Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- 10 Jahre Dating-App Bumble: Revolution gescheitert
> Die App Bumble wollte vor zehn Jahren das Dating feministisch
> revolutionieren. Doch das ging mächtig daneben.
Bild: Bumble wollte Dating feministischer orgnaisieren, aber die Männer, ja di…
Feminismus, Revolution, Frauen in Aktion: Die Worte waren groß, als sich
die Dating-App Bumble nach ihrem US-Start vor fast zehn Jahren allmählich
auf deutschen Smartphones einnistete. Und sie verfingen auch bei mir.
Vielleicht lag es an dem Frust nach den zahllosen [1][Tinder-Dates].
Vielleicht war es auch das gelbe Bumble-Design, das mich hoffen ließ: Hier
scheint die Sonne, hier haben Macker keinen Platz.
Denn anders als auf Tinder, das in Deutschland die Ära der App-gesteuerten
Partnersuche eingeläutet hat, muss auf Bumble die Frau die erste Nachricht
schreiben. Sonst verfällt das Match. Tinder in feministisch also. Das war
die Idee der Bumble-Gründerin Whitney Wolfe Herd, die einst Teil des
Tinder-Teams war. 2014 verließ sie das Unternehmen, nachdem sie es wegen
sexueller Belästigung und missbräuchlichem Verhalten verklagt hatte. Noch
im gleichen Jahr brachte sie ihre eigene App auf den Markt, die die
traditionellen Geschlechterrollen aufmischen sollte, wie es rebellisch auf
der Bumble-Website heißt.
Die App sagt auch klar Nein zu Dickpics, sexueller Belästigung und
Diskriminierung. Wer dagegen verstößt, muss mit einem gesperrten Account
bis zu juristischen Konsequenzen rechnen. Bumble setzt sich für
intersektionalen [2][Feminismus] ein, das Recht auf Abtreibung und kämpft
gegen geschlechtsspezifische Cybergewalt. Gründerin Whitney Wolfe Herd will
nicht weniger als ein „Internet der Frauen“ erschaffen, eine „digitale
Welt, in der Respekt, Gleichberechtigung und Rücksichtnahme regieren“, wie
es in einem [3][NZZ-Beitrag] steht.
Das ist alles ganz wunderbar, wären da nicht all die Männer auf Bumble, für
die Feminismus ein Fremdwort ist. Da jammern manche, wie unfair es sei,
dass die Frauen zuerst schreiben dürfen. Oder machen im eigenen Profil
klar: Kein Bock auf komplizierte Frauen. Also solche, die ihre Meinung
sagen, für ihre Bedürfnisse einstehen, streiten?
Doch keine kritische Männlichkeit
Jetzt zwingt mich Whitney Wolfe Herd nicht, mit diesen Männern auf ein Date
zu gehen. Doch beweist der Blick in ihre Profile, dass auf Bumble doch
nicht die Sonne scheint, zumindest nicht für Feministinnen.
Da war etwa der Berliner Architekt, der online ohne offensichtliches
Mackertum auszukommen schien und mich mit lackierten Fingernägeln und dem
Gebrauch des Gender-Sternchens auf ein Mindestmaß an kritischer
Männlichkeit hoffen ließ. Bis er mir bei unserem Café-Date dann
tiefenentspannt zusah, wie ich in mehreren Runden Espresso, Kuchen, Wasser
und Aperol Spritz an unseren Tisch trug. Er habe uns doch einen Stuhl
besorgt, konterte er gekränkt, als ich fragte, warum er mir nicht helfe.
Auch wollte er nichts über mich erfahren, sondern genoss stattdessen mein
Interesse an ihm.
Ähnlich viel Arbeit hatte ich mit einem Ingenieur, der während unseres
zweistündigen Treffens an der Elbe auf genau eine Frage zu meiner Person
kam. Als ich versuchte, die hörbare Leere mit Nachfragen zu füllen, gab er
mir den Hinweis, dass ich ihn kaum zu Wort kommen lasse. Also hielt ich
mich zurück und horchte, was da kommen würde. Es kam nichts.
Umso mehr dagegen hatte ein anderer Mann zu sagen, als ich ihn auf Bumble
kürzlich fragte, was er von Feminismus halte. „Ich bin hier, um jemanden
kennenzulernen und nicht gleich eine Grundsatzdiskussion zu führen“,
erklärte mir der Dresdner. „Ich glaube, du verschreckst auch eher mit so
einer Frage, anstatt dadurch jemanden kennenzulernen.“
Aber ich rege mich nicht länger auf, sondern deute seine Nachricht als ein
Zeichen: Es ist nun langsam gut. Sorry, Whitney. Bye-bye, Bumble. Laura
Catoni
29 Jan 2024
## LINKS
[1] /10-jaehriges-Jubilaeum-der-Dating-App/!5879183
[2] /Feminismus/!t5008172
[3] https://www.nzz.ch/panorama/whitney-wolfe-herd-ld.1601442
## AUTOREN
Laura Catoni
## TAGS
Tinder
Online-Dating
Feminismus
wochentaz
Kolumne Starke Gefühle
IG
Kolumne Starke Gefühle
Online-Dating
Schwerpunkt Frankreich
Schwerpunkt Gender und Sexualitäten
Online-Dating
Online-Dating
## ARTIKEL ZUM THEMA
Lange Kinofilme: Viel hilft nicht immer viel
Unser Autor hasst überlange Filme und von denen gibt es immer mehr. Wie kam
es zu dieser Entwicklung und was macht gute Geschichten wirklich aus?
Dating-Apps in der Übersicht: Wisch und weg?
Lange galten Dating-Apps als Hilfsmittel für bedingungslose Sextreffen
unter Mittzwanzigern. Dabei können Sie mehr, von kurzem Sex bis langer
Liebe.
Verfassungsänderung in Frankreich: Das Recht auf Abtreibung garantiert
Der Kongress nimmt eine Verfassungsänderung an, die das Recht auf
Abtreibung festschreibt. Feministinnen in Frankreich feiern den
historischen Sieg.
Beziehungscoach über freie Liebe: „Exklusivität macht ruppig“
Monogam oder polyamor, für immer oder für den Moment – wie funktionieren
Beziehungen? Lass uns mal die Oma fragen, die freie Liebe erforscht hat.
Dating per App: Virtuelle Komfortzone
Dating-Apps schonen das Ego und sorgen für regelmäßigen Dopamin-Kick.
Verloren gegangen ist dabei die Fähigkeit, sich auf das Ungewisse
einzulassen.
Betrug auf Datingseiten: Das Geschäft mit gebrochenen Herzen
Viele Datingportale setzen falsche Profile ein, um Kund*innen auf ihren
Seiten zu halten. Dahinter stehen unterbezahlte Chatmoderator*innen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.