# taz.de -- Regierungsbildung in Islamabad: Ein schwacher Premierminister | |
> In Pakistan wollen die Muslimliga und die Volkspartei wieder eine | |
> Koalition bilden. An der Spitze steht ein alter Bekannter: Shehbaz | |
> Sharif. | |
Bild: Shehbaz Sharif (rechts) soll wieder Premier werden, steht aber stets im S… | |
DHAKA taz | Zwei Wochen nach den Parlamentswahlen vom 8. Februar nimmt die | |
Regierungsbildung in Pakistan Gestalt an. Die alteingesessenen Parteien | |
Muslimliga (PML-N) und Volkspartei (PPP) haben sich auf eine Machtteilung | |
geeinigt. Der 72-jährige Shehbaz Sharif (PML-N) steht kurz vor seiner | |
zweiten Amtszeit als Premierminister. Schon in den nächsten Tagen könnte er | |
das Amt antreten. | |
„Beide Parteien haben die nötige Stärke, um die Regierung zu bilden“, sag… | |
der 35-jährige PPP-Vorsitzende Bilawal Bhutto Zardari. Und dass trotz | |
Protesten. [1][Shehbaz Sharif versprach], gemeinsam mit seinem | |
Koalitionspartner das Land aus allen politischen und wirtschaftlichen | |
Krisen zu führen. | |
Die größte Gruppe der gewählten Abgeordneten sind jetzt jedoch Unabhängige, | |
die der Gerechtigkeitspartei (PTI) des inhaftierten Ex-Premiers Imran Khan | |
nahestehen. Sie durften aber nicht als PTI-Mitglieder kandidieren. Die | |
Wahlkommission hatte erst kurz vor dem Urnengang beschlossen, die PTI von | |
den Wahlen auszuschließen und damit auch ihr Wahlsymbol, einen | |
Cricket-Schläger, von den Wahlzetteln verbannt. Die Symbole sind eine | |
wichtige Orientierung für Wahlberechtigte, die nicht lesen können. | |
Trotzdem sind 93 der 266 Abgeordneten PTI-nahe Unabhängige. Das PTI-Verbot | |
führte dazu, dass sich die Muslimliga unter Führung der einflussreichen | |
Sharif-Familie mit 75 Sitzen zur Siegerin kürte. Anders als noch vor der | |
Wahl vermutet, soll nicht der ältere Bruder und bereits mehrfache Premier | |
Nawaz Sharif, sondern der jüngere Shehbaz Regierungschef werden. Er war | |
schon von April 2022 bis August 2023 Premier einer Koalition jener zwei | |
Parteien, die auch jetzt wieder zusammen die Atommacht regieren wollen. | |
Shehbaz Sharif war damals Nachfolger des durch ein Misstrauensvotum | |
gestürzten Ex-Cricketstar Imran Khan worden. | |
## Khan hatte die Gunst des Militärs verloren | |
Shehbaz Sharif gilt im Gegensatz zu seinem älteren Bruder Nawaz (74), der | |
schon mehrfach Regierungschef war, als schwacher Premier. Erst vor wenigen | |
Wochen war er aus dem Exil zurückgekehrt und von früheren | |
Korruptionsvorwürfen freigesprochen worden. Eine Regierung von PML und PPP | |
scheint für das mächtige Militär akzeptabler als eine von Imran Khan. Doch | |
die PPP wollte Nawaz Sharif nicht als Premier haben. | |
Zur Sicherung ihrer Macht haben die Generäle schon früher dafür gesorgt, | |
dass ihnen nicht passende Kandidat:innen nicht zu Wahlen antreten | |
durften. Khan hatte die Gunst des Militärs verloren, ist aber in der | |
Bevölkerung beliebter als die alte Garde der Familien Sharif und | |
Bhutto-Zardari. | |
Um regieren zu können, „müssen die beiden Parteien noch eine Mehrheit im | |
Parlament erringen“, sagt der Südasienwissenschaftler Muhammad Farhan | |
Zaheer. Das dürfte mit Unterstützung unabhängiger Kandidat:innen | |
gelingen, sagte Zaheer der taz. Schon kurz nach Bekanntgabe der | |
Wahlergebnisse gab es Meldungen, dass dies bereits geschehe. | |
„Das militärische Establishment will eine schwache Koalitionsregierung, und | |
es sieht so aus, als würden sie genau das bekommen“, [2][meint die | |
Analystin Madiha Afzal]. Dabei hätte das Land freie und faire Wahlen | |
gebraucht, um wieder Stabilität herzustellen. Doch das Resultat sei nun | |
Chaos. | |
## Die Unzufriedenheit über die alte Garde wächst | |
In der Bevölkerung mache sich Unzufriedenheit breit. Manche interpretieren | |
das starke Abschneiden von PTI-Politikern als Unabhängige als einen | |
Wendepunkt. Es sei „nicht mehr business as usual“, sagt etwa Michael | |
Kugelman vom Wilson Center in Washington D.C. | |
Der PTI-Sprecher Raoof Hasan erklärte, dem Volk sei das Mandant in einer | |
„schändlichen Operation“ gestohlen worden. Die PTI geht zudem von massivem | |
Wahlbetrug aus, nachdem die Auszählung der Stimmen verzögert wurde. Dieser | |
Verdacht wird dadurch bestätigt, dass ein hochrangiger Beamter Wahlbetrug | |
eingestand. | |
22 Feb 2024 | |
## LINKS | |
[1] https://twitter.com/CMShehbaz/status/1757419843664372177 | |
[2] https://twitter.com/MadihaAfzal/status/1760156247041474712 | |
## AUTOREN | |
Natalie Mayroth | |
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