# taz.de -- Massenproteste in Bangladesch: Tödliche Eskalation in Dhaka | |
> Wut über die Regelung für die Vergabe staatlicher Stellen bringt | |
> Studierende in Bangladesch auf die Straße. Über 30 Menschen starben bei | |
> der Gewalt. | |
Bild: Dhaka, Bangladesch, 18. Juli: mindestens 32 Menschen starben nach Zusamme… | |
Mumbai taz | Nach gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften | |
und Studierendengruppen unterschiedlicher Lager haben Behörden in | |
Bangladesch das Mobilfunknetz und das Internet im Land abgeschaltet. Damit | |
war für knapp 170 Millionen Menschen vorübergehend die Verbindung zur | |
Außenwelt gekappt. | |
Mindestens 32 Menschen starben, die Rede ist von über 2.500 Verletzten, | |
seit die Proteste gegen die Wiedereinführung eines Quotensystems in der | |
Hauptstadt Dhaka eskalierten. Sie weiteten sich auch auf andere Städte des | |
Landes aus. | |
Seit Anfang Juli fordern viele junge Menschen in Bangladesch, dass | |
Familienangehörigen von Freiheitskämpfern, die 1971 zur Unabhängigkeit des | |
Landes von Pakistan beitrugen, nicht erneut bei der Vergabe von begehrten | |
Posten im öffentlichen Dienst bevorzugt werden sollen. 2018 war diese | |
Bevorzugung nach Protesten faktisch abgeschafft worden. | |
Auslöser der aktuellen Unruhen ist ein Gerichtsurteil, das die Entscheidung | |
von 2018 für rechtswidrig erklärte und vom Obersten Gerichtshof bestätigt | |
wurde. Dieser Personenkreis wird dem Lager der autoritär regierenden | |
Awami-Liga von Sheikh Hasina zugerechnet, deren Vater Mujibur Rahman als | |
Gründer Bangladeschs stilisiert wird. Demonstranten beklagen daher, dass | |
damit Verbündete der Regierungspartei bevorzugt würden und nicht die | |
Leistung zähle. | |
## Straßenschlachten und Uni-Schließungen | |
Zu Beginn der Woche kam es zu Straßenblockaden und Straßenschlachten | |
zwischen Befürwortern und Gegnern. Die Polizei ging mit Gummigeschossen, | |
Tränengas und Schlagstöcken vor, um Demonstrierende zu vertreiben. Diese | |
warfen daraufhin mit Steinen. Die Regierung ließ Schulen und Universitäten | |
schließen, während die Zahl der Toten, die meisten von ihnen Studierende, | |
weiter anstieg. Viele der jungen Demonstrierenden starben durch den Einsatz | |
von „nicht-tödlichen“ Waffen, heißt es aus Krankenhauskreisen. | |
Medienberichten zufolge ist unter den Verstorbenen auch ein Journalist der | |
Dhaka Times. Zahlreiche Videoaufnahmen dokumentieren die Gewalt. Die | |
Polizei beklagte ihrerseits, dass Fahrzeuge angegriffen wurden. Am Mittwoch | |
rief Regierungschefin [1][Sheikh Hasina] in einer Ansprache zur Ruhe auf. | |
Tags darauf kam es erneut zu Zusammenstößen, [2][die Armee wurde in | |
Alarmbereitschaft versetzt]. Studierende wurden aufgefordert, ihre | |
Wohnheime zu verlassen. Die Universität von Dhaka soll auf unbestimmte Zeit | |
geschlossen bleiben. | |
## Spiegel gesellschaftlicher Unzufriedenheit | |
Offizielle Veranstaltungen der Regierung wurden verschoben. Die USA | |
verurteilten die Gewalt gegen die friedlichen Proteste. Die Eskalation des | |
Konflikts spiegelt auch die Probleme im Land wider: Die Arbeitslosigkeit | |
ist hoch. Hinzu kommt die Unzufriedenheit mit der autokratischen Herrschaft | |
[3][Hasinas, die im Januar in einer umstrittenen Wahl zum vierten Mal im | |
Amt bestätigt wurde]. Die 76-Jährige hatte praktisch keine Konkurrenz, da | |
die Opposition die Stimmabgabe boykottierte. | |
Aus Sicht der Regierung steht die Opposition hinter den Unruhen. Obaidul | |
Quader, Generalsekretär der Awami-Liga, sagte, die Parteien BNP und Jamaat | |
würden im ganzen Land terroristische Aktivitäten durchführen und eine | |
Verschwörung zum Sturz der Regierung planen. Die BNP warf Ordnungskräften | |
dagegen vor, wahllos das Blut von Quotengegnern zu vergießen. | |
Die Premierministerin und ihr Generalsekretär hätten „der Polizei die | |
Erlaubnis erteilt, Studenten zu töten“, klagt der Oppositionelle Ruhul | |
Kabir Rizvi. Die Opfer der Studenten seien aber nicht umsonst gewesen, „da | |
diese Bewegung darauf abzielt, Demokratie und Menschlichkeit in Bangladesch | |
wiederherzustellen“. | |
„Durch die Anwendung von Gewalt in einer friedlichen Bewegung hat die | |
Regierung eine noch nie da gewesene Situation geschaffen“, äußerte sich | |
Nahid Islam, einer der Koordinatoren der Bewegung, in einem Facebook-Post. | |
Die Quotenreform alleine werde nicht ausreichen, um die Krise zu lösen. | |
19 Jul 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Verdaechtig-hoher-Sieg-in-Bangladesch/!5556404 | |
[2] https://economictimes.indiatimes.com/news/international/world-news/sheikh-h… | |
[3] /Wahlergebnis-in-Bangladesch/!5982242 | |
## AUTOREN | |
Natalie Mayroth | |
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