| # taz.de -- Wahlergebnis in Bangladesch: Sie hält an der Macht fest | |
| > Bangladeschs Premierministerin Hasina kann durch eine fragwürdige Wahl | |
| > fünf weitere Jahre regieren. Kritiker sprechen von einem | |
| > Einparteienstaat. | |
| Bild: Premierministerin Sheikh Hasina war schon vor der Wahl siegessicher | |
| Dhaka taz | Unter der Aufsicht von 800.000 Sicherheitskräften hat am | |
| Wochenende Bangladesch ein neues Parlament gewählt. Noch am frühen | |
| Sonntagabend begann die Auszählung der Stimmen. Doch am Ende blieb die | |
| große Überraschung aus: Die Awami-Liga von Premierministerin Sheikh Hasina | |
| gewann 222 von 300 Sitzen. Damit wird Hasina wie erwartet ihre vierte | |
| Amtszeit in Folge antreten. | |
| Die beiden größten Oppositionsparteien BNP und Jamaat hatten aufgrund des | |
| repressiven Umfelds zum Boykott aufgerufen. Ihre Namen fehlten auf der | |
| Wahlliste und somit reale Konkurrenz. Doch Hasina ließ sich davon nicht | |
| beeindrucken. | |
| „Das ist nicht mein Sieg. Es ist der Sieg des Volkes“, sagte sie am Montag | |
| auf einer Pressekonferenz. Sie [1][unterstellte der Opposition, aus Angst | |
| ferngeblieben zu sein]. Schon am Sonntag nach ihrer Stimmabgabe zeigte sie | |
| sich siegesgewiss und posierte mit einem Victory-V. Kritik an ihrem Umgang | |
| mit der Opposition lächelte die 76-Jährige weg. | |
| In jenem Wahllokal, in dem sie am Morgen erschien, grüßte auch ihr Vater | |
| Sheikh Mujibur Rahman im Eingangsbereich. Der Gründervater der Nation lebt | |
| schon lange nicht mehr, doch im heutigen Bangladesch ist er durch unzählige | |
| Plakate und Ehrungen unsterblich geworden. | |
| ## Kein Wort zu den Menschenrechten | |
| Auch im Eingangsbereich der Schule, die am Wochenende zum Wahllokal wurde. | |
| An den Säulen kleben Aushänge der Regierung, auf denen Sheikh mit erhobenem | |
| Zeigefinger zu sehen ist. Dazwischen stehen freiwillige Helfer:innen. Viele | |
| von ihnen tragen ein Schildchen der Regierungspartei Awami-Liga, die einst | |
| von Sheikh Mujibur Rahman gegründet wurde und von seiner Tochter Hasina | |
| weitergeführt wird. | |
| Im oberen Stockwerk fallen gestempelte Wahlzettel in durchsichtige Urnen. | |
| Nurul Huda hat seinen gerade eingeworfen. Früher hat der Rentner für die | |
| Regierung Infrastrukturprojekte organisiert. Die seien der größte Verdienst | |
| von Sheikh Hasina, sagt er. Wie es um die Menschenrechte in seinem Land | |
| steht, darüber spricht er nicht. | |
| Was für die einen Anlass zum Feiern ist, [2][ist für andere ein bitterer | |
| Tag]. „Meine Partei hat die Wahl boykottiert, da unter dieser Elite keine | |
| freie, faire und echte Abstimmung möglich ist“, sagt Muhammad Nawshad Zamir | |
| von der oppositionellen Bangladesh Nationalist Party, kurz BNP. | |
| Aus seiner Sicht befindet sich Bangladesch bereits in einem | |
| Einparteienstaat. Spätestens seit den Wahlen 2014 sei die Demokratie tot. | |
| Er spricht von 27.000 BNP-Mitgliedern, die seit vergangenem Oktober von der | |
| Regierung verhaftet wurden. | |
| ## Medien unter Druck | |
| Die lokalen und zentralen Verwaltungen, die Strafverfolgungsbehörden und | |
| die Wahlkommissionen seien politisch motiviert, sagt Amanullah Aman, der an | |
| der Universität von Dhaka lehrt und der BNP nahesteht. Er warnt vor | |
| Instabilität nach den Wahlen und zunehmenden Druck von westlichen Staaten | |
| aufgrund von Menschenrechtsverletzungen. | |
| „Außerdem besteht die Möglichkeit, dass es erneut zu Protesten kommt“, de… | |
| es sei keine Wahl gewesen, die die Bevölkerung nicht mit einbezogen habe. | |
| Die Parteiführung der BNP hat bereits angekündigt, die umstrittene Wahl | |
| nicht anzuerkennen. | |
| Auch Journalist:innen spüren den Druck. „Die Medien in Bangladesch sind | |
| nicht frei“, sagt ein lokaler Reporter namens Islam. Viele Medienhäuser in | |
| Bangladesch haben sich aufgrund des enormen Einflusses der Regierung | |
| Selbstzensur auferlegt. Unter diesen Bedingungen stimmt das reale | |
| Wahlszenario nicht mit dem Ergebnis der Wahlkommission überein, fügt er | |
| hinzu. In der letzten Stunde vor der Stimmabgabe stieg die Wahlbeteiligung | |
| laut Wahlkommission auf 40 Prozent an. Eine Zahl, an der Reporter Islam | |
| zweifelt – und damit ist er nicht allein. | |
| 8 Jan 2024 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Krise-der-Demokratie-in-Bangladesch/!5980042 | |
| [2] /Parlamentswahl-in-Bangladesch/!5982087 | |
| ## AUTOREN | |
| Natalie Mayroth | |
| ## TAGS | |
| Bangladesch | |
| Parlamentswahl | |
| Sheik Hasina | |
| Boykott | |
| Bangladesch | |
| Bangladesch | |
| Sheik Hasina | |
| Lieferketten | |
| Bangladesch | |
| Schwerpunkt Myanmar | |
| Bangladesch | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Proteste in Bangladesch: Ein „roter Juli“ | |
| Die Regierung will Familien von Veteranen bei der Jobvergabe bevorzugen. | |
| Das löst Unruhen aus. Diese fordern über 150 Tote. | |
| Nach Studentenprotesten: Ausgangssperre in Bangladesch | |
| Ein geplantes Quotensystem bei der Besetzung von Stellen im Öffentlichen | |
| Dienst hat zu landesweiten Protesten geführt. Die Regierung versucht, sie | |
| niederzuschlagen. | |
| Massenproteste in Bangladesch: Tödliche Eskalation in Dhaka | |
| Wut über die Regelung für die Vergabe staatlicher Stellen bringt | |
| Studierende in Bangladesch auf die Straße. Über 30 Menschen starben bei der | |
| Gewalt. | |
| FDP-Blockade von Lieferkettenrichtlinie: Sie bekommen es nicht auf die Kette | |
| Die EU-Lieferkettenrichtlinie war beschlossene Sache. Nun droht aus | |
| Deutschland erneut eine Last-Minute-Blockade der FDP. | |
| Krise der Demokratie in Bangladesch: Eine sehr einseitige Wahl | |
| Die Parlamentswahlen am Sonntag gleichen einer Inszenierung. Der | |
| 76-jährigen Premierministerin Sheikh Hasina ist eine weitere Amtszeit schon | |
| sicher. | |
| Zum zweiten Mal geflohen: Mob verjagt Rohingya-Boat-People | |
| In Indonesiens Provinz Aceh erzwingt ein studentischer Mob die sofortige | |
| Umsiedlung von Flüchtlingen, die erst vor wenigen Tagen angekommen sind. | |
| Unterstützung für Protest in Bangladesch: Kik und Co für höhere Löhne | |
| Textilarbeitende in Bangladesch fordern mehr Geld. Was bedeutet das für | |
| europäische Unternehmen und Verbraucher? |