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# taz.de -- Christian Schmidt über Präsident Dodik: „Es gibt kein Vertrauen…
> Welchen Einfluss hat die Militärparade in der Republika Srpska, der
> serbischen Entität in Bosnien-Herzegowina, auf EU-Beitrittsverhandlungen?
> Schmidt nennt die rote Linie.
Bild: Milorad Dodik (Mitte) bei der Parade zum 32. Jahrestag der Republika Srps…
taz: Herr Schmidt, am 9. Januar ließ der Präsident der serbischen Entität
in Bosnien und Herzegowina, Milorad Dodik, mit einer Parade bewaffneter
Einheiten militärisch und politisch die Muskeln spielen. Sie haben letztes
Jahr gesagt, dass so ein Feiertag nicht mehr erlaubt sein würde. Trotzdem
fand er statt. Die [1][Begeisterung für Dodik war allerdings sehr
begrenzt], es kamen weniger als 1.000 Leute. Kann man nach dieser
Vorstellung die Drohung Dodiks noch ernst nehmen, die serbische
Teilrepublik aus Bosnien zu lösen?
Christian Schmidt: Das mit dem Ernstnehmen ist wohl die schwierigste Frage,
da kann man richtig oder falsch liegen. Ich sehe, dass er nach wie vor eine
Autonomie in der Rechtsordnung vorbereitet, beim Wahlrecht auch. Sein
Vorgehen schließt ein Referendum für die Loslösung seiner serbischen
Entität von Bosnien ein, er hat ein NGO-Gesetz und ein Gesetz gegen freie
Meinungsäußerung in Banja Luka durchgesetzt.
Das alles gipfelt im Angriff auf bestehende Institutionen im Gesamtstaat,
dem Verfassungsgericht und sogar die Institution des Hohen Repräsentanten.
Ich sehe auch, dass die EU sich dessen bewusst ist. Man muss die
Institutionen winterfest machen, das heißt so stabilisieren, dass sie nicht
durch einen Windstoß aus Banja Luka umgeworfen werden können. Wenn es im
März zu [2][Verhandlungen mit der EU über die Integration] kommen sollte,
dann muss das mit einer Loyalitätserklärung von Milorad Dodik zu dem Staat
Bosnien und Herzegowina verbunden werden.
Was passiert, wenn nicht?
Alle wollen ja jetzt die Verhandlungen, auch er hat das kürzlich betont.
Dann heißt das, wenn die EU-Bedingungen stellt, dann müssen die auch
erfüllt werden. Vor allem bei Themen wie Funktionalität des
Verfassungsgerichtshofs.
Müssen die Bedingungen erfüllt sein, bevor es zu Verhandlungen kommt oder
sind die ergebnisoffen?
Ich gehe davon aus, dass Dodik versuchen will, Deals zu machen über das
eine oder andere. Es muss aber klar sein, dass es Bedingungen gibt, die
nicht verhandelbar sind. Dazu gehört das Verfassungsgericht, dazu gehört
die Funktionalität des Staates, einschließlich der Außenpolitik, Akzeptanz
der bisherigen Regelungen …
Vor wenigen Jahren noch haben in Banja Luka Zehntausende [3][Menschen gegen
Dodik demonstriert]. Doch der hat es geschafft, die Bewegung zu
zerschlagen, die Menschen einzuschüchtern. Er hat eine autokratische
Struktur entwickelt. Für viele Menschen in Banja Luka ist klar, dass die
letzten Wahlen gefälscht worden sind. Die internationale Gemeinschaft hat
hier in Bosnien eine formale Demokratie anerkannt, unterhalb derer lauert
aber nicht nur in der serbischen Teilrepublik eine Struktur autokratischer
Kräfte, die jegliche Änderungen in Richtung Rechtsstaat abwehrt. Wie wollen
Sie da ernsthaft das Wahlgesetz ändern können?
Bei allem Respekt vor allen politischen Parteien, die Integrität der Wahlen
muss gesichert werden. Es muss Wahlbetrug durch Identifizierung der Wähler
verhindert werden. Es gibt kein Vertrauen der Wähler, die Skepsis ist groß,
wir müssen ein Zeichen setzen, seit 15 Jahren wurde über das Wahlrecht
gesprochen, Europarat und OSZE habe sich bemüht, es ist aber nichts dabei
rausgekommen. Wir haben das Interesse, dass die wahren Meinungen im
politischen System abgebildet werden. Die Wähler müssen registriert, die
berechtigten Stimmen sicher ausgezählt werden. Wir dürfen das nicht mehr
verschieben. Auch die Wahlvorstände müssen sauber sein, Fake Parteien, die
nur gegründet werden, um im Wahlvorstand repräsentiert zu sein, darf es
nicht mehr geben.
Gibt es noch eine rote Linie?
Ich sage, Finger weg vom Verfassungsgericht, da gibt es keinen Spielraum
dafür, Gesetze müssen umgesetzt werden. Rechtsstaatlichkeit, die
Zusammenarbeit mit Europa, stehen ganz oben. Ich denke auch, dass endlich
die Urteile des Europäischen Gerichtshofs, wie das von Finci-Sejdić und die
anderen Urteile über die notwendigen Verfassungsänderungen in Bosnien und
Herzegowina, respektiert werden müssen.
23 Jan 2024
## LINKS
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## AUTOREN
Erich Rathfelder
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