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# taz.de -- Letzte Generation tritt zur EU-Wahl an: „Widerstand ins Parlament…
> Die Letzte Generation will ins EU-Parlament. Aktivistin Carla Hinrichs
> spricht darüber, ob sie an einen Wahlerfolg glaubt – und was sie in
> Brüssel vorhat.
Bild: Aktivistin Carla Hinrichs will den Klimawiderstand ins EU-Parlament tragen
taz: Die Letzte Generation will im Juni zur Wahl des Europaparlaments
antreten. Meinen Sie das ernst, Frau Hinrichs?
Carla Hinrichs: Natürlich meinen wir das ernst. Wir wollen da aber nicht
einfach antreten, um über das nächste Antiplastikgesetz abzustimmen,
sondern wir wollen endlich die Stimme des Widerstands ins Parlament tragen.
Sie sind [1][eine der unbeliebtesten politischen Gruppierungen in
Deutschland]. Umfragen zeigen immer wieder starke Ablehnungswerte. Glauben
Sie, dass Sie eine Chance haben, gewählt zu werden?
Ich glaube, wir haben sogar eine ziemlich gute Chance. Wenn wir uns die
Umfragewerte angucken, dann finden viele vielleicht unsere Protestform
nicht super. Aber ein sehr großer Teil der Bevölkerung sagt: Was die
machen, ist legitim. Und jetzt wollen wir unseren Widerstand von der Straße
ins Parlament bringen.
Dazu brauchen Sie erst mal 4.000 Unterschriften, um zur Wahl zugelassen zu
werden, und dann Hunderttausende Menschen, die für Sie stimmen.
Genau, als ich davon gehört habe, dachte ich auch erst mal: Das ist echt
verdammt viel. Aber bei der EU kann man ab 16 wählen. Wenn wir es schaffen,
möglichst viele junge Leute zu erreichen, dann sprechen wir genau die an,
die sonst vielleicht gar nicht zur Wahl gehen würden. Die keine Lust haben,
das kleinere Übel zu wählen. Diesen Menschen geben wir jetzt die
Möglichkeit, ein Kreuz dort zu machen, woran sie wirklich glauben, die
Stimme denen zu geben, die aufmischen und kein Blatt vor den Mund nehmen.
Da denke ich schon, wir haben eine gute Chance. Gleichzeitig ist es auch
einfach so, wenn wir nicht alles versuchen, die Klimakrise zu bewältigen,
dann haben wir schon verloren.
Warum stellen Sie denn mit [2][Lina Johnsen] und [3][Theo Schnarr] zwei
unbekannte Menschen als Spitzenkandidaten auf? Hätten Sie nicht selbst zum
Beispiel bessere Aussichten?
Lina und Theo tragen den Widerstand wirklich tief im Herzen. Sie sind
mutige und ehrliche Menschen, die nie der Verlockung nachkommen würden, der
Sekt in Brüssel schmecke zu gut. Sie werden genau das sein, was es braucht:
die Stimme der Bewegung. Ich glaube, sie sind die richtige Wahl.
Sie sagten vorhin, Sie wollten in Brüssel nicht einfach über das nächste
Antiplastikgesetz abstimmen. Genau das ist doch die parlamentarische
Arbeit. Was wollen Sie denn sonst tun?
Wir werden nicht dort sitzen und einfach bei jeder einzelnen Abstimmung mit
Ja oder Nein antworten. Wir wollen den Protest in das Parlament tragen, auf
den Elefanten im Raum zeigen, den die Mehrheit der Abgeordneten seit
Jahrzehnten ignoriert.
Aber was heißt das denn genau?
Da muss man ein bisschen kreativ werden. Das haben ja auch schon andere
Parteien gemacht, Die Partei zum Beispiel. So wählen wir jetzt auch einen
neuen Weg, nämlich Protest im Parlament. Genauer kann ich es noch nicht
verraten. Aber es wird spannend!
Haben Sie konkrete politische Projekte oder Forderungen für die europäische
Ebene?
Unser Wahlprogramm beinhaltet das, was wir auch als Bewegung fordern. Das
bedeutet, wir wollen die Macht in die Hände der Menschen legen und einen
Gesellschaftsrat einberufen. Und natürlich müssen wir bis 2030 aus allen
fossilen Brennstoffen aussteigen.
Mit [4][Carola Rackete] tritt ja schon eine sehr bekannte Person aus der
Klimabewegung zur EU-Wahl an. Die ehemalige Sea-Watch-Kapitänin war unter
anderem für Extinction Rebellion aktiv und ist jetzt Spitzenkandidatin der
Linken. Warum unterstützen Sie nicht sie?
Wir wählen einen ganz anderen Weg, nämlich genau nicht einfach dort im
Parlament sitzen und Teil davon sein. Aber Carola Rackete trägt dort
wichtige Anliegen rein und darüber sind wir auch sehr glücklich. Wir haben
dasselbe Ziel, aber ein anderes Vorgehen.
Haben Sie Sorge, dass sich die verschiedenen Bewegungsgruppen bei der Wahl
kannibalisieren, also sich gegenseitig Stimmen wegnehmen?
Ich bin in Sorge, dass wir gerade vor einem Zusammenbruch unserer
Gesellschaft, unserer Demokratie stehen. Das ist, was mich bewegt. Und wenn
ich mir das ansehe, dann bietet das aktuelle Parteiensystem keine
Möglichkeit, uns aus der Krise rauszubringen. Das liegt daran, dass
Lobbyinteressen und auch Wiederwahlinteressen in solchen Parlamenten
einfach vor den Menschen stehen.
Was ist, wenn Sie als Feindbild durch Ihren Wahlkampf mehr Stimmen für
rechts mobilisieren als fürs Klima?
Nein, da habe ich überhaupt keine Sorge. Es fühlt sich einfach scheinheilig
an, als politische Bewegung auf der Straße immer wieder die Parteien zu
kritisieren, dann zur Wahl zu gehen und heimlich doch [5][die Grünen] als
kleinstes Übel zu wählen. Da ist es eigentlich nur der logische Schritt,
selber anzutreten und zu sagen: Wir wählen am Ende das, woran wir glauben,
und das ist der Protest.
11 Feb 2024
## LINKS
[1] /Politikwissenschaftlerin-ueber-Klimakrise/!5947685
[2] /Letzte-Generation-ueber-Medien/!5892961
[3] /Wer-ist-die-Letzte-Generation/!5898641
[4] /Carola-Rackete-ueber-ihre-EU-Kandidatur/!5945305
[5] /Bundestagswahlkampf-der-Gruenen-in-Berlin/!5987497
## AUTOREN
Susanne Schwarz
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