feststellen, dass die Ukraine im Donbas keinen | |
| Völkermord begangen hat. Außerdem solle der IGH feststellen, dass der auf | |
| den Völkermord-Vorwurf gestützte russische Angriff rechtswidrig ist. Beide | |
| Teile der Klage stützte die Ukraine auf die UN-Völkermord-Konvention von | |
| 1948. | |
| Russland hielt schon die Klage für unzulässig. Die militärische | |
| Spezialoperation in der Ukraine sei gar nicht mit Völkermord-Vorwürfen | |
| begründet worden, sondern mit Angriffen der Ukraine auf die abgespaltenen | |
| Volksrepubliken Donezk und Luhansk. Zudem dürfe die Völkermord-Konvention | |
| nicht missbraucht werden, um dem IGH ganz andere Fragen vorzulegen, etwa | |
| nach der Rechtmäßigkeit der russischen Spezialoperation. | |
| ## Keine Frage der Genozid-Konvention | |
| Der IGH gab der Ukraine am Freitagnachmittag teilweise recht, teilweise | |
| folgte er aber auch der russischen Argumentation. | |
| So erklärte der IGH den ersten Teil der ukrainischen Klage für zulässig. | |
| Die Ukraine habe ein berechtigtes Interesse an der Feststellung durch den | |
| IGH, ob sie im Donbas Völkermord begangen hat. Russlands [2][Präsident | |
| Wladimir Putin habe am Morgen des Angriffs auf die Ukraine] ausdrücklich | |
| erklärt, die Maßnahme solle Menschen schützen, „die seit acht Jahren der | |
| Misshandlung und dem Völkermord des Kiewer Regimes ausgesetzt sind“. | |
| Für die Zulässigkeit dieses Teils der ukrainischen Klage stimmten 15 von 16 | |
| IGH-Richter:innen. Nur der russische Richter stimmte dagegen. Ob der | |
| Vorwurf stimmt, musste der IGH in diesem Vorverfahren noch nicht | |
| entscheiden. Wann das Hauptsacheverfahren beginnt, ist noch offen. | |
| Mit 12 zu 4 Richterstimmen lehnte der IGH jedoch den zweiten Teil der | |
| ukrainischen Klage als unzulässig ab. Der IGH wird sich also nicht mit der | |
| Frage beschäftigen, ob der russische Angriff auf die Ukraine rechtmäßig | |
| war. Dies sei eine allgemeine Frage des Völkerrechts und nicht der | |
| Genozid-Konvention. Für allgemeine Fragen des Völkerrechts ist der IGH nur | |
| zuständig, wenn sich beide Staaten eines Konflikts der Rechtsprechung des | |
| IGH unterworfen haben, was aber weder bei Russland noch bei der Ukraine der | |
| Fall ist. | |
| Die Ukraine versuchte sich daher auf die Völkermord-Konvention zu berufen, | |
| in der eine generelle Streitschlichtung durch den IGH vorgesehen ist. Die | |
| Ukraine warf Russland in diesem Verfahren aber nicht vor, in der | |
| [3][Ukraine selbst Völkermord zu begehen]. Vielmehr beschränkte sich die | |
| Ukraine auf den Vorwurf, Russland nutze den falschen Völkermord-Vorwurf für | |
| einen rechtswidrigen Krieg. | |
| Der Vorwurf, dass Russland die Ukraine völkerrechtswidrig angegriffen hat, | |
| bleibt damit ungeprüft. Allerdings ist es international auch kaum | |
| umstritten, dass Russland hier das Völkerrecht verletzt. Nur eine Handvoll | |
| Staaten wie Nordkorea hält Russlands Vorgehen für rechtmäßig. | |
| Die einstweilige Anordnung des IGH von März 2022, in der Russland zur | |
| sofortigen Beendigung der Militäroperation in der Ukraine aufgefordert | |
| wurde, bleibt bestehen. Allerdings ignorierte Russland bisher den | |
| Richterspruch. Der IGH kann seine Urteile nicht selbst vollstrecken und im | |
| UN-Sicherheitsrat hat Russland ein Vetorecht. | |
| 4 Feb 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| Christian Rath | |
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