| # taz.de -- Mangel an HIV-Medikamenten: Knapp an der Wahrnehmungsschwelle | |
| > Nicht jeder Medikamentenmangel erhält so viel Aufmerksamkeit wie | |
| > Fiebersaft. Aber die Versorgungssicherheit auch anderer Mittel sinkt. | |
| Bild: Einfach in die Apotheke und man ist gut versorgt? So ist es leider immer … | |
| Nicht alle Fälle von Medikamentenmangel schaffen es über die | |
| Wahrnehmungsschwelle der Öffentlichkeit wie 2022 der Husten- und | |
| Fiebersaft. Als der knapp war, betraf das so viele Eltern, dass die | |
| Zeitungen ihre Titelseiten für das Thema räumten. Aber der Mangel an teils | |
| alternativlosen Asthmamitteln, Antibiotika, Blutdrucksenkern, Krebs-, | |
| Epilepsie-, ADHS- und [1][jetzt HIV-Medikamenten] lässt die Gewissheiten im | |
| deutschen Gesundheitswesen fast noch mehr erodieren. Die Versorgung mit | |
| Medikamenten ist ein Risiko geworden. Beinahe ist unvorhersehbar, wo sich | |
| [2][der nächste Mangel zusammenbraut]. Einfache Lösungen gibt es nicht. | |
| Aktuell ist ein Medikament zur Vorbeugung und Behandlung von | |
| HIV-Infektionen betroffen. Weil die Angst vor Aids sich in den 1980er und | |
| 1990er Jahren über die ganze Welt legte, schrillen die Alarmglocken lauter | |
| – zu Recht. Aber unter den Patient*innen, die ihre erprobten Medikamente | |
| plötzlich nicht mehr bekommen, entsteht ein Gefühl des Ausgeliefertseins. | |
| Wer einmal Dutzende Apotheken erfolglos nach dem gewohnten | |
| Epilepsiemedikament abtelefoniert hat, verliert eine für selbstverständlich | |
| gehaltene Sicherheit. Natürlich versuchen die zuständigen Behörden, | |
| bedrohliche Engpässe zu überwinden. Aber sie sind nur Feuerwehr in einer | |
| Welt, in der viele Jahre auf Brandschutz gepfiffen wurde. | |
| Komplexe Lieferketten, Verlagerung der Produktion, sehr wenige Hersteller, | |
| die die Nachfrage bedienen – eine jahrzehntelange Entwicklung gemäß den | |
| Mechanismen des Kapitalismus hat die Versorgung störanfällig gemacht. Da | |
| reicht es nicht, höhere Lagermengen zu fordern oder europäische Hersteller | |
| bei Ausschreibungen zu bevorzugen – wie es das Gesundheitsministerium jetzt | |
| veranlasst hat. | |
| Allein die Rückverlagerung der Produktion bestimmter Antibiotika würde | |
| Jahre dauern und das System 55 Millionen Euro im Jahr mehr kosten. Das sind | |
| mit Vorsicht zu genießende [3][Schätzungen der Hersteller]. Aber klar ist: | |
| Mehr Sicherheit in der Versorgung wird teurer, auch für die Versicherten. | |
| Wie viele Engpässe müssen noch die Wahrnehmungsschwelle knacken, bis wir | |
| dafür bereit sind? | |
| 22 Jan 2024 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Medikamentenmangel-in-Deutschland/!5986722 | |
| [2] /Versorgungslage-in-der-Kindermedizin/!5982311 | |
| [3] https://progenerika.de/app/uploads/2020/09/20181115_ProGenerika_Antibiotika… | |
| ## AUTOREN | |
| Manuela Heim | |
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