| # taz.de -- ZDFinfo-Doku über Rassismus: Aufklärung über das Empörende | |
| > Die ZDFinfo-Doku „Rasse. Wahn. Verbrechen. Die Geschichte des Rassismus“ | |
| > bündelt, was zu sagen ist. Eine Grundlage für den Schulunterricht. | |
| Bild: 1619 erreicht die „White Lion“ als erstes Sklavenschiff Jamestown in … | |
| taz | Dass Rassismus eines der übelsten Verbrechen der | |
| Menschheitsgeschichte verkörpert und bis in kleinste Alltagspraktiken jene | |
| Menschen – und nicht nur sie – peinigt, die von ihm betroffen sind, | |
| versteht sich längst von allein. Und zwar auch für all jene, die von | |
| Giftereien, schmutzigen Sprüchen und hässlichen Gesten nicht betroffen | |
| sind: „hellhäutige“ Menschen. Eine zivilisatorische Errungenschaft | |
| wenigstens in Europa ist, dass über Rassismus gesprochen wird – und dass | |
| Rassismen heftige Kritik ernten. | |
| Der renommierte deutsche Dokumentarfilmer John A. Kantara hat für ZDFinfo | |
| ein starken Film gefertigt, Titel: [1][„Rasse, Wahn, Verbrechen“, die, wie | |
| es heißt, „Geschichte des Rassismus“]. In sieben historisch informierenden | |
| Schritten nimmt der Autor akkurat auseinander, wann Rassismus vor allem in | |
| die global ton- und machtangebende europäische Welt einzog, in der frühen | |
| Neuzeit kurz vor der sogenannten Entdeckung Amerikas. | |
| Damals waren die Fundamente für das gelegt, was bis heute fortwirkt: Die | |
| Herabwürdigung, ökonomische und kulturelle Vernutzung von jenen, die als | |
| „Fremde“ wahrgenommen wurden – Menschen nichtweißer Hautfarbe. | |
| Es begann freilich nicht mit der Versklavung von Schwarzen Männern (und | |
| Frauen) – Sklaverei war ein übliches Geschäft in der Menschheitsgeschichte, | |
| von der auch Weiße betroffen waren, etwa durch arabische Händler. | |
| ## Wirkt bis heute fort | |
| Vielmehr war es die theologische, die christliche Begründung mit der | |
| Rückeroberung Spaniens durch militärische Bewegungen gegen die islamischen | |
| Herrscher in jenen Jahren: In Muslimen (und Juden) pulsiere falsches, | |
| besser: anderes, minderwertiges Blut. Die Idee, dass sich im körperlich | |
| Objektiven – dem Blut eben – ein Stoff finde, der prinzipielle | |
| Minderwertigkeit bewahrheite, ist exakt jene, der sich alle Rassistinnen* | |
| bis in heutige Tage bedienen. | |
| Neben Schilderungen der spanischen [2][Reconquista] gibt es Abschnitte zum | |
| US-amerikanischen Rassismus zumal in den Gründerjahren der USA, zum | |
| kolonialen des britischen Königreichs in Indien, zur Naziverfolgung von | |
| jüdischen Menschen, vom britischen Kolonialismus – bis hin zum mächtigen | |
| Protest gegen die Tötung des nichtweißen [3][US-Bürgers George Floyd durch | |
| Polizisten]. | |
| Die Beispiele sind prominent gewählt, kein Bild in diesem Film ist | |
| überraschend. Auch nicht die Statements von Expertinnen*, die Kantara | |
| aufbietet. Historiker*innen wie Christian Geulen und Patrice G. | |
| Poutrus sowie andere liefern gute Sätze. | |
| Tatsächlich kann auch eine solche Dokumentararbeit nur nüchtern sein und | |
| viel zu weniges an nicht nur Anekdotischem zum Thema Rassismus beitragen: | |
| Dass die erste nichtweiße Oscar-Preisträgerin, Hattie McDaniel, für ihre | |
| Rolle im rassistisch durchwobenen US-Südstaaten-Epos „Vom Winde verweht“ | |
| zwar zur Preisverleihung kommen durfte, aber Platz nehmen nur an einem | |
| Nebentisch, in einem von Scheinwerfern unbeachteten Eckchen. | |
| ## Überwiegend konventionell | |
| Oder dass im britischen Königshaus nicht erst [4][Meghan Markle] die | |
| Niederträchtigkeit von Rassistischem gewärtigen musste, vielmehr war es das | |
| Königshaus selbst, das erst in jüngerer Zeit als Büroangestellte in der | |
| Verwaltung der monarchischen Apparate nichtweiße Menschen anheuerte – bis | |
| dahin waren sie nur zugelassen für DienstbotInnen. | |
| So weit, so überwiegend konventionell. Was den Film jedoch ausmacht, was | |
| jedes Lob zu sagen verdient, ist womöglich seine Tauglichkeit für den | |
| Schulunterricht. Schaut man sich diese Dokumentation an, hält die geballte | |
| Revue an geschichtlich fundierten Niederträchtigkeiten die vollen 45 | |
| Minuten aus, so ergibt sich das weitere [5][Schulgespräch] wie von selbst. | |
| Alle Schüler und Schülerinnen können zum Thema etwas beitragen, Wissen und | |
| Erfahrung in eigener Sache höchstwahrscheinlich. Das wären dann Reaktionen, | |
| die Diskriminierungen im (auch deutschen) Alltag, die in der Doku als | |
| „strukturell“ verstanden werden, erlebbar machen. | |
| Zu wünschen wäre dann ein zweiter Teil: eine Dokumentation über deutsche | |
| Rassismen, erarbeitet aus den Stimmen jener, die in die Bundesrepublik seit | |
| Ende der fünfziger Jahre als sogenannte [6][„Gastarbeiter“] kamen und die, | |
| wenn überhaupt, dann nur ausnahmsweise als gleichwertige Bürger und | |
| Bürgerinnen anerkannt wurden. | |
| 15 Feb 2024 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.zdf.de/dokumentation/zdfinfo-doku/rasse-wahn-verbrechen-die-ges… | |
| [2] /Spanien-und-seine-Feste/!5472144 | |
| [3] /Ex-US-Polizist-Derek-Chauvin/!5975527 | |
| [4] /Abgang-von-Meghan-und-Harry/!5652244 | |
| [5] /Kundgebung-in-Berlin/!5985983 | |
| [6] /Der-Film-Liebe-D-Mark-und-Tod/!5881503 | |
| ## AUTOREN | |
| Jan Feddersen | |
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